Donnerstag, 31. März 2011

Unglaubliche Geschichte, unglaublicher Mensch, unglaublicher Film

Review
127 Hours



Neben Black Swan gehört 127 Hours mit Abstand zu jenen intensiven Filmen, welche mich in diesem noch sehr jungen Kinojahr 2011 total begeistert haben. Vielleicht gehört 127 Hours sogar zu den Filmen, welche ich nie in meinem Leben wieder vergessen werde, wo sich einzelne Aufnahmen und Momente tief ins Gedächtnis gebrannt haben. Schauder, Ekel, Ehrfurcht vor dem Leben und die Faszination eines grauenvollen Einzelschicksals, welches wohl kein Mensch dieser Welt am eigenen Körper erfahren möchte, 127 Hours gehört definitiv zu den ganz großer Kalibern dieses Jahres.

Aber keinen interessiert es. Verdammt schade um diesen tollen Film. Natürlich läuft 127 Hours in vielen Kinos, doch wenn zeitgleich Publikumsmagneten wie Black Swan, The King’s Speech oder True Grit über das Gros der deutschen Kinoleinwänden flimmern, tut sich ein, betrachtet man die Konkurrenz, vergleichweise relativ günstig produzierter Film wie 127 Hours schwer. Ein klassischer Außenseiter, sowohl im Kino als auch wenn es darum geht, internationale Filmpreise einzuheimsen. 127 Hours wurde in der Oscarkategorie Bester Film nominiert und das war schon Auszeichnung genug für den Film des Regisseurs Danny Boyle wieder einmal in einer Reihe mit den ganz Großen genannt zu werden, nicht mehr und nicht weniger. Denn mit einem Oscar für 127 Hours hatte ganz ehrlich niemand gerechnet. Unverdient wäre es bestimmt nicht gewesen, wäre da nicht mal wieder die überaus starke Konkurrenz gewesen…

Generell machten es sich Boyle und Kollegen bei ihrem Film 127 Hours nicht leicht. Immerhin thematisierte man in diesem Film eine natürliche Angst des Menschen. Irgendwo im Nirgendwo, festgeklemmt unter einem Felsbrocken, kein Telefon, niemand nur in der entferntesten Nähe. Du bist komplett auf dich allein gestellt, kommst nicht von der Stelle, im Minutentakt schwindet deine Hoffnung auf Rettung und man ist verdammt qualvoll die wohlmöglichen letzten Stunden vor dem Ertrinken und Verhungern vor sich hinzufristen. Ein ähnlicher Umstand wie der, lebendig begraben zu werden (Wir erinnern uns an Buried). Hinzukommt der Punkt, dass die wohl einzige Möglichkeit sein Leben zu retten darin besteht, sich den eingeklemmten Arm selbst abzutrennen. Spätestens an dieser Stelle fängt man an zu schlucken.

Und wenn sich nun geneigte Kinogänger derartig über einen Film wie 127 Hours informieren, bekommen viele von denen schnell die Flatter. Harter Tobak, besonders, weil 127 Hours überhaupt nicht mit überaus intensiven Bildern geizt, welche dem Betrachter tief durch Mark und Bein gehen. Ein weiterer Aspekt, weshalb 127 Hours mit vergleichsweise niedrigen Zuschauerzahlen wegkommt. Nichtsdestotrotz lohnt ein Kinobesuch. Ich wollte den Film unbedingt sehen, obwohl ich mir der Tatsache bewusst war, dass dieser Streifen nicht leicht zu ertragen sein wird. Doch es hatte sich verdammt nochmal sowas von gelohnt.

Bevor es mit der eigentlichen Kritik weitergeht wie immer kurz etwas zum Inhalt:

Es gibt ja so einige abgedrehte Menschen in unserer Welt. Die einen sammeln Briefmarken oder tolle bunte Schlüsselanhänger, andere bemalen Gartenzwerge. Und dann gibt’s noch diese verrückten Extremsportler, immer am Limit, ständig auf der Suche nach neuen Herausforderungen. Ob mit dem Mountainbike oder zu Fuß, ob in eisig kalten, schwindelerregenden Höhen oder in staubtrockenen, steppenähnlichen und steinigen Landstrichen, dort wo die Gefahr, pardon, die Freiheit ruft, da ist auch der gemeine Extremsportler nicht weit entfernt.

