Sonntag, 30. Oktober 2011

I'm Irish. Racism is part of my culture.

Review 

The Guard


Juhu, ein Film mit Brendan Gleeson! Ich mag den kräftigen Iren. Er hat etwas Melancholisches, strahlt eine stoische Ruhe aus, Autorität. Als schwarzeste Komödie des Jahres angepriesen, weiß The Guard mit Gleeson in der Hauptrolle auf seine ganz eigene und skurrile Art und Weise wirklich zu überzeugen. Wie das? Schwer zu sagen, denn so richtig reißt einen John Michael McDonagh's neuester Streifen nicht vom Hocker. Und doch funktioniert The Guard. Seltsam. Ein Erklärungsversuch.

 
Ich hatte mich im Vorfeld sehr auf The Guard gefreut. Der Film machte auf diversen Festivals die Runde, heimste großes Lob und viel Anerkennung ein. Prädikat besonders wertvoll, zynisch, porträtierend, stilvoll. Nun denn, irgendwas muss ja dran sein, wenn ein Jedermann nur positiv über The Guard berichtet.

Flugs ins nächstbeste Kino und selbst ein Bild davon gemacht. Was kann ich sagen? Zugegeben, ich tat mich äußerst schwer mit der Bewertung von The Guard. Teilweise wirkt der Film sehr behäbig und schleicht nur vor sich hin. Dann gibt es wieder wunderbare Momente mit intelligenten Dialogen und unerwarteter Dynamik. Ein Film, den wohl jeder ein wenig anders empfindet. Mir gefiel er sehr gut, ich empfehle ihn weiter, denn mich hat vor allem das Unscheinbare, das nicht Offensichtliche in The Guard sehr überzeugt.


Kurz zum Inhalt:

Irland. Ich könnte jetzt den Namen einer kleinen, unterbevölkerten Dorfgemeinde nennen, doch wen interessiert's? Wir befinden uns irgendwo in der nassfeuchten und saftiggrünen Pampa Irlands, da, wo eigentlich nie was los ist. Hier verdient sich der ruhigesottene Polizist Gerry Boyle (Brendan Gleeson) seine Brötchen als Dorfsheriff. Seine Arbeitsmehoden sind unkonvientionell, Beweismittel wie diverse Drogen verschwinden mal schnell, Polizeiberichte werden schlampig verfasst,  ab und zu mal ein bisschen Spaß mit Prostituierten, Sergeant Boyle macht sich sein Leben als oberster Polizist der kleinen irischen Gemeinde nicht weiter schwer, es schert sich doch eh keiner drum, was in dieser Einöde passiert und wer wie ermordet aufgefunden wird.

Doch Boyle's unorthodoxe Idylle wird gestört, Dorgenschmuggler treiben sich in seiner Provinz herum. Eigentlich kein Beinbruch, davon gab's hier vorher sicherlich auch schon einige, doch mischt sich nun das FBI in Gestalt des Bundesagenten Wendell Everett (Don Cheadle) ein. Die Amerikaner sind diesen Droggenschmugglern nämlich auf der Spur und wollen die Spitzbuben im beschaulichen Irland mit Hilfe der ansässigen Behörden endlich dingfest machen. Und so muss auch Boyle mit anpacken, der sich aber von niemanden in seine Methoden reinreden lässt und somit dem guten FBI-Agenten Everett den letzten Nerv raubt...


Ein komischer Film. Nicht nur, weil es einige witzige, komische Momente gibt, sondern weil The Guard eine ganz seltsame Art des Tempos hat. Teilweise zieht sich die Geschichte unheimlich hin, man hofft auf irgendetwas rasantes, dass doch nun endlich mal was passieren möge und bekommt dann doch nur Brendan Gleeson in Polizeiform fahrend durch hügelige Landschaften zu sehen. Und trotzdem bleibt man dran. Warum?

