Donnerstag, 23. Juni 2011

Hanna? Nie gehört.

Review

Wer ist Hanna?

Wieder einmal ein Film, in den vermutlich nicht allzu viele reingehen und ihn sich anschauen werden. Mundpropaganda ist hier das Zauberwort. Denn mit Hanna oder wie in Deutschland betitelt Wer ist Hanna? kam vor etwas mehr als zwei Wochen einer der rigorosesten und geradlinigsten Action-Thriller seit langem raus. Regisseur Joe Wright liefert einen packenden und kurzweiligen Film ab, welcher anfangs viele Frage aufwirft, diese allmählich im weiteren Verlauf zu klären scheint, schlussendlich aber nicht minder weniger unbeantwortete Fragen als zu Beginn des Films offen lässt. Hanna sollte man sich angesehen haben.

Joe Wright ist ja ein recht interessanter Mann. Wright probierte sich zu allerst als Regisseur für TV-Produktionen und dürfte sich dann damit rühmen, die von allen geliebten (ähem...) Romanverfilmungen Stolz und Vorurteil und Abbitte auf die Leinwand gebracht zu haben. Und der soll mich jetzt mit einem Action-Thriller wegblasen? Ich weiß ja nicht.

Als ich zum allerlersten Mal den Trailer zu Wer ist Hanna? sah, war ich von der Thematik ziemlich angetan. Ein junges Mädchen meuchelt sich durch die Walachei, top ausgebildet, eine wahrhafte Meister-Assassinin. Dazu kam dieser recht schlichte Eindruck, nicht zu überladen, nicht zu viele rote Fässer, die gerne mal urplötzlich im Kugelhagen explodieren und riesige Feuersbrünste nach sich ziehen. Nein, Hanna war anders. Ruhiger, geheimnisvoller. Das machte mich neugierig.

Später hörte ich im Radio eine Kritik zu Wer ist Hanna?, in welcher sich der Kritiker mit Lob und Anerkennung für Film und Crew überschlug, sie regelrecht in den Himmel lobte. „Ein Muss im Kinojahr 2011, darf man auf keinen Fall verpassen!“ So so. Gespannter denn je machte ich also auf gen Kino, mit bestimmten Erwartungen und Vorstellungen in mir, welche ich kurze Zeit später komplett über den Haufen werfen musste. Denn Hanna überraschte mich total. So etwas hatte ich überhaupt nicht erwartet. Im positiven Sinne versteht sich.

Doch zuvor, wie so oft an dieser Stelle, eine kurze Inhaltsangabe.

Wer ist Hanna? dreht sich, schwer zu glauben, um ein 18jähriges Mädchen namens Hanna. Hanna (Wunderbar: Saoirse Ronan) lernen wir irgendwo in der finnischen Eiswüste beim Erlegen und Ausschlachten eines Rentiers kennen. Schon hier wird sofort klar, dass es sich nicht um ein normales Mädchen handelt.

Hanna lebt gemeinsam mit ihrem Vater Erik (Eric Bana) in den verschneiten Wäldern Finnlands und hat in ihrem ganzen Leben auch noch keinen anderen Ort gesehen. Ihr Vater zieht sie in dieser frostig-kalten Einöde auf, lehrt sie gebräuchliches Schulwissen und, vor allen Dingen, bildet sie zu einer Tötungsmaschine aus, welche es vermutlich eigenständig mit dem gesamten Secret Service aufnehmen könnte.

Nachdem die ganze Geschichte etwas ins Rollen gekommen ist, wird einem langsam klar, dass nach Erik und seiner Tochter gesucht wird, dass es jemanden gibt, der ihnen dicht auf den Fersen ist und an den Kragen möchte. Deswegen haben sie sich in diese verlassene Gegend zurückgezogen, jedoch dessen bewusst, dass die, welche sie suchen, irgendwann kommen und sie schlimmstenfalls umbringen werden. Und genau auf diesen Moment bereitet der Vater seine Tochter vor. Nach Hanna wird gesucht, warum das so ist, erfährt man noch früh genug. Doch drehen beide den Spieß um. In Wahrheit können sie sich leicht finden lassen, sie besitzen einen Peilsender, welcher den Suchenden ihre Position verrät. Doch wozu die eigene Stellung preisgeben? Nun, an der Spitze derjenigen, welche nach Hanna und ihrem Vater suchen, befindet sich die CIA-Agentin Marissa Wiegler (Cate Blanchett), welche das eigentliche Ziel und Hanna’s Motivation ausmacht. Wiegler hat vor langer Zeit Hanna’s Mutter erschossen, sie verfolgt ihren Vater und Hanna und muss aus diesen diversen Gründen sterben. Ein Rachemotiv also.

So aktiviert Hanna den Peilsender und findet sich kurze Zeit später in einer Zelle wieder, wo sie mit Marissa Wiegler sprechen möchte, um ihren Plan in die Tat umzusetzen. Und so tritt Wiegler in Erscheinung, jedoch nur in Form einer Doppelgängerin, was Hanna natürlich nicht wissen kann, da sie die echte Marissa Wiegler noch nie zuvor gesehen hat. Sie soll die CIA-Agentin umbringen, was sie auch sogleich tut, indem sie der Doppelgängerin ohne Umschweife das Genick bricht. Schluck.