Zu diesen Extremsportlern zählt sich auch Aron Ralston (James Franco), wohnhaft in Indianapolis und seineszeichens von Beruf her Ingeneur bei Intel. Doch wirklich wohl fühlt er sich nur in dem felsigen Umland des Canyonlands-Nationalpark im amerikanischen Bundesstaat Utah. Ralston hätte sich wohl wie viele andere auch den riskanten Freizeitbeschäftigungen des Briefmarkensammelns oder des feierlichen Aktes der Bemalung von kleinwüchsigen Zipfelmützenträgern widmen können. Doch er liebt seinen verklüfteten Canyon über alles, jeden Winkel, jede Ecke, jede Kante, jede Spalte weiß er zu schätzen. Ob er nun mit dem Rad durch die Pampa heizt oder zu Fuß quer Feld ein durch schmale Schluchten kraxelt, für Aron Ralston gibt es wohl keinen schöneren Ort als diesen.

Natürlich packt Ralston wöchentlich die Lust, seinen Canyon zu besuchen, um dort einige wunderbare Stunden zu vollbringen. Doch an jenem verhängnisvollen Tag, an welchem er sich wieder einmal mit bester Laune Richtung Blue John Canyon aufmacht, begeht Ralston einen folgenschweren Fehler. Eigentlich weiß immer irgendjemand aus Ralstons direkten Umfeld, sei es die Familie oder jemand aus seinem Freundeskreis, wo sich Aron wann ungefähr befindet und was er gerade treibt. Doch dieses Mal macht sich der lässige Lebemann los ohne dass jemand nur ansatzweise wüsste, wo genau er die nächsten paar Stunden sein wird, was er gerade macht oder ob er sich überhaupt wie sooft im Umland des Canyonlands befindet.

Aber bis jetzt ist ja noch nie was passiert, der erfahrene und selbstsichere Extremsportler kennt den Blue John wie sein Westentasche, warum sollte er sich über eventuelle Vorfälle oder Geschehnisse, welche ihm zustoßen könnten, irgendwelche Gedanken machen. Im Canyon angekommen ist Aron wieder einmal voll in seinem Element. Eifrig dokumentiert er seinen Ausflug mit Hilfe einer kleinen Handkamera. Ein tolles Geschenk ist das gewesen, da haben seine Eltern voll ins Schwarze getroffen. Bei seinen üblichen Streifzügen durch felsige Steppe trifft der selbstbewusste Strahlemann dann sogar unerwartet auf zwei junge Damen (Kate Mara und Amber Tamblyn), welche sich ebenfalls einen Weg durch Weiten des Good Old Blue John bahnen wollen. Aaron ist selbstverständlich ein alter Hase, schlägt den beiden eine Abkürzung vor und entführt zu seiner im wahrsten Sinne des Wortes coolen Grotte, wo man sich bei der unangenehmen Hitze Utahs herrlich erfrischen kann. Die Mädels sind von Aron und seiner Lässigkeit schwer beeindruckt und laden ihn daraufhin am Abend zu einer Party ein. Hört sich für Aron ganz gut an, er freut sich auf das baldige Wiedersehen, verabschiedet sich und führt seinen einsamen Weg durch diverse Spalten und über unzählige Felsen fort.

Ach, diese Canyonlands sind schon toll. Ralston schwingt sich wahrlich über die Felsbrocken, hechtet von Kante zu Kante und erklimmt einen Vorsprung nach dem anderen. Doch dann passiert das, was eigentlich nicht passieren sollte, in den Augen Arons vermutlich nicht einmal passieren dürfte. Bei einer seiner gewöhnlichen Kletteraktionen rutscht Ralston ab, der Fels, an welchem er sich gerade noch festhielt setzt sich in Bewegung, ein stützender Ast zerbricht, Ralston fällt in eine schmale Spalte, landet dort zwar auf beiden Füßen, doch zugleich wird sein rechter Arm von dem hinabfallenden Felsbrocken an einer Gesteinswand fest- und eingeklemmt. Und auf einmal herrscht absolute Stille.

