The Guard
Juhu, ein Film mit Brendan Gleeson! Ich
mag den kräftigen Iren. Er hat etwas Melancholisches, strahlt eine
stoische Ruhe aus, Autorität. Als schwarzeste Komödie des Jahres
angepriesen, weiß The Guard mit Gleeson in der Hauptrolle auf seine
ganz eigene und skurrile Art und Weise wirklich zu überzeugen. Wie
das? Schwer zu sagen, denn so richtig reißt einen John Michael McDonagh's neuester Streifen nicht vom Hocker. Und doch funktioniert The
Guard. Seltsam. Ein Erklärungsversuch.
Ich hatte mich im Vorfeld sehr auf The
Guard gefreut. Der Film machte auf diversen Festivals die Runde,
heimste großes Lob und viel Anerkennung ein. Prädikat besonders
wertvoll, zynisch, porträtierend, stilvoll. Nun denn, irgendwas muss
ja dran sein, wenn ein Jedermann nur positiv über The Guard
berichtet.
Flugs ins nächstbeste Kino und selbst
ein Bild davon gemacht. Was kann ich sagen? Zugegeben, ich tat mich
äußerst schwer mit der Bewertung von The Guard. Teilweise wirkt der
Film sehr behäbig und schleicht nur vor sich hin. Dann gibt es
wieder wunderbare Momente mit intelligenten Dialogen und unerwarteter
Dynamik. Ein Film, den wohl jeder ein wenig anders empfindet. Mir
gefiel er sehr gut, ich empfehle ihn weiter, denn mich hat vor allem
das Unscheinbare, das nicht Offensichtliche in The Guard sehr
überzeugt.
Kurz zum Inhalt:
Irland. Ich könnte jetzt den Namen
einer kleinen, unterbevölkerten Dorfgemeinde nennen, doch wen
interessiert's? Wir befinden uns irgendwo in der nassfeuchten und
saftiggrünen Pampa Irlands, da, wo eigentlich nie was los ist. Hier
verdient sich der ruhigesottene Polizist Gerry Boyle (Brendan
Gleeson) seine Brötchen als Dorfsheriff. Seine Arbeitsmehoden sind
unkonvientionell, Beweismittel wie diverse Drogen verschwinden mal
schnell, Polizeiberichte werden schlampig verfasst, ab und zu mal ein bisschen Spaß mit Prostituierten, Sergeant
Boyle macht sich sein Leben als oberster Polizist der kleinen
irischen Gemeinde nicht weiter schwer, es schert sich doch eh keiner
drum, was in dieser Einöde passiert und wer wie ermordet aufgefunden
wird.
Doch Boyle's unorthodoxe Idylle wird
gestört, Dorgenschmuggler treiben sich in seiner Provinz herum.
Eigentlich kein Beinbruch, davon gab's hier vorher sicherlich auch schon
einige, doch mischt sich nun das FBI in Gestalt des
Bundesagenten Wendell Everett (Don Cheadle) ein. Die Amerikaner sind
diesen Droggenschmugglern nämlich auf der Spur und wollen die
Spitzbuben im beschaulichen Irland mit Hilfe der ansässigen Behörden
endlich dingfest machen. Und so muss auch Boyle mit anpacken, der sich
aber von niemanden in seine Methoden reinreden lässt und somit dem
guten FBI-Agenten Everett den letzten Nerv raubt...
Ein komischer Film. Nicht nur, weil es
einige witzige, komische Momente gibt, sondern weil The Guard eine
ganz seltsame Art des Tempos hat. Teilweise zieht sich die Geschichte
unheimlich hin, man hofft auf irgendetwas rasantes, dass doch nun
endlich mal was passieren möge und bekommt dann doch nur Brendan
Gleeson in Polizeiform fahrend durch hügelige Landschaften zu sehen. Und
trotzdem bleibt man dran. Warum?
