Midnight in Paris
Zugegeben, mein erster Woody Allen. So
richtig interessiert hat mich der schon 75jährige gebürtige New
Yorker noch nie. Das hat sich ein wenig geändert, als ich vor kurzen
ein kleines Taschenbuch zu dieser Regisseurikone geschenkt bekam. Das
heißt nun wiederum nicht, dass ich sofort sämtliche Allen-Filme
nachgeholt habe. Sagen wir es mal so, mein Interesse wuchs an. Und da
traf es sich, dass sein neuester Streich Midnight in Paris gerade im
Kino anlief. Ein erstes Aufeinandertreffen des kleinen Felix und dem
großen Woody.
Es gibt die einen und es gibt die anderen. Für die einen sind die Filme Allens metaphorisch unheimlich wertvoll, ausdrucksstark, mehrdeutig, vielschichtig. Für die anderen sind sie einfach öde und langweilig. Ich persönlich kann mich nach meinem ersten Allen schwer irgendwo einordnen. Dafür ist Midnight in Paris zu seicht und mein Wissen über vorangegange Filme Woody Allens zu gering.
Midnight in Paris macht es einem
Einsteiger wie mir sehr einfach. Der Film verlangt nicht zu viel von einem
und unterhält. Zwar wirkt Midnight in Paris sehr magisch und
komplex, der Film gibt weitmehr her, als es auf den ersten Blick
erscheint, doch macht er auf mich einen einfachen Eindruck. Und das
sehe ich als großen Pluspunkt an, was Laien wie mich freut,
eingefleischte Fans jedoch ein wenig enttäuschen könnte.
Nichtsdestotrotz, in meinen Augen ein sehr gelungener Film.
Zum Inhalt:
Drehbuchautor Gil (Owen Wilson) ist
kurz davor seine Verlobte Inez (Rachel McAdams) zu heiraten. Doch
vorher reisen die beiden ins wunderschöne Paris, die Schwiegereltern
und schnöselhafte Freunde von Inez im Gepäck. Wo Inez nur
Schaufensterläden, Boutiquen und feine Restaurants sieht, fühlt
sich Gil von der Magie dieser Stadt derart angezogen, dass er sich
gar ein Leben in jener romantischen Weltmetropole vorstellen könnte.
Er fühlt sich zurückerinnert an die Goldenen 20er, eine Zeit, in
der er selbst am liebsten gelebt und seine Brötchen als
Schriftsteller verdient hätte. So ein Träumer.
Doch eines Nachts, während einem der
unzähligen nächtlichen Spaziergängen Gil's durch Paris, passiert
das Undenkbare: Eine alte Limousine hält vor den Füßen Gils und
entführt in seine Traumepoche, ins Paris der Goldenen 20er, wo er
Seite an Seite mit F. Scott Fitzgerald (Tom Hiddleston) und seiner Frau Zelda (Alison Pill) auf
einer Party feiert, wo er höchstpersönlich dem etwas eigentümlichen
Ernest Hemmingway (Corey Stoll) vorgestellt wird, wo er die Größen der zeitgemäßen
Kunst trifft, sei es Picasso, Dalí oder Buñuel. Dies kann nur ein
Traum sein. Doch wiederholen sich seine nächtlichen Touren mit
diesen Ikonen der 20er, immer wieder besteigt er die Limousine an der
gleichen Stelle, Gil verliebt sich in die Stadt, in diese Zeit, in
die schöne Adriana (Marion Cotillard) und begibt sich auf eine
nostalgische und für ihn richtungsweisende Reise...
Mir hat Midnight in Paris Spaß
gemacht. Und das liegt nicht nur an der großartigen Besetzung, die
Altmeister Woody Allen aus dem Hut gezaubert hat, sondern auch an der
unterhaltsamen Geschichte und dem gelungenen Wandern zwischen
Fantasie und Wirklichkeit. Ob der junge Protagonist Gil wirklich auf
die Berühmtheiten des frühen 20. Jahrhundert getroffen ist, ob
diese Erlebnisse nicht alles Auswüchse seiner fantasievollen
Wunschvorstellung sind? Das muss jeder Zuschauer für sich selbst
entscheiden. Allen schafft es, eine wunderbare Geschichte zu
erzählen, die einen nachdenklich stimmt und vor Romantik und
Nostalgie geradezu trieft.
Die Art und Weise, wie er Paris
präsentiert, ausführliche Aufnahmen der Stadt zeigt und versucht,
diesen Charme dieser Metropole zu transportieren, das zeigt uns, wie
sehr ihm die Stadt der Liebe am Herzen liegt. Doch täuschen auch
solche Sachen nicht über einige Schwächen des Films hinweg.