Ralston registriert, in welch großem Schlamassel er sich befindet. Seinen verzweifelten Hilferufen bringen ihnen nicht weiter, wer soll ihn denn in den Unweiten des riesigen Canyonlands auch hören. Hinzukommt sein unvorteilhafte Position, festsitzend in einer der unzähligen Spalten der felsigen Landschaft. Einzig Ralston starke Psyche vermag ihm jetzt zur Seite zu stehen. Doch wie lange? Es geht nicht vor und nicht zurück, die Chancen seinen Arm und sich aus dieser misslichen Lage zu befreien stehen bei Null. Aaron Ralston steht ein schreckliches Leiden bevor, ob es sich nun um die Problematik seines schwindenden Wasservorrates oder wohl noch um dessen immer schwächer werdenden geistigen Zustand in Anbetracht der zermürbend geringe Aussicht auf Rettung handelnd, hier hilft wohl nur noch ein Wunder…

Jeder, auch wenn man den Film nicht gesehen oder das Buch zu dieser atemraubenden Geschichte gelesen hat weiß, dass sich jener Aron Ralston eigenständig den rechten Arm abtrennte, um sich aus dieser lebensbedrohlichen Lage zu befreien. Das muss man sich mal vorstellen, 127 Hours basiert auf einem Buch, welches von einer wahren Begebenheit berichtet, wo sich alles um das tragische Schicksal des Extremsportlers Aron Ralston und ein für ihn einschneidendes Erlebnis seines Lebens dreht. Dieser Kerl hat sich selbst den Arm abgetrennt, um zu leben. Nüchtern betrachtet die einzig logische Option in einer derartigen Situation. Aber so einen Umstand kann man nicht nüchtern betrachten. Verdammt, sich selbst den Arm absäbeln, auch wenn es die einzige Möglichkeit ist, dein Leben zu retten? Das erfordert unmenschlich viel Mut und ist sinnbildlich für den unbedingten Lebenswillen, den ein Mensch entwickeln kann. Meinen allerhöchsten Respekt vor Aron Ralston.

Dass eine dermaßen tragische, intensive Geschichte andere Menschen interessiert und bewegt, und sich ebenfalls in Form eines Buches sehr gut verkauft, ist nicht verwunderlich. Das Buch Between a Rock and a Hard Place ist ein Bestseller, die Verfilmung dessen war naheliegend, auch wenn sich die Macher durchaus der schweren Aufgabe einer gelungener Umsetzung bewusst waren. Doch das Ergebnis kann sich definitv sehen lassen, für mich ein unvergesslicher Film.

Man bekommt eine beeindruckende One-Man-Show zu sehen, James Franco verkörpert den zielstrebigen Aron Ralston und präsentiert sich fabelhaft. Schwer, eine derartige schauspielerische Leistung auseinanderzunehmen und im Einzelnen zu bewerten. James Franco spielt einfach überragend, seien es die Momente der puren Lebensfreude, die Lockerheit des jungen Extremsportlers, oder eben auch sein qualvolles Leiden, sein psychischen Kollaps und die pure Verzweiflung.

127 Hours ist ein tragisches Kammerspiel, in welchem James Franco, von welchem ich schon lange überzeugt gewesen bin , endlich mal zeigen konnte, was er auf dem Kasten hat. Eine beispielhafte Charakterstudie, Franco aka Ralston wird zum Sinnbild des menschlichen Überlebenswillens, er wandelt sich vom grinsenden und lebenslustigen Menschen der Extreme zu einem äußerst labilen und total verzweifelten Häufchen Elend. Zumindest bis zu dem Zeitpunkt als Ralston die schwere Entscheidung fällt, die einzige Möglichkeit aus dieser Bedroullie zu entkommen umsetzen und sich eigenhändig den eingeklemmten Arm abtrennt. Hier zeigt sich die charakterliche Stärke der Figur und auch diese weiß Franco mehr als überzeugend wiederzugeben. Die Nominierung für den Oscar als bester Hauptdarsteller ist für mich absolut nachvollziehbar gewesen.

Wenn man erste Kritiken oder Reviews zu 127 Hours liest, dann erwartet man schon vorweg ein sehr bedrückendes, beklemmendes Filmerlebnis. Als ich im Kino saß wusste ich, dass bald doch die Szene kommen wird, in welcher sich Aron Ralston den Arm eingeklemmt und das eigentliche Drama erst beginnt. Doch wenn man dann diesen Menschen in dieser Lage sieht, ihn bei seinen verzweifelten Versuchen sich zu befreien beobachtet, wie er sich selbst Mut und Zuversicht zuredet, sich an die einzigartig schönen Momente seines Lebens erinnert und seine eigentliche Träume vor seinen eigenen Augen Revue passierten lässt, dann leidet man nicht nur mit ihm mit, man wünscht ihm, dass er es irgendwie aus dieser Situation wieder rausschafft.