Das liegt vor allem an Brendan Gleeson selbst
und den hervorragend geschriebenen Dialogen. Gleeson passt die Rolle
des Gerry Boyle wie angegossen, man kauft ihm den lethargischen, aber
keinesfalls auf den kopfgefallenen Provinzpolizisten absolut ab. Seine
gleichgültige Ausstrahlung, die Einfachheit, wie er an die Sachen
rangeht, wie er anscheinend unwissend andere Menschen beleidigt, kühl
und unaufgeregt auftritt, das ist ein großer Spaß und unterhält
ungemein. Insbesondere im Zusammenspiel mit Don Cheadle, der den
ambitionierten Ermittler gibt und wohl das komplette Gegenteil zu
Gleeson's Figur bildet. Ein herrliches Pärchen.
Gerade in diesen Situation zwischen
Gleeson und Cheadle kommt dann auch die Stärke des Drehbuchs und
Dialoge hevor. Ich würde diese sogar als recht einfach bezeichnen,
simpel und unverblümt, frei raus und gar unspektakulär, passend zu
der gesamten Szenerie. Hier hat McDonagh, Regisseur und Drehbuchautor in Personalunion, ganze Arbeit
geleistet, hier punktet The Guard am meisten. Bei den Nebendarstellern sticht Mark Strong als grantiger Drogenschmuggler hervor. Cool und fluchend wie man ihn kennt, der perfekte Nebenmann.
Es sind die kleinen Momente in The
Guard, die den größten Spaß machen. Sei es nur ein trockener Blick
von Brendan Gleeson, ein weiteres kleines, belangloses Wortgefecht
zwischen ihm und Cheadle, ein kurzes Aufeinandertreffen mit der
eigenartigen irischen Bevölkerung in diesem Teil des Landes, ein
kleiner Junge, der mit Fahrrad und Hund unterwegs überall zu finden
ist und mit seiner Art symptomatisch für die Menschen in diesem
entlegenen Winkel Irlands steht. The Guard als kritische Milieustudie
zu bezeichnen, das wäre wohl ein wenig zu viel des Guten, doch geben
McDonagh und Co. ein angenehm-bizarren Einblick in die irischen
Mentalität dieser Gegend, wo man sich ein jeder kennt, doch keiner
sich um den anderen kümmert, wo man sich in einer Gemeinschaft
gegenseitig isoliert und besonders Nichtansässigen kaum
bis überhaupt nicht aufgeschlossen ist.
Am Ende von The Guard kommt es dann zum
großen Finale und so eigenartig wie es wirkt, es steht wiederum
sinnbildlich für die seltsame Machart des gesamten Films. Die
letzten Minuten wirken unpassend, Gleeson's Boyle hinterlässt einen
finalen Eindruck, den man ihm so nie zugetraut hätte. Er geht mit
einem großen Knall, tragisch und komisch zugleich, denn wirklich
einordnen kann man das soeben Gesehene kaum. Ja, vielleicht ist The
Guard stellenweise viel zu langatmig, vielleicht ist er zu
unspektakulär, zu ruhig, jedoch, mit den richtigen Blick auf die Details und
den richtigen Erwartungen kann man beim Schauen dieses Filmes
auch richtig Spaß haben.
v.l.n.r.: Writer/Director John Michael McDonagh, Don Cheadle, Katarina Cas,
Brendan "Preparing to play Santa" Gleeson und Liam Cunningham
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Brendan "Preparing to play Santa" Gleeson und Liam Cunningham
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Fazit
Mal etwas anderes. Etwas eigenartiges.
Etwas gutes. The Guard kann und sollte man eine Chance geben. Das
Publikum wird sich wie so oft spalten und ich kann es nachvollziehen.
Die beiden Hauptdarsteller Brendan Gleeson und Don Cheadle geben ein
ulkiges und sehr überzeugendes Team ab. Ein sehr guter Auftritt von
den beiden. Die Dialoge sind clever geschrieben und sind das
Prunkstück des Films, der Einblick in diesen komischen Teil der
irischen Gesellschaft ist nicht nur interessant, sondern auch
unterhaltsam. Phasenweise lässt sich der Film zu viel Zeit und
einige abstruse Szenen wirken falsch platziert. Doch hat gerade diese
Eigenart von The Guard mir großen Spaß gemacht. Eine Empfehlung.
Wertung:
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