Das liegt vor allem an Brendan Gleeson selbst und den hervorragend geschriebenen Dialogen. Gleeson passt die Rolle des Gerry Boyle wie angegossen, man kauft ihm den lethargischen, aber keinesfalls auf den kopfgefallenen Provinzpolizisten absolut ab. Seine gleichgültige Ausstrahlung, die Einfachheit, wie er an die Sachen rangeht, wie er anscheinend unwissend andere Menschen beleidigt, kühl und unaufgeregt auftritt, das ist ein großer Spaß und unterhält ungemein. Insbesondere im Zusammenspiel mit Don Cheadle, der den ambitionierten Ermittler gibt und wohl das komplette Gegenteil zu Gleeson's Figur bildet. Ein herrliches Pärchen.


Gerade in diesen Situation zwischen Gleeson und Cheadle kommt dann auch die Stärke des Drehbuchs und Dialoge hevor. Ich würde diese sogar als recht einfach bezeichnen, simpel und unverblümt, frei raus und gar unspektakulär, passend zu der gesamten Szenerie. Hier hat McDonagh, Regisseur und Drehbuchautor in Personalunion, ganze Arbeit geleistet, hier punktet The Guard am meisten. Bei den Nebendarstellern sticht Mark Strong als grantiger Drogenschmuggler hervor. Cool und fluchend wie man ihn kennt, der perfekte Nebenmann.

Es sind die kleinen Momente in The Guard, die den größten Spaß machen. Sei es nur ein trockener Blick von Brendan Gleeson, ein weiteres kleines, belangloses Wortgefecht zwischen ihm und Cheadle, ein kurzes Aufeinandertreffen mit der eigenartigen irischen Bevölkerung in diesem Teil des Landes, ein kleiner Junge, der mit Fahrrad und Hund unterwegs überall zu finden ist und mit seiner Art symptomatisch für die Menschen in diesem entlegenen Winkel Irlands steht. The Guard als kritische Milieustudie zu bezeichnen, das wäre wohl ein wenig zu viel des Guten, doch geben McDonagh und Co. ein angenehm-bizarren Einblick in die irischen Mentalität dieser Gegend, wo man sich ein jeder kennt, doch keiner sich um den anderen kümmert, wo man sich in einer Gemeinschaft gegenseitig isoliert und besonders Nichtansässigen kaum bis überhaupt nicht aufgeschlossen ist.


Am Ende von The Guard kommt es dann zum großen Finale und so eigenartig wie es wirkt, es steht wiederum sinnbildlich für die seltsame Machart des gesamten Films. Die letzten Minuten wirken unpassend, Gleeson's Boyle hinterlässt einen finalen Eindruck, den man ihm so nie zugetraut hätte. Er geht mit einem großen Knall, tragisch und komisch zugleich, denn wirklich einordnen kann man das soeben Gesehene kaum. Ja, vielleicht ist The Guard stellenweise viel zu langatmig, vielleicht ist er zu unspektakulär, zu ruhig, jedoch, mit den richtigen Blick auf die Details und den richtigen Erwartungen kann man beim Schauen dieses Filmes auch richtig Spaß haben.

v.l.n.r.: Writer/Director John Michael McDonagh, Don Cheadle, Katarina Cas, 
Brendan "Preparing to play Santa" Gleeson und Liam Cunningham
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Fazit

Mal etwas anderes. Etwas eigenartiges. Etwas gutes. The Guard kann und sollte man eine Chance geben. Das Publikum wird sich wie so oft spalten und ich kann es nachvollziehen. Die beiden Hauptdarsteller Brendan Gleeson und Don Cheadle geben ein ulkiges und sehr überzeugendes Team ab. Ein sehr guter Auftritt von den beiden. Die Dialoge sind clever geschrieben und sind das Prunkstück des Films, der Einblick in diesen komischen Teil der irischen Gesellschaft ist nicht nur interessant, sondern auch unterhaltsam. Phasenweise lässt sich der Film zu viel Zeit und einige abstruse Szenen wirken falsch platziert. Doch hat gerade diese Eigenart von The Guard mir großen Spaß gemacht. Eine Empfehlung.

Wertung:

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Trailer

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