So glaubt Hanna, sie hätte den schlimmsten Feind ihrer Familie eliminiert und kann sich nun auf den Weg nach Deutschland machen, wo sie erneut auf ihren Vater treffen wird. Doch wie der Zuschauer weiß, lebt Wiegler nachwievor. Und diese hat ein ganz eigenes Interesse an der jungen Hanna. Dafür scheut sie nicht einmal zurück, skrupellose Auftragskiller zu engagieren und sich gar selbst die Hände schmutzig zu machen, sie will Hanna und ihren Vater Erik am besten gleich mit dazu. Ihre Gründe hierfür bleiben vorerst im Verborgenen…

Hanna beginnt ihre Reise Richtung Deutschland, entdeckt dabei für sich die ihr unbekannte Welt, trifft auf ihre erste wirkliche Freundin und erlebt alltägliche Situationen aus ihrer ganz eigenen und eher ungewohnten Perspektive. Dabei wird sie stets von Wiegler's Häschern verfolgt, welche nicht nur für sie und ihren Vater, sondern auch für die Menschen um Hannahherum eine große Gefahr darstellen…

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Das Wort „unerwartet“ passt perfekt zu Wer ist Hanna? Denn was man zu sehen bekommt, kann man nicht vorrausahnen. In Hanna passieren viel zu viele Dinge, die man nicht kommen sehen kann. Der Film ist unfassbar direkt, ohne Umschweife, sprunghaft und temporeich, mitten ins schockierte Gesicht hinein. Das fand ich großartig. So muss mich ein Film fesseln, soll er doch rigoros zeigen, was er übermitteln will, das bannt einen, so bleibt man uneingeschränkt aufmerksam, so erfährt man den Thrill. Großes Lob an Regisseur Joe Wright, seine Inszenierung ist einzigartig gut, authentisch und nachhaltig. Das nenne ich einen verdammt guten Thriller.

Hanna wird natürlich auch von den großartigen Schauspielleistungen getragen, unter welchen sich besonders Saoirse Ronan und Cate Blanchett hervortun. Die 17jährige(!) Ronan verkörpert Hanna so kühl, zugleich aber auch emotional, so hart und rigoros, obendrein aber auch verletzlich und unsicher. Fantastische Performance. Und Cate Blanchett, welche ich eigentlich nicht so sehr schätze, spielt endlich eine Rolle, die ihr in meinen Augen auf den Leib geschneidert ist. Die Rolle der Marissa Wiegler ist so undurchsichtig und gefährlich, ebenso spielt Blanchett eine unheimlich schlaue und kaltblütige Frau. Irgendwie machte sie einen sehr bedrohlichen Eindruck auf mich, die Wahl der Antagonistin und deren Umsetzung hätte nicht besser von Statten gehen können.

Eric Bana bleibt zwar ein wenig blass und feiert jetzt sicherlich nicht sein großes Kino-Comeback, doch ist auch seine Darstellung sehr überzeugend. Als gefürchteter Auftragskiller und ehemals in Diensten der Vereinigten Staaten von Amerika, ist auch er nicht zu unterschätzen, doch wirkt Erik arg hilflos, da er nicht weiß, wie er seiner Tochter beistehen kann. Tom Hollander (Cutler Beckett aus PotC) möchte ich noch erwähnen. Vor dem Typen habe ich mich am meisten gegruselt. Er spielt einen Bordellbesitzer aus Hamburg, welcher von Wiegler angeheuert wird, um Hanna einzufangen. Sein Auftreten, die Kleidung die er trägt, sein selbstgefälliger Gesichtsausdruck und sein verdammtes Pfeifen, der Typ erfüllt einem einfach nur mit Unbehagen. Sehr gut rübergebracht von Hollander.

Der große Pluspunkt von Wer ist Hanna? ist mit Sicherheit die Geschichte und deren Ablauf. Wie bereits geschrieben gibt es sehr viele offene Fragen und ungelöste Geheimnisse, sodass man jeden kleinen Schnipsel an Informationen aufsaugt. Doch stellen sich im nächsten Moment schon wieder ein Haufen neuer Fragen und letztendlich läuft es auf ein sehr intensives Finale hinaus, nach welchem man immer noch genügend unbeantwortete Fragen hat. Dazu kommt eine unheimlich bedrohliche Atmosphäre, die einen stets verunsichert, sodass man nicht wirklich weiß, woran man gerade ist oder wie nah nun Hanna’s Verfolger sind. Kurz und knackig: Spannung pur. Dabei hilft auch die extrem gelungene Musikauswahl ordentlich mit, welche wortwörtlich immer den perfekten Ton trifft und die Wirkung mancher Szenen noch einmal auf ein höheres Level hievt, sowie die äußerst gute Auswahl der Drehorte, wie z.B. der baufällige, verrottete und arg unheimliche Spreepark in Berlin. All diese Komponenten runden Wer ist Hanna? zu einem packenden und atemraubend Gesamtpaket ab, der dem Thriller-Genre vollends gerecht wird.

v.l.n.r. Eric Bana, die bildhübsche Soairse Ronan und Regisseur Joe Wright

Manch einen wird Hanna vielleicht zu rasant und sprungartig sein, was mir gerade sehr gut gefiel. Und vielleicht kommt einem auch die Story etwas hanebüchen vor, so muss man sich auf diesen einzigartigen Film schlicht und einfach einlassen, um komplett von seiner Dynamik und Spannung mitgerissen zu werden.