Vorwerfen kann man Allen eine gewisse Ziellosigkeit, einen
Dahinplätschern und Umherwandeln, die in meinen Augen passend zum
Film selbst ist, doch phasenweise das Tempo arg rausnimmt und
Midnight in Paris in Momentaufnahmen belanglos erscheinen lässt.
Vielleicht ist Allen auch zu verliebt an diesen Film rangegangen,
vielleicht ist sein Kniefall zu explizit, seine Hommage zu
übertrieben. Denn auch in Paris ist nicht alles Gold was glänzt,
selbst die glorreichen 20er Jahre.
Positiv fällt wie bereits geschrieben
vor allem die Besetzung auf. Owen Wilson könnte sich als neuen Typus
Schauspieler der Marke Woody Allen mausern, er wirkt lethargisch,
verträumt, zuweilen unsicher aber auch entschlossen, seinen Traum
vom Schriftstellerberuf zu verwirklichen. Ein guter Auftritt von ihm.
Die "wirklichen" Nebendarsteller wie Rachel McAdams als
Fast-Ehefrau, Mimi Kennedy als grantige Beinahe-Schwiegermutter oder
Michael Sheen als hochnäsiger Snob torpedieren Gils Tagträumereien
und lockern mit süffisanten Szenen das Geschehen auf und bilden gelungene Reibungspunkte für Wilson's Charakter.
Große Freude bereiten dann Fitzgerald,
Hemmingway und Co. Hier geben sich nicht nur Berühmtheiten der
Vergangenheit, sondern auch bekannte Schausspielergrößen unserer
Zeit die Klinke in die Hand. Kathy Bates (die verrückte Alte aus Reiner's Misery) spielt die bekannte Verlegerin und
Schriftstellerin Gertrude Stein, Adrien Brody den surrealistisch-makabren Maler Salvador Dalí (der ein bisschen zu dick aufträgt). Joséphine Baker, Cole Porter, T.S. Eliot, Matisse, Gaugin oder Degas, sie alle
spielen ihre kleinen Rollen in Midnight in Paris. Wobei Tom
Hiddleston und Alison Pill als F. Scott und Zelda Fitzgerald und
vor alledem Corey Stoll (Großartig.) als Ernest Hemmingway im Gedächntis bleiben
werden.
Die Romantik darf hier natürlich nicht
zu kurz kommen und so bahnt sich ein kleines Techtelmechtel zwischen
Marion Cotillard's Adriana und Owen Wilson's Gil an. Adriana, Teil
der Epoche dieser 20er Jahre in Paris, welche Gil so verehrt, hat
ihre eigenen Vorstellungen der perfekten Zeit, in welcher sie am
liebsten gelebt hätte. Und so wird schnell die Botschaft klar, die
uns ein Woody Allen mit seinem Film vermitteln möchte, dass wir uns
in diverse Träumereien flüchten, um dem nüchternen Alltag zu
entkommen, dass wir uns vorstellen, wie es sein könnte, dann und
dann gelebt zu haben, eine bestimmten Zeit zu erleben, Vergangenheit zu erfahren
und Gegenwart zu verdrängen. Da holt Allen nochmal zum finalen
Kitsch-Rundumschalg aus, versteht sich aber darauf, poetisch und
angenehm leicht seine Gedankengänge zu übermitteln und beim
Zuschauer ein gutes Gefühl zu hinterlassen. Und dieses wird spätestens dann greifbar, wenn Wilson's Gil doch noch seine Seelenverwandte in der bezaubernden Léa Seydoux (in der Rolle der Gabrielle) findet.
Der alte Sack hat's nachwievor drauf. Woody "Got Wood?" Allen zusammen mit Léa Seydoux.
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Fazit
Keine Sorge, dieser Film ist trotz des
Namen Woody Allen auf dem Filmplakat wunderbar einfach
und sehr schön mitanzusehen. Das es hier und da etwas hapert, das
manch Schauspieler mit seiner Darbietung ein wenig zu viel will und
das Thema doch ein wenig weichgespült daherkommt, das nimmt man im
Kauf, denn man bekommt ein magisch-nostalgisches Feel-Good Movie zu
sehen, mit unzähligen Cameo-Auftritten bekannter Persönlichkeiten
des 19. und 20. Jahrhunderts zu sehen, das einen selbst ein wenig
träumen lässt, wie es sein könnte, mit all diesen Menschen einen
Abend zu verbringen. Allen's Verbeugung vor dem europäischen Zentrum
der Kunst und Liebe gelingt sehr gut, zwar hat die französische
Hauptstadt auch ihre Schattenseiten, doch ganz ehrlich, wer möchte
diese schon sehen?
Wertung:
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Trailer
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