Regisseur Danny Boyle (Slumdog Millionaire) hat hier etwas Einzigartiges abgeliefert, präsentiert uns eine tragische Geschichte auf eine unheimlich intensive Art und Wiese und formuliert eine Botschaft, nie den Glauben an die eigene Stärke zu verlieren. Natürlich spielt im hierbei die Tatsache der wahren Begebenheit und die enge Zusammenarbeit mit Aron Ralston persönlich in die Hände. Das Ergebnis ist wirklich sehenswert und klasse. Ebenso glänzt Boyle mit tollen Ideen, wenn es um Ablauf der Szenen und den Schnitt geht. Zusammen mit einem sehr gelungenen Soundtrack werden wunderbare Bilder gezeigt, sei es nun die zusammengeschnittene Anfangssequenz oder eben die beeindruckende Kulisse des Cayonlands-Nationalpark in Utah. Selbst das klischeebehaftete Ende passt wie die Faust auf's Auge, sentimentalveranlagte Kinogänger drücken hier vielleicht sogar die ein oder andere Träne weg.

Ganz links: James Franco. In der Mitte, 4.v.l.: Regisseur Danny Boyle.

Ganz rechts: Extremsportler Aron Ralston

Ehrlich zugegeben, ich bin ein große Fan von 127 Hours (merkt man kaum oder?). Besser gesagt, ich wurde zu einem. Im Vorfeld hatte ich mich kaum mit dem Film beschäftigt. Und als ich im Kino saß, hatte ich arg zu kämpfen, der Film ist wirklich nichts für leichte Gemüter. Unverblümt und blutig, anders hätte man es auch gar nicht realistisch und intensiv genug darstellen können. Es musste über die Stränge geschlagen werden. In vielen Szenen musste ich mich zusammenreißen und schob kurzzeitig die Brille etwas tiefer. Trotzdem bleibt der einmalige Eindruck dieses Film so nachhaltig, dass ich mich persönlich wohl auch immer an 127 Hours und seinen Effekt erinnern werde.

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Fazit

Warum schauen bzw. haben sich so wenig deutsche Kinogänger 127 Hours angeschaut? Liegt's an der Hemmschwelle? Ekel? Zu besonders, zu anstrengend? Es kostet Überwindung sich 127 Hours anzusehen. Und mit Sicherheit werde ich mir die DVD zu diesem Film holen, auch wenn ich mir dessen bewusst bin, kaum in der Lage zu sein, den Film einzulegen und ihn nochmal anzuschauen. In vieler Leute Augen hat es Danny Boyle mit 127 Hours wohl übertrieben. Ich bin der Meinung, dass gerade diese augenscheinliche Übertreibung den Film erst ausmacht. So und nicht anders ist es dem realen Aron Ralston ergangen und nur so kann man dessen Leiden und Emotionen auch nachvollziehen. Ich empfehle 127 Hours auf jeden Fall, doch bin ich mir durchaus im Klaren, dass viele ihn sich nicht anschauen werden, weil er die Grenzen überschreitet. Ein besonderes Filmerlebnis, zu welchem man sich durchringen muss, um für sich selbst zu wissen, ob 127 Hours etwas für einen ist. Vielleicht ist man danach zutiefst angewiedert und schockiert. Vielleicht muss man 127 Hours dann ersteinmal ein Weilchen sacken lassen und tief durchatmen. Und vielleicht ist man dann an einem gewissen Punkt auch ähnlich begeistert wie ich es bin.

Wertung:

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Trailer



Freitag, 25. März 2011

Und immer schön laut und deutlich sprechen

Review
The King's Speech


Bester Film, beste Regie, bestes Drehbuch, bester Hauptdarsteller. Und das mit Recht. The King's Speech ist der große Gewinner der Oscarverleihung 2011 gewesen und gehört definitiv zu den besten Kinofilmen des Jahres 2011. Neben der exzellenten Regie durch den aufstrebenden Tom Hooper und der interessanten sowie historisch nachgewiesenen Geschichte glänzt The King's Speech mit fantastischen schauspielerischen Leistungen, allen voran Colin Firth, welchem in diesem Meisterwerk wohl die schwierigste Rolle zufiel.

Was soll ich denn bitte schreiben? Dass der Film herausragend ist? Oder soll ich versuchen, The King's Speech etwas negatives abzugewinnen, um nicht wie jeder andere Kritik in unzählige Lobhudeleien zu verfallen? Doch letzteres geht nun mal nicht. Mir fällt absolut nichts ein, was ich persönlich an The King's Speech zu bemängeln hätte. Der Film ist einfach großartig.

The King's Speech habe ich ähnlich wie Black Swan oder True Grit sehnlichst erwartet. Demzufolge waren auch die von meiner Seite gestellten Erwartungen an den Film sehr hoch. Und diese wurden auch eingehalten. Das kommt nicht häufig vor, doch The King's Speech überzeugte mich in allen Belangen.

Der Film wurde schon vor und umso mehr nach den BAFTA Awards 2011 und Golden Globes 2011 gefeiert, die Chancen für einen Oscar stiegen ins Unermessliche. Wobei der ein oder andere natürlich nur einen Grund dafür sieht: Die Darbietung von Colin Firth. Er selbst sahnte als bester Hauptdarsteller ordentlich ab und ist unumstritten wohl einer der wichtigsten Faktoren für das generell sehr gute Abschneiden von The King's Speech in so gut wie allen Augen sämtlicher Kritiker.

Zum Inhalt:

Der Herzog von York (Colin Firth) hat ein Problem: Er stottert. Und das ziemlich übel. Gut, all zu oft tritt er nicht ans Mikrofon und spricht eher selten zu seinen Landsleuten, gerade auch weil er selbst weiß, welch große Schwierigkeiten ihm das bereitet. Doch als Angehöriger der britischen Krone und Sohn des amtierenden Königs George V. (Michael Gambon) gehört es sich nun einmal, sich dem britischen Volk gegenüber artikulieren zu können. Was für ein Bild würde es sonst auf das englische Adelsgeschlecht werfen?

Also werden sämtliche Fachmänner des Landes kontaktiert, um dem stotternden Königssohn zu helfen. Vergebens. Aber ist ja alles noch nicht so wild, denn der werte Vater sitzt ja noch auf seinem Thron und zudem kommt hinzu, dass sich der stammelnde Sohnemann Albert, bald König George VI., nur auf Platz zwei der Thronfolge befindet, sein älterer Bruder David aka Eduard VIII. (Guy Pearce) steht sowieso noch vor ihm.

Doch natürlich kommt es für Albert zur persönlich absoluten Katastrophe. Zu allererst stirbt sein Vater, König George V., was allein schon traurig genug und schwer zu ertragen ist. Bruder David soll zum neuen König gekrönt werden, doch gibt es hier das ein oder andere Problem, was nicht unwesentlich mit dem wohl weniger adligen Lebensstil von David und dessen Liaison sowie Heiratspläne mit einer bereits zweimal geschiedenen Amerikanerin zusammenhängt. Nach wenigen Tagen der Amtszeit als König tritt David auch schon wieder zurück, zu groß erscheint das Risiko, dem Image des englischen Adels Schaden zuzufügen. Und wer ist wohl jetzt der heißeste Kandidat für den Posten des Königs? Genau, der stotternde Bertie.

Besonders bei ihm macht sich angesichts der Tatsache, bald zum König gekrönt zu werden und wöchentlich zu seinem Volk sprechen zu müssen, Panik breit. Hinzu kommt die schnell heran schreitende Gefahr des Zweiten Weltkrieges, die deutschen Nationalsozialisten unter Führung Adolf Hitlers sind nicht nur für Europa, sondern für die ganze Welt eine große Bedrohung. In dieser brenzligen Situation braucht das britische Volk einen starken König, welcher ihnen überzeugend Mut und Zuversicht predigen kann. Eine Mammutaufgabe für den frischgekrönten König George VI. ehemals Albert, Herzog von York.

Seine Frau Elizabeth (Helena Bonham Carter) versucht ihm tatkräftig bei der Bewältigung dieser zu unterstützen und macht kurzerhand einen etwas eigentümlichen, aber allen Anschein nach sehr renommierten Logopäden (Geoffrey Rush) aus, welcher die Lösung für die Probleme ihres Gatten sein könnte. So beginnt die oft komische Behandlung des stotternden Königs und es entwickelt sich zwischenmenschlich weit mehr als eine gewöhnliche Beziehung zwischen Arzt und Patient…

Um es auf den Punkt zu bringen: The King’s Speech ist ein rundum gelungener Film, der ohne Zweifel zum Besten gehört, was man sich 2011 in den deutschen Kinos ansehen kann. Die Inszenierung ist klasse, die Darsteller sind perfekt ausgewählt und spielen ihre Rollen allesamt sehr gut bis herausragend, die historisch-biographische Bezug ist sehr interessant und die Prämisse, dass sich bei dem so feinen Adelsgeschlecht auch nur um Menschen handelnd, ergeben eine runde, sehenswerte und ausgezeichnete Geschichte, welche der ambitionierte Regisseur Tom Hooper zusammen mit seinen Schergen auf die Leinwand gezaubert hat.

Man ahnt was jetzt kommt. Ein Lobgesang auf Colin Firth, Geoffrey Rush, Tom Hooper und Konsorten. Obwohl ich derartig Offensichtliches vermeiden wollte, bleibt mir aber einfach keine andere Wahl.

Colin Firth ist ein toller Schauspieler. Nicht nur seit seiner Rolle als stotternder König in The King’s Speech, auch vorher wusste er in diversen anderen Rollen zu überzeugen. Nehmen wir zum Beispiel seine Darbietung in A Single Man. Hier forderten schon viele Kritiker, dass Firth für diese Rolle einen Oscar als bester Hauptdarsteller erhalten sollte. Doch Jeff Bridges machte ihm wiederum einen Strich durch die Rechnung. Er wurde 2010 für seine Rolle als abgehalfterter Countrymusik-Star in Crazy Heart mit dem Oscar ausgezeichnet. Aber hier konnte sich keiner beschweren, Bridges war in Crazy Heart ausgezeichnet und spielte definitv oscarwürdig. Ein kleiner Trost für Firth, sein Konkurrent war ihm nicht nur ebenbürtig, eventuell sogar etwas besser als er.

Bei der Oscarverleihung 2011 hieß es dann erneut Firth gegen Bridges. Ersterer mit dem Golden Globe 2011 für den besten Hauptdarsteller im Gepäck und der leisen Hoffnung, endlich den Oscar einzuheimsen. Letzterer unbestritten als eine der lebenden Hollywood-Legenden, der Dude, welcher letztes Jahr triumphierte und jetzt in der Rolle eines volltrunkenen Revolverhelden und Relikt vergangener Tage in True Grit ebenso berechtigte Chancen auf das kleine goldene Männchen wie Firth als stotternder König hatte. Aber dieses Mal war Colin Firth dran. Sandra Bullock fasste es gut zusammen, als sie Jeff Bridges fragte, ob er denn wirklich noch einen Oscar bräuchte (VIDEO, 1:18 Min). Er habe doch schon letztes Jahr gewonnen, frei nach dem Motto, er hätte es doch schon längst in den Olymp der Filmlegenden geschafft, jetzt sei doch mal jemand anderes dran. Oder Jeff?

Man merkte es jeden irgendwie an, Colin Firth sollte den Oscar bekommen. Ausgleichende Gerechtigkeit mag hier dem einem oder anderen in den Sinn kommen. Das wäre aber zu hart. Firth bekam den Oscar nicht, weil er im Vorjahr den Kürzeren zog. Er bekam ihn für eine fantastische schauspielerische Leistung. Und selbst ein Jeff Bridges wird ihm dafür gebührend Respekt zollen, auch wenn er gerne ein erneutes Mal mit dem Oscar ausgezeichnet geworden wäre.

Firth spielt in The King’s Speech eine schwierige und anspruchsvolle Rolle derartig gut, dass einem die Spucke wegbleibt. Dieses gekonnte Stottern zu erlernen und dann so umzusetzen stelle ich mir wahnsinnig schwierig vor. Zudem ist die Figur von König George VI. psychisch sehr labil, Panik und Angst sind sein ständiger Begleiter. Colin Firth schafft es diese Ängste und Sorgen perfekt darzustellen, authentischer kann man sich und seine Rolle wohl kaum präsentieren.

Authentizität ist ein Wort, dass im Zusammenhang mit The King’s Speech fabelhaft passt. Alles ist authentisch. Deswegen muss ich diesen Punkt auch als nächstes nennen, da mich diese Authentizität persönlich unglaublich begeistert hat. Der Rahmen hat gestimmt, das Szenenbild, die Darbietungen, Kostüme, das Gesamtbild war einfach in jedweiger Beziehung stimmig und authentisch. Für mich einer der größten Pluspunkte von The King’s Speech.

Geoffrey Rush hätte ich einen Oscar gegönnt. Für mich ein ganz großer Schauspieler. Als Lionel Logue, Logopäde, begeisteter Hobby-Schauspieler und behandelnder Arzt von George VI., später wohl bester Freund und stetiger Begleiter des Königs, präsentiert er sich in einer tollen Art und Weise. Irgendwie wunderbar menschlich. Ob Bauer oder König, in seiner Praxis ist ein jeder gleich. Dazu nimmt er nie ein Blatt vor dem Mund und avanciert zu einer der wichtigsten Personen im Leben von König George VI. Rush spielt das einfach klasse, leicht verschroben, aber verständnisvoll, ambitioniert und seinem adligen Patienten und Freund immer zur Seite stehend. Ein sehr guter Auftritt.

Helene Bonham Carter, Eheweib des Meister des Morbiden und Schauerigen, Tim Burton, mimt die Ehefrau, Queen Elizabeth I. aka Queen Mum, des stotternden Königs. Und auch sie hat mir sehr gut gefallen, auch wenn sie augenscheinlich im Vergleich mit ihren beiden männlichen Kollegen Firth und Rush weniger Screentime als die beiden hatte. Trotzdem, wenn sie zu sehen ist, spielt sie unheimlich subtil, immer etwas hochnäsig, wiederum aber auch sehr liebevoll und ähnlich wie Geoffrey Rush sehr verständnisvoll für ihren Gatten. Das war mehr als solide. Ein sehr gelungene Darbietung von Helena Bonham Carter.

Einen Schauspieler muss ich noch nennen: Timothy Spall. Kennt man wahrscheinlich am ehesten als Wurmschwanz aus der Harry Potter – Saga. Eigentlich hat Spall nichts Atemberaubendes in The King’s Speech geleistet. Ich persönlich fand ihn aber in der Rolle des Winston Churchill urkomisch. Ich will jetzt nicht schon wieder authentisch schreiben, aber die Darstellung von Churchill war unglaublich treffend, zugleich aber auch sehr zum Schmunzeln. Man kann es nur schwer erklären. Aber das sind solche Momente, die einfach hängen bleiben.

Tom Hooper wurde für die beste Regie mit dem Oscar ausgezeichnet, auch hier kann man guten Gewissens dieser Entscheidung zustimmen. Die Konkurrenz war erstklassig, doch Tom Hooper hat sich diese Auszeichnung verdient, obwohl man auch eingestehen muss, dass das auch für jeden anderen nominierten Regisseur in dieser Kategorie gegolten hätte. Was aber eindeutig für Tom Hooper spricht, ist wohl seine mangelnde Erfahrung, wenn es um große Kinoproduktionen geht. Vor The King’s Speech war er hauptsächlich als Regisseur für einfach britische Fernsehproduktionen tätig. Umso erstaunlicher, dass sein erster großer Hit ein derartiges Kaliber ist. In Tom Hooper schlummert gewaltiges Potenzial, von ihm werden wir hoffentlich noch die eine oder andere Perle zu sehen bekommen.

Zur Geschichte an sich ließe sich wohl nur eines sagen: Oscar für das beste Originaldrehbuch. Auch hier muss man dem Ober-Schreiberling David Seidler gehörig Respekt zollen. Das, was man zu sehen bekommt, hat sich wirklich so zugetragen und wurde durch mühevolle Recherche zu einer großartigen Story zusammengefasst. Realitätsnähe, historischer Bezug, komplexe Charakterstudien und vieles mehr lassen sich in der Geschichte um The King’s Speech finden. Wirklich sehr gute Arbeit des Drehbuchautors David Seidler.

v.l.n.r.: Regisseur Tom Hooper, Helena Bonham Carter, Colin Firth und Geoffrey Rush

Jetzt reicht's aber!

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Fazit

Doch eine Lobhudelei. Was soll ich denn machen? Ich kann doch keinen Film verreißen, nur weil jeder andere ihn supertoll findet. The King’s Speech ist nun mal ein verdammt guter Film. Es passt einfach alles. Schauspieler, Regie, Geschichte, das Drumherum, alles zusammen ergibt ein rundes Gesamtwerk, welches in der Filmwelt zu Recht mit viel Lob und reichlich Auszeichnungen überschüttet wird. The King’s Speech gehört definitiv zu den Filmen, welche man 2011 gesehen haben muss. Nicht sollte, muss. Also nachholen, falls man noch nicht im Kino war. Es ist einfach alles so authentisch…

Wertung:

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Freitag, 11. März 2011

Nicht ins Gesicht!

Preview
The Fighter

Von wegen. Ordentlich Backenfutter ist angesagt, Marky Mark darf einstecken und austeilen. David O. Russell präsentiert den deutschen Kinogängern zum 07. April 2011 seinen neuesten Film The Fighter. Dieser kommt mit reichlich Vorschusslorbeeren in unsere Lichtspielhäuser und trumpft mit einer tollen biographisch-dramatischen Geschichte, einem exzellenten Cast und einem sehr guten Abschneiden bei der Oscarverleihung 2011 auf.

Mark Wahlberg will es endlich wissen. Mit der Hauptolle in The Fighter erhofft er sich nämlich einen gewaltigen Karrieresprung. Seien wir ehrlich, was hat ein Mark Wahlberg bisher überhaupt gerissen? Einzig und allein sein Auftritt in The Departed ist bei mir hängengeblieben. Ansonsten steht da nichts Großes zu Buche, vielleicht kann man ihm noch die nicht allzu schlechten mittelmäßig guten Filme Shooter, Three Kings oder Vier Brüder anrechnen, doch herausragend geschweige denn nachhaltig war keiner dieser Streifen.

In The Fighter wird es also für Wahlberg anspruchsvoller denn je zuvor. Und natürlich wusste er das. Sonst hätte er sich nicht so sehr für diese Rolle aufgerieben. Denn egozentrisch wie der Mensch nun mal ist, hoffte Wahlberg, er würde mit seinem Auftritt als Boxer Micky Ward endlich die Annerkennung bekommen, die ihm im Geschäft des Schauspiels auch zusteht. Dumm nur, dass in der Nebenrolle ein Christian Bale daherkommt, dem kleinen Mark die große Show stiehlt und für seine Darbietung als Mickys Bruder Dicky, ehemaliger Top-Boxer und nun drogenabhängiger Trainer seines jüngeren Bruders, sogar den Oscar als bester Nebendarsteller abgeräumt hat.

Doch worum geht's eigentlich in The Fighter? Kurze Rede, langer Sinn: Boxen. Gut, das ist dann doch wohl etwas zu kurz. Loosertyp Micky (Mark Wahlberg) müht sich in seinem Job als Straßenarbeiter und boxt sich durch's Leben. Und da ist schon der Wortwitz, denn nebenbei versucht er sich als Amateur-Boxer und wird hierbei tatkräftig von seiner Familie unterstützt. Mutter Alice (Melissa Leo) promotet bis der Arzt kommt und arrangiert gelegentlich den ein oder anderen Kampf für ihren Schützling. Bruder Dicky (Christian Bale) trainiert diesen, hat aber selber genug um die Ohren und sein eigenes Trauertal zu durchschreiten. Einst als aufstrebender Boxer umjubelt, fiel er tief und schmerzhaft vom hohen Ross und landete im Sumpf der Kleinkriminalitäten und des Dorgenmissbrauchs. Seinem Bruder Micky will er jetzt mit Erfahrung beistehen und ihm dem Weg zum Profi-Boxer ebnen. Nebenbei mischt sich auch Mickys Freundin Charlene (Amy Adams) immer wieder in die Familiengeschehnisse und äußerst komplexen Beziehungen der Beteiligten untereinander ein. Vielschichtige Persönlichkeiten, haufenweise Probleme und eine Menge Drama stehen in The Fighter auf dem Tagesprogramm.

Nicht nur Christian Bale (gewann ebenfalls den Golden Globe 2011 als bester Nebendarsteller) spielt groß auf, da gibt es zum Beispiel noch zwei weitere Darsteller, welche in Bezug zu The Fighter mit Lob überhäuft werden: Melissa Leo und Amy Adams. Beide durften sich über eine Oscarnomminierung als jeweils beste Nebendarstellerin freuen, wobei Melissa Leo (ebenfalls ein Golden Globe für ihre Darbietung) dann sogar die große Ehre zu Teil wurde, das kleine goldene Strahlemännchen mit nach Hause zu nehmen und sich ihn in ihre Glasvetrine zu stellen.

Desweiteren darf sich The Fighter damit rühmen, Oscarnomminierungen in den Kategorien Bester Film, Beste Regie, Bestes Originaldrehbuch und Bester Schnitt erhalten zu haben. Und das liest sich echt gut. Keine Frage, die Konkurrenz war im Oscarjahr 2011 extrem hochklassig. Umso mehr glich bei den Oscars 2011 eine Nommierung einