Mittwoch, 19. Oktober 2011

Arthouse light

Review

Midnight in Paris


Zugegeben, mein erster Woody Allen. So richtig interessiert hat mich der schon 75jährige gebürtige New Yorker noch nie. Das hat sich ein wenig geändert, als ich vor kurzen ein kleines Taschenbuch zu dieser Regisseurikone geschenkt bekam. Das heißt nun wiederum nicht, dass ich sofort sämtliche Allen-Filme nachgeholt habe. Sagen wir es mal so, mein Interesse wuchs an. Und da traf es sich, dass sein neuester Streich Midnight in Paris gerade im Kino anlief. Ein erstes Aufeinandertreffen des kleinen Felix und dem großen Woody.


Es gibt die einen und es gibt die anderen. Für die einen sind die Filme Allens metaphorisch unheimlich wertvoll, ausdrucksstark, mehrdeutig, vielschichtig. Für die anderen sind sie einfach öde und langweilig. Ich persönlich kann mich nach meinem ersten Allen schwer irgendwo einordnen. Dafür ist Midnight in Paris zu seicht und mein Wissen über vorangegange Filme Woody Allens zu gering.

Midnight in Paris macht es einem Einsteiger wie mir sehr einfach. Der Film verlangt nicht zu viel von einem und unterhält. Zwar wirkt Midnight in Paris sehr magisch und komplex, der Film gibt weitmehr her, als es auf den ersten Blick erscheint, doch macht er auf mich einen einfachen Eindruck. Und das sehe ich als großen Pluspunkt an, was Laien wie mich freut, eingefleischte Fans jedoch ein wenig enttäuschen könnte. Nichtsdestotrotz, in meinen Augen ein sehr gelungener Film.


Zum Inhalt:

Drehbuchautor Gil (Owen Wilson) ist kurz davor seine Verlobte Inez (Rachel McAdams) zu heiraten. Doch vorher reisen die beiden ins wunderschöne Paris, die Schwiegereltern und schnöselhafte Freunde von Inez im Gepäck. Wo Inez nur Schaufensterläden, Boutiquen und feine Restaurants sieht, fühlt sich Gil von der Magie dieser Stadt derart angezogen, dass er sich gar ein Leben in jener romantischen Weltmetropole vorstellen könnte. Er fühlt sich zurückerinnert an die Goldenen 20er, eine Zeit, in der er selbst am liebsten gelebt und seine Brötchen als Schriftsteller verdient hätte. So ein Träumer.

Doch eines Nachts, während einem der unzähligen nächtlichen Spaziergängen Gil's durch Paris, passiert das Undenkbare: Eine alte Limousine hält vor den Füßen Gils und entführt in seine Traumepoche, ins Paris der Goldenen 20er, wo er Seite an Seite mit F. Scott Fitzgerald (Tom Hiddleston) und seiner Frau Zelda (Alison Pill) auf einer Party feiert, wo er höchstpersönlich dem etwas eigentümlichen Ernest Hemmingway (Corey Stoll) vorgestellt wird, wo er die Größen der zeitgemäßen Kunst trifft, sei es Picasso, Dalí oder Buñuel. Dies kann nur ein Traum sein. Doch wiederholen sich seine nächtlichen Touren mit diesen Ikonen der 20er, immer wieder besteigt er die Limousine an der gleichen Stelle, Gil verliebt sich in die Stadt, in diese Zeit, in die schöne Adriana (Marion Cotillard) und begibt sich auf eine nostalgische und für ihn richtungsweisende Reise...


Mir hat Midnight in Paris Spaß gemacht. Und das liegt nicht nur an der großartigen Besetzung, die Altmeister Woody Allen aus dem Hut gezaubert hat, sondern auch an der unterhaltsamen Geschichte und dem gelungenen Wandern zwischen Fantasie und Wirklichkeit. Ob der junge Protagonist Gil wirklich auf die Berühmtheiten des frühen 20. Jahrhundert getroffen ist, ob diese Erlebnisse nicht alles Auswüchse seiner fantasievollen Wunschvorstellung sind? Das muss jeder Zuschauer für sich selbst entscheiden. Allen schafft es, eine wunderbare Geschichte zu erzählen, die einen nachdenklich stimmt und vor Romantik und Nostalgie geradezu trieft.

Die Art und Weise, wie er Paris präsentiert, ausführliche Aufnahmen der Stadt zeigt und versucht, diesen Charme dieser Metropole zu transportieren, das zeigt uns, wie sehr ihm die Stadt der Liebe am Herzen liegt. Doch täuschen auch solche Sachen nicht über einige Schwächen des Films hinweg. Vorwerfen kann man Allen eine gewisse Ziellosigkeit, einen Dahinplätschern und Umherwandeln, die in meinen Augen passend zum Film selbst ist, doch phasenweise das Tempo arg rausnimmt und Midnight in Paris in Momentaufnahmen belanglos erscheinen lässt. Vielleicht ist Allen auch zu verliebt an diesen Film rangegangen, vielleicht ist sein Kniefall zu explizit, seine Hommage zu übertrieben. Denn auch in Paris ist nicht alles Gold was glänzt, selbst die glorreichen 20er Jahre.


Positiv fällt wie bereits geschrieben vor allem die Besetzung auf. Owen Wilson könnte sich als neuen Typus Schauspieler der Marke Woody Allen mausern, er wirkt lethargisch, verträumt, zuweilen unsicher aber auch entschlossen, seinen Traum vom Schriftstellerberuf zu verwirklichen. Ein guter Auftritt von ihm. Die "wirklichen" Nebendarsteller wie Rachel McAdams als Fast-Ehefrau, Mimi Kennedy als grantige Beinahe-Schwiegermutter oder Michael Sheen als hochnäsiger Snob torpedieren Gils Tagträumereien und lockern mit süffisanten Szenen das Geschehen auf und bilden gelungene Reibungspunkte für Wilson's Charakter.

Große Freude bereiten dann Fitzgerald, Hemmingway und Co. Hier geben sich nicht nur Berühmtheiten der Vergangenheit, sondern auch bekannte Schausspielergrößen unserer Zeit die Klinke in die Hand. Kathy Bates (die verrückte Alte aus Reiner's Misery) spielt die bekannte Verlegerin und Schriftstellerin Gertrude Stein, Adrien Brody den surrealistisch-makabren Maler Salvador Dalí (der ein bisschen zu dick aufträgt). Joséphine Baker, Cole Porter, T.S. Eliot, Matisse, Gaugin oder Degas, sie alle spielen ihre kleinen Rollen in Midnight in Paris. Wobei Tom Hiddleston und Alison Pill als F. Scott und Zelda Fitzgerald und vor alledem Corey Stoll (Großartig.) als Ernest Hemmingway im Gedächntis bleiben werden.


Die Romantik darf hier natürlich nicht zu kurz kommen und so bahnt sich ein kleines Techtelmechtel zwischen Marion Cotillard's Adriana und Owen Wilson's Gil an. Adriana, Teil der Epoche dieser 20er Jahre in Paris, welche Gil so verehrt, hat ihre eigenen Vorstellungen der perfekten Zeit, in welcher sie am liebsten gelebt hätte. Und so wird schnell die Botschaft klar, die uns ein Woody Allen mit seinem Film vermitteln möchte, dass wir uns in diverse Träumereien flüchten, um dem nüchternen Alltag zu entkommen, dass wir uns vorstellen, wie es sein könnte, dann und dann gelebt zu haben, eine bestimmten Zeit zu erleben, Vergangenheit zu erfahren und Gegenwart zu verdrängen. Da holt Allen nochmal zum finalen Kitsch-Rundumschalg aus, versteht sich aber darauf, poetisch und angenehm leicht seine Gedankengänge zu übermitteln und beim Zuschauer ein gutes Gefühl zu hinterlassen. Und dieses wird spätestens dann greifbar, wenn Wilson's Gil doch noch seine Seelenverwandte in der bezaubernden Léa Seydoux (in der Rolle der Gabrielle) findet.

Der alte Sack hat's nachwievor drauf. Woody "Got Wood?" Allen zusammen mit Léa Seydoux.
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Fazit

Keine Sorge, dieser Film ist trotz des Namen Woody Allen auf dem Filmplakat wunderbar einfach und sehr schön mitanzusehen. Das es hier und da etwas hapert, das manch Schauspieler mit seiner Darbietung ein wenig zu viel will und das Thema doch ein wenig weichgespült daherkommt, das nimmt man im Kauf, denn man bekommt ein magisch-nostalgisches Feel-Good Movie zu sehen, mit unzähligen Cameo-Auftritten bekannter Persönlichkeiten des 19. und 20. Jahrhunderts zu sehen, das einen selbst ein wenig träumen lässt, wie es sein könnte, mit all diesen Menschen einen Abend zu verbringen. Allen's Verbeugung vor dem europäischen Zentrum der Kunst und Liebe gelingt sehr gut, zwar hat die französische Hauptstadt auch ihre Schattenseiten, doch ganz ehrlich, wer möchte diese schon sehen?


Wertung:

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Trailer 

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