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Fazit

Sehr gut. Das hatte ich so nicht erwartet, doch Wer ist Hanna? gehört sich gefälligst angeschaut. Der Film wird viele überraschen, man denkt zwar man hätte einen kleinen Eindruck von der ein oder anderen Kritik oder Trailer, jedoch gibt es unzählige Momente in Wer ist Hanna?, mit denen man nicht rechnet. Die Besetzung ist sehr gut zusammengestellt, die musikalische Untermalung passend und die Kulissen sowie Szenenbilder hervoragend ausgewählt. Permanent schwingt eine fast angenehme Hektik mit, Wright schafft es aber auch ebenso, eine gewisse Balance zwischen rasanten und ruhigen Einstellung zu schaffen, was sich wiederum sehr gut auf das Tempo des Filmes auswirkt. Auf jeden Fall eine dicke Empfehlung von mir.

Wertung:

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Trailer:



Sonntag, 12. Juni 2011

No Mutants allowed?

Review

X - Men: First Class

X-Men. Schon wieder ein Marvel-Comic-Franchise aus den Staaten. Und schon wieder mit einer abnormal großen Fangemeinde. In den USA sind die Erwartungen dementsprechend groß, in Europa rümpft manch einer die Nase, obwohl X-Men definitiv zu den bekannteren Comic-Ablagen gehört. Matthew Vaughn wurde nun die große Aufgabe zu Teil, die X-Men „neuzustarten“. Man liest oft und viel etwas von Prequel, doch gehe ich sogar so weit zu sagen, dass es sich um ein waschechtes Reboot des Franchise handelt. Und das gelang dem 40-jährigen Regisseur aus London mit X-Men: First Class verdammt gut.

Natürlich kann man auch von einem Prequel sprechen. X-Men: First Class (Ich weigere mich übrigens dagegen, X-Men: Erste Entscheidung zu schreiben, der Originaltitel ist viel aussagekräftiger) setzt weit vor den Geschehnissen der ersten drei X-Men-Filme, X-Men, X-Men 2 und X-Men – Der letzte Widerstand, an und rollt die verwobene Geschichte über Mutanten in unserer Gesellschaft von vorne auf.

Wie jetzt, Mutanten? Denjenigen, welchen X-Men überhaupt kein Begriff ist, sei kurz geholfen: X-Men ist ein Comic, der seinen Ursprung in den frühen 60ern hat und Teil des riesigen Marvel-Universums ist. Grob zusammengefasst dreht sich alles um Mutanten mit übernatürlichen Fähigkeiten, welche anfangs versteckt in der menschlichen Gesellschaft leben, später jedoch von der Öffentlichkeit wahrgenommen werden, unteranderem auch als Bedrohung für die Menschheit. Dementsprechend gibt es verschiedene Mutanten-Lager. Jene, welche in die Menschheit vertrauen und mit dieser kooperieren und die, welche es sich zum Ziel gesetzt haben, die Menschheit als dominante Rasse des Planeten Erde abzulösen und selbst die Zügel in die Hand nehmen wollen.

Offensichtlich ist das X-Men-Universum recht komplex und vielschichtig. Es ist bestimmt auch nicht verkehrt, wenn man die ein oder andere Sache darüber weiß, bevor man sich X-Men: First Class im Kino anschaut. Exemplarisch seien hierfür die vorangegangen drei X-Men-Filme genannt. Das dürfte schon ausreichen. Bei mir ist es nicht anders. Mein Basiswissen fußt auf diesen zwar oft unterhaltsamen, doch eher durchschnittlichen Comic-Verfilmungen. Mit X-Men: First Class schafft der Regisseur Matthew Vaughn jedoch einen wunderbaren Neueinstieg in die Materie und macht das Franchise wieder sehenswert und für viele Ungläubige interessant. Warum das so ist lest ihr gleich. Aber zunächst, genau, ein wenig zur Geschichte.

Gar nicht so einfach. Wie versucht man die Story von X-Men: First Class wiederzugegeben, wenn man selber weiß, dass vielen einfach das Vorwissen zu dieser Thematik fehlt? Ich probier’s einfach mal: Ich hatte ja bereits den eigentlichen Inhalt und das Grundthema des X-Men-Universums kurz erläutert. Setzen wir dort wieder an. Es gibt also zwei Lager von Mutanten, nennen wir sie vereinfacht „die Guten“ und „die Bösen“. Die einen wollen in Frieden und gegenseitiger Akzeptanz mit den Menschen leben, die anderen wollen letzteren an den Kragen und ihre Vormachtstellung aufgrund genetischer Überlegenheit behaupten.

Der Anführer der sogenannten „guten“ Mutanten ist Professor Charles Francis Xavier, ein äußerst begabter Telepath und ein verdammt schlaues Köpfchen, welcher auch Professor X genannt wird. Der Anführer der „bösen“ Mutanten nennt sich Magneto, heißt eigentlich Erik Lensherr und hat recht düstere Motive. Mit dem ist auf jeden Fall nicht gut Kirschen essen.

Und diese beiden tragen gemeinsam mit ihrer jeweiligen Anhängerschaft immer wieder kleine bis riesige Scharmützel untereinander aus, wobei Professor X stets darum bemüht ist, diplomatisch vorzugehen, Magneto jedoch eine eher direktere und rabiatere Linie fährt. Wir haben also diese beiden Konkurrenten mit völlig verschieden Ansichten und Motiven.

Was viele jedoch nicht wussten und wo X-Men: First Class jetzt ansetzt, ist die Tatsache, dass beide, Professor X aka Charles Francis Xavier und Magneto aka Erik Lehnsherr vor langer Zeit sehr gute Freunde gewesen sind und zusammengearbeitet haben. Im Laufe der Zeit entwickelten sich ihrer unterschiedlichen Vorstellungen und so kam es zu ihrer Feindschaft, obwohl Feindschaft sehr hart klingt, denn nachwievor respektieren sich beide gegenseitig und pflegen einen guten Umgangston untereinander. Und in X-Men: First Class dreht sich nun sozusagen alles um die beiden, wie sie sich kennengelernt haben, wie sie das erste Mal gemeinsam Seite an Seite in Aktion getreten sind und wie sich ihre Wege dann wieder getrennt haben.

Da wäre also zum einen Erik Lehnsherr (Michael Fassbender), dessen Fähigkeit darin besteht, magnetische Felder zu erzeugen und jede Art von Metall zu kontrollieren. Doch Erik trägt dunkle und grausige Erinnerung mit sich herum, er war während des 2. Weltkrieges in einem Konzentrationslager inhaftiert und verlor dort seine Mutter, welche von dem durchtriebenen Genforscher und KZ-Doktor "Klaus Schmidt" (Sebastian Shaw) (Kevin Bacon) erschossen wurde. Dieser führte außerdem Experimente mit dem jungen Erik durch, um dessen Mutation und Fähigkeiten zu erforschen. Gut 20 Jahre später, Anfang der 60er, kurz vor Beginn der Kuba-Krise, sinnt Erik natürlich auf Rache und jagt Klaus Schmidt aka Sebastian Shaw über den kompletten Globus.

Auf der anderen Seite haben wir den vorher besagten Charles Francis Xavier (James McAvoy), welcher im Gegensatz zu Erik wohlbehütet und mit der bestmöglichsten Erziehung aufgewachsen ist. So findet er sich später auf einer Elite-Universität wieder, wo er dank seinen überragenden geistigen Fähigkeiten (damit ist ausnahmsweise nicht seine telepathische Mutation gemeint) sich schnell seinen Professoren-Titel erarbeitet. Stets an seiner Seite ist die hübsche Gestaltenwandlerin Raven (Mystique/ Jennifer Lawrence), welche Charles in seiner Kindheit kennengelernt hat und wie eine kleine Schwester für ihn ist.

Über kurz oder lang treffen Erik und Charles aufeinander, denn ihrer Fähigkeiten werden benötigt, um einen Atom-Krieg zwischen den USA und der Sowjetunion zu verhindern. Oberfiesling Sebastian Shaw hat da natürlich seine Hände im Spiel und stachelt die beiden Staaten gegeneiander an. Für Erik bietet sich so endlich die Chance, dem Mörder seiner Mutter den Garaus zu machen. Charles sieht die Möglichkeit den Menschen zu zeigen, dass die Mutanten ihnen helfen können und man keine Angst vor ihnen haben muss, ein Zusammenleben von Menschheit und Mutanten in Toleranz und Akzeptanz ist problemlos möglich. Doch kollidieren zum Ende hin die Motive und Interessen der beiden Protagonisten, sodass sie sich schlussendlich als Widersacher gegenüberstehen…

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Reicht aus. Was sich auf den ersten Blick etwas befremdlich liest, macht erstaunlicherweise sehr viel Sinn. Einer der größten Stärken von X-Men: First Class ist die Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit des Gezeigten, obwohl man selbst gar nicht so viel Ahnung von der Thematik hat. Das senkt den Anspruch auf etwaiges Vorwissen und erleichtert den Einstieg ins X-Men-Universum ungemein.

Generell hat man weniger den Eindruck, dass es sich um einen reinen Superhelden-/ Comic-Film handelt. Zwar werden die Fähigkeiten der einzelnen Mutanten sehr explizit vorgetragen (besonders die des Erik Lehnsherr, welcher seine Magnetfeld-Gabe oft sehr dramatisch und intensiv demonstriert, was einfach unglaublich cool und oft atemberaubend rüberkommt), doch schwingt diese Übernatürlichkeit eher seicht mit. Viel mehr fällt einem die optimal inszenierte Kalter Krieg-Kulisse der 60er Jahre und deren atomarer Auseinandersetzung zwischen USA und Sowjetunion auf. Auch wenn der Geschichtsverlauf fiktiv ist, der in vielen Kritiken erwähnte James Bond-Flair der 60er wirkt einfach sehr spannend und unterhaltsam charmant zugleich.

Desweiteren passt der Film perfekt, um mich endlich als großer Fan von Michael Fassbender zu outen. Ich finde ihn fantastisch, der Kerl hat so viel schauspielerischen Potential (Inglourious Basterds), von dem möchte ich einfach mehr sehen. Lasst ihn nach Daniel Craig (auch sehr gut) der neue Bond werden, der Junge bringt alles dafür mit. In X-Men: First Class ist unfassbar cool und unnahbar, in der Rolle des Erik Lehnsherr ist er rigoros und fest entschlossen, keiner kann ihn bremsen. Fassbender’s Umsetzung gefiel mir außerordentlich gut, das nenne ich überzeugende Schauspielarbeit.

Der zweite Protagonist James McAvoy (spielt den Professor X, anfangs aber noch nicht im Rollstuhl) ist bei mir etwas vorbelastet. Ich fand McAvoy immer recht bubihaft und nicht wirklich ernstzunehmend. Doch auch er macht das ähnlich wie Fassbender sehr gut. Beide gehen in ihrer direkt entgegengesetzten Rollen auf und liefern sich ein (schauspielerischen) Duell auf Augenhöhe. Auch der Rest der illustren Mutanten-Runde wirkt zwar des Öfteren ein wenig klischeebehaftet, doch machen auch sie ihre Sache gut bis sehr gut. Allein die Rekrutierung und Ausbildung der jungen Mutanten unter Leitung von Erik und Charles macht große Laune. Und Jennifer Lawrence (Raven Darkholme/Mystique) zankt sich mit January Jones (Emma Frost) darum, wer heißer aussieht. Unentschieden, obwohl... January Jones ist echt rattenscharf. Ich alter Mad Men-Fanboy...

X-Men: First Class hat einfach alles, was ein gelungener Sommer-Blockbuster braucht: Er hat Stil, er hat Charme, er hat das gewisse Sexappeal, er hat mehr Lacher als erwartet, er hat einen grandiosen Bösewicht in bester Dr. No-Manier und er hat den bisher besten Cameo-Auftritt des Jahres oder eventuell sogar überhaupt (wirklich, cooler geht’s nimmer). Die Effekte sind astrein, man bekommt sehr gutes CGI-Kino zu sehen, es gibt reichlich Wow-Momente, die dann auch perfekt mit der Hintergrundmusik und dem Soundtrack abgestimmt sind. Matthew Vaugh (Grandios: Kick-Ass), du alter Fuchs, da hast du echt was Gutes aus deinem Ärmel geschüttelt.

Was mich persönlich überraschte, und das durchaus positiv, war der recht politische und sozialkritische Unterton von X-Men: First Class. First Class schwingt sich nicht zum absoluten Moralapostel auf, jedoch spielt diese Komponente keine unwesentliche Rolle im Film. Mal von dem Kalten Krieg-Szenario zwischen USA und Sowjetunion abgesehen, Mutanten werden diskriminiert und wie Aussätzige behandelt. Dagegen soll vorgegangen, auf der einen Seite mit Diplomatie (Prof. X), auf der anderen durch rohe Gewalt (Magneto). Diese Thematik scheint in den Comics fester Bestandteil zu sein, ähnlich auffällig war es auch schon in den ersten drei X-Men-Filmen, jedoch nicht so sehr wie in X-Men: First Class. Das man solch ein Thema wie Rassendiskriminierung (historischer Querverweis auf Nazideutschland unter Adolf Hitler oder die sogenannten Rassenunruhen in den 60ern in den USA) aufgreift, finde ich höchstinteressant. Popkultur (in diesem Fall Comichefte) hat eben doch mehr zu bieten, als manche es glauben würden.


Teil des Casts: v.l.n.r. Lucas Till, Rose Byrne, Zoë Kravitz, Kevin Bacon, January Jones, James McAvoy und Michael Fassbender

Obwohl ich voll des Lobes bin, eine Schwachstelle hat X-Men: First Class: Die Story. Aber jetzt wird auf hohem Niveau genörgelt. Ganz ehrlich: Ich find die Story absolut passend und schlüssig. Die ganze Fiktion dahinter ist wohlüberlegt und geschickt inszeniert. Und das sieht wohl auch das Gros der Kinogänger so. Doch bei genauerem Hinsehen fällt einem auf, dass Regisseur Matthew Vaughn oft zügig von Szene zu Szene springt. Man muss nicht zu versessen auf Details sein, doch werden viele Sachen schnell abgehakt und ad acta gelegt. Dass tut dem Film jedoch keinem Abbruch, Vaughn’s X-Men entwickelt sein ganz eigenes Tempo und holt das bestmöglichste aus der kurzen Drehzeit, die Regisseur und Crew zur Verfügung standen, raus.

Nichtsdestotrotz, mit ein wenig mehr Feinschliff und etwas mehr Zeit für die Dreharbeiten sowie Nachbearbeitung (6 - 8 Monate für das komplette Projekt) für alle Beteiligten, hätte X-Men: First Class ein ganz großer Wurf in den Analen der Comic-Verfilmungen werden können. So bleibt aber am Ende ein immer noch sehr guter Blockbuster, der sehr gekonnt unterhält, Spaß macht, einen fesselnd und auf jeden Fall einen Blick wert ist.

Regisseur Matthew Vaughn bei den Dreharbeiten

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Fazit


Hat sich ja fast wie eine Zehner-Wertung gelesen nicht wahr? Dafür reicht es nicht ganz, X-Men: First Class bleibt aber trotzdem einer der sehenswertesten und besten Blockbuster des Jahres 2011 bis zu diesem Zeitpunkt. Die Geschichte ist packend, die Charaktere einzigartig (bei Mutanten nicht gerade schwer oder?), die Schauspieler, allen voran Michael Fassbender und James McAvoy, überdurchschnittlich gut und die Inszenierung glaubhaft sowie spannungsreich. Den kleinen Story-Makel darf man ruhig ignorieren, Regisseur Matthew Vaughn schafft es geschickt, diesen zu kaschieren und fügt X-Men: First Class seine ganz eigene Note zu, sodass man letztendlich ein stilsicher-elegantes und kurzweilig-ansprechendes Gesamtwerk zu sehen bekommt. Eine dicke Empfehlung gibt’s von mir, X-Men: First Class sollte man als geneigter Kinogänger definitiv gesehen haben.

Wertung:



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Trailer


Montag, 6. Juni 2011

Die ham' nen Affen!

Review

Hangover II

Vegas Baby! Nicht ganz, denn dieses Mal geht es für das „Wolfpack“ nach Thailand, ins feuchtfröhliche Bangkok. Nachdem man in Hangover I die Stadt der Sünden unsicher gemacht hatte, zieht es die nicht zu bremsenden Feierbiester jetzt ans andere Ende der Welt, um es dort erneut ordentlich krachen zu lassen und nicht nur ihr Erinnerungsvermögen zu verlieren. Regisseur Todd Phillips machte auch beim zweiten Teil nicht viel verkehrt, obwohl Hangover II im Vergleich zu seinem Vorgänger etwas abfällt und ein wenig an Charme verloren hat. Trotzdem bleibt kein Auge trocken, getreu dem Motto „Derber geht’s immer!“

Hangover II gehört wohl zu den meisterwartesten Filmen des Jahres. Der erste Teil war ein grandioser Erfolg, die Massen jubelten, der beste Filmriss aller Zeiten, Zitat der Kritikerikone Roger Ebert: "Now this is what I’m talking about!" Hangover avancierte rasch zum Kultfilm der "Feiern und Feten"- Generation, für das männliche Geschlecht wurde auf der Kinoleinwand der Traum schlechthin vorgelebt, nicht verwunderlich, dass alsbald erste Gerüchte zu einer Fortsetzung die Runde machten.

Und warum auch nicht? Der Erfolg gibt einem immer Recht, Regisseur Todd Phillips schien sich als Meister des grotesk-absurden und derb-überzogenen Humor zu entpuppen, die vorher noch recht unbekannten Schauspieler Bradley Cooper, Ed Helms und Zach Galifianakis schafften dank diesem Film den ganz großen Sprung nach Hollywood, das „Wolfsrudel“ erlangte Kultstatus und wollte von den Menschen schnellstmöglich wieder in Aktion gesehen werden.

Nicht Las Vegas, sondern Bangkok also. Eine interessante Idee. Doch was dann? Hangover I hatte die Latte sehr hochgelegt, oft werden derartige Fortsetzungen volle Kanne gegen die Wand gefahren. Wie kann man den hohen Erwartungen an den zweiten Teil gerecht werden? Die Grundidee eines abgefahrenen Komplettabschuss und anschließender Schnitzeljagd nach kleinen Erinnerungsfetzen ist schwer bis überhaupt nicht zu toppen. Also was tun? Ganz einfach: Ein Remake des ersten Teils. Man beachte den Ortswechsel von Vegas nach Bangkok und kleine Veränderung des Stellenwertes verschiedener Charaktere. That’s it. Und es funktioniert. Hangover II macht sehr viel Laune und unterhält unheimlich gut. Doch kommt der Film meiner Meinung nach an den ersten Teil nicht ran und wirkt stellenweise etwas uninspiriert.

Aber halt, wie immer kurz zum Inhalt:

Drei Jahre ist es nun her, dass Phil (Bradley Cooper), Stu (Ed Helms) und Alan (Zach Galifianakis) zusammen mit ihrem Freund Doug (Justin Bartha) in Las Vegas dessen Junggesellenabschied gefeiert haben. Und das auf unvergessliche Art und Weise. Und jetzt soll der nächste unter die Haube. Zahnarzt Stu hat seine Auserwählte gefunden, die hübsche Lauren (Jamie Chung) soll demnächst seine Frau werden. Da diese ihre Wurzel und Familie in Thailand hat, werden sämtliche Hochzeitsfestivitäten einschließlich Trauung auch dort abgehalten. Und Stu’s Freunde Phil, Doug und Alan sind natürlich auch herzlich eingeladen, obwohl sich Stu gerade bei Letzteren sehr schwer tut, da Alan wortwörtlich das Enfant terrible dieser kleinen Freundesgruppe ist.

Doch was soll’s, Alan darf auch mit und so begibt sich die verschworene Gemeinschaft auf den Weg ins subtropische Thailand. Aber Moment mal, wenn Stu heiratet muss doch auch ein prunkvoller Junggesellenabschied gefeiert werden oder? Das war bei Doug so, das soll auch bei Stu so sein. Dieser hatte seine Freunde jedoch schon vor dem Trip nach Thailand abgewimmelt, eine Junggesellenfeier, welche ähnliche Ausmaße wie jene kurz vor Doug’s Hochzeit annehmen könnte, mag sich der gute Stu gar nicht vorstellen. Er heiratet demnächst seine absolute Traumfrau, von maßlosen Besäufnissen zu seinen Ehren will er gar nichts wissen.

Dass das seine Kumpels weniger dufte von ihm finden, versteht sich wohl von selbst. Aber gut, dass ist Stu’s Entscheidung, das müssen sie akzeptieren. Jedoch, nach etwas Gezeter und aufdringlichsten Wunsch seiner Verlobten, willigt Stu doch noch ein, ein kleines Bier in gemütlicher Lagerfeueratmosphäre unter am Strand zusammen mit seinen besten Freunden und dem kleiner Bruder (Mason Lee) seiner angehenden Ehefrau ist drin. Mehr aber nicht. Keine verrückten Drogen, kein Absturz, alles ruhig und gesittet…

Not. Denn es kommt wie es kommen musste. Es ist ihnen schon wieder passiert. Nur viel schlimmer. Das Wolfsrudel wacht in einem versifften, verdreckten, absolut ekelerregenden Hotelzimmer in Bangkok auf, nichts wissend, wie sie in dorthin gekommen sind und was letzte Nacht überhaupt passiert ist. Der nächste Schock folgt auf dem Fuße, wo ist Laurens kleiner Bruder Teddy, der gestern Abend noch ganz entspannt mit am Lagerfeuer saß? Das einzige, was die Jungs von ihm finden, ist sein abgetrennter Finger inklusive Havard-Ring. Stu wird natürlich panisch, genau das sollte eben nicht passieren, jetzt verliert er auch noch den kleinen Bruder seiner Braut, das Wunderkind ihrer Familie und größter Stolz seines zukünftigen Schwiegervaters, welcher eh schon so seine Problemchen mit Stu hat.

So müssen sich Phil, Stu und Alan erneut auf ein haarsträubendes Abenteuer begeben, durch das fremde Bangkok irren, ihre Erinnerung an den vergangen Abend zusammensammeln und vor allen Dingen Teddy finden. Keine Frage, das wird ein arg chaotisches Unterfangen, welches es zu meistern gilt…

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Hangover II hatte anfangs mit sehr vielen durchschnittlichen Kritiken zu kämpfen. Die Gagdichte hatte abgenommen, eigentlich sei es nur eine Kopie des ersten Teils mit kleineren Änderungen. Und das stimmt auch. Trotzdem bleibt Hangover II ein verdammt lustiger und abgedrehter Film, welcher nicht nur aufgrund des Namens die Massen ins Kino lockt, sondern auch sehr gut unterhält. Mit einer Fortsetzung bürdete man sich eine schwere Aufgabe auf, doch hat man es meiner Auffassungen nach geschafft, das bestmögliche dabei rauszuholen.

Nachwievor bleiben die Figuren einzigartig. Vor allem Zach Galifianakis punktet wie bereits im ersten Teil auf ganzer Linie. Man merkt es Regisseur Todd Phillips natürlich an, dass er dessen Rolle Alan noch mehr in den Mittelpunkt der Handlung gestellt hat. Galifianakis ist ein unfassbar komischer Mensch, dessen Bewegung, Gestik, Mimik, einfach grandios. Ja, ich bin ein Riesenfan von Zach Galifianakis, ich geb’s zu. Er hat in Hangover II wieder einmal diese urkomischen Momente, wie sie kein anderer haben kann. Auch der Rest des „Wolfsrudels“ macht einen guten Auftritt, Bradley Cooper mimt den Lebemann Phil mit viel Lässigkeit und Coolness, Ed Helms tut einem einfach leid, als besonnener Teil der Gruppierung muss er erneut unglaublich viel einstecken, seine Wutausbrüchen kommen auch hier wieder sehr amüsant rüber.

Ken Jeong, vielen aus Teil eins als nackt aus dem autospringender, wutentbrannter Mr. Chow bekannt, blödelt nun gemeinsam mit Phil, Stu und Alan herum. Dabei wirkt er wirklich extrem auslandend, oft komisch, doch phasenweise sehr übertrieben und surreal. Doch auch er hat ähnlich wie Galifianakis seine Momente. Justin Bartha, in Teil eins noch Bräutigam Doug, wird zu Hause bzw. im Hotel gelassen und darf nicht mitmischen. Das „Wolfpack“ bleibt halt eine Dreier-Gruppe, was auch gut so ist. Paul Giamatti darf sich kurz zeigen und ein nicht all zu unbekannter Boxer darf sich auch im zweiten Teil ordentlich feiern lassen. Jamie Chung, Stu’s Verlobte, und Mason Lee, Laurens Bruder Teddy, könnte man noch erwähnen. Erstere, weil sie superheiß ist und echt gut aussieht. Und zweiterer, weil ihn zu finden nun mal die eigentliche Motivation im Film ist. Schauspielerisches aber nichts Weltbewegendes. Uns interessiert halt nur das Wolfsrudel, die Nebendarsteller machen ihre Sache gut, fallen aber nicht auf und bleiben bewusst im Hintergrund.

Ein weiter Pluspunkt von Hangover II ist die Hangover-Komik. Wirklich, Regisseur Phillips kopiert den ersten Teil eins zu eins. Das Konzept ist identisch, die Konstellationen etwas modifiziert, aber es funktioniert. Die ersten zwei Minuten zum Beispiel sind sehr amüsant, weil Hangover II einfach genauso anfängt, wie es bei Hangover I der Fall gewesen ist. Dieses einfache Hilfsmittel, altbewährte Strukturen und Abläufe aufzugreifen, mag sich recht einfallslos anhören, doch liefert Phillips damit genau das ab, was sich viele gewünscht haben: Ein Totalabsturz in bester Hangover-Manier.

Ich hab den Film in einer Sondervorstellung gesehen, wo man für einen geringen Preis Hangover I und Hangover II direkt hintereinander an einem Abend sehen konnte. Und für jeden, der in dieser Vorstellung war, ist es mit Sicherheit schwer einzugestehen, dass Hangover II definitiv nicht an seinen Vorgänger rankommt. Nachdem Hangover I vorbei war, tobte die Meute, keiner konnte es kaum noch erwarten bis denn endlich der zweite Teil starten würde. So wird die eigentliche Wahrnehmung etwas getäuscht, denn wenn man sich Hangover II blank ansieht, ohne vorher noch einmal den ersten Teil gesehen zu haben, kommt er einen mit Bestimmtheit nicht so großartig vor. Ich selbst war trotzdem positiv überrascht, denn ich hatte aufgrund schwacher Kritiken Hangover II schlechter erwartet, als er dann letztendlich war. Ich fand immer noch gut und sehr lustig, doch muss man ihm ganz objektiv auch einige Schwächen anrechnen.

So erkennt man zum Beispiel leichte Abnutzungserscheinung, was an und für sich logisch erscheint, da man den ersten Teil in seinem Ablauf aufgriff. Der erste Teil lebte von seiner Idee, dieses selten zuvor gesehene Konzept, einen Filmriss und dessen skurrile Folgen auf die Leinwand zu bringen. Das war innovativ, das hatte seine ganz eigene Art von Charme. Da Hangover II nun mal eine vom Aufbau identische Fortsetzung ist, geht dieser Charme leider ein wenig verloren.

Außerdem geht es noch weitaus derber zu, als es im ersten Teil der Fall war. Mitten ins Gesicht, noch exzessiver inszeniert Todd Phillips die Gags. Damit wollte man wohl auch eigene kleine Fehler, das wiederkehrende Handlungsschemata und die im Vergleich mit Teil eins geringfügigere Dichte an Gags kaschieren. Ihr denkt, ihr kennt das schon alles? Aber nicht so krass! Zu wenig Gags? Dafür aber richtig! Auch hier leidet das gewisse Etwas der Idee hinter dem Hangover-Konzept ein wenig daran, ich möchte nicht behaupten, dass die Liebe fehlt, doch Hangover I machte es in diesem Aspekt einfach viel besser.

Bei der Auswahl des Soundtracks kann man den Machern wie bereits im ersten Teil ein dickes Kompliment machen. Die Musik passt von vorne bis hinten, sei es neuester Techno-Firlefanz á la Flo Rida oder eben Trash-Pop aus den Achtzigern, es wirkt absolut stimmig und ist perfekt ausgewählt.

Im Endeffekt war Hangover II ein lohnenswerter Kinobesuch, denn so welche Filme braucht man(n) von Zeit zu Zeit. Die Floskel „Hirn ausschalten“ möchte ich hier nicht verwenden, denn man kann sich keinen Film ansehen und dabei einfach das Hirn ausschalten. Das geht nicht. Einmal von der anatomischen und zum anderen von filmkritischen Sichtweise her. Hangover II funktioniert und ist schlicht und einfach gute bis sehr gute Unterhaltung. Gespannt darf man jetzt auf den dritten Teil sein, welchen Regisseur Todd Phillips schon inoffiziell angekündigt hat. Diesmal aber mit neuen Konzept. Und höchstwahrscheinlich in Amsterdam. Warten wir’s mal ab.


v.l.n.r. Ed Helms, Zach Galifianakis, Bradley Cooper und Regisseur Todd Phillips

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Fazit

Hangover II macht Spaß. Punkt. Der hatte höchstens den Anspruch, seinem Vorgänger annähernd das Wasser zu reichen, was sich von vornerein als sehr schwierig darstellte. Hangover II ist der perfekte Film, um mit einer Hand voll guten Freunden einen frivolen Kinoabend zu erleben. Es geht ordentlich Sache, es gibt krasse Witze, ekelerregende Bilder und die allseits beliebte und immer wieder sämtliche Schwachpunkte des Films vergessen machende Diaschau am Ende des Films, welche einfach unfassbar lustig ist (siehe Teil I). Das Wolfsrudel rockt nachwievor, der Film schwächelt an einigen Stellen aufgrund altbekannter und schlichter Inszenierung, doch wird das keinen größeren Einfluss auf den Erfolg von Hangover II haben. So wird sich dieser Film mit großer Wahrscheinlichkeit an der Spitze aller Komödien 2011 wiederfinden. Im Vergleich mit Teil I ist manch enttäuschte Kritik gerechtfertig. Der Mainstream wird es trotzdem lieben. Lacht mal wieder. Ich empfehl's weiter.


Wertung:

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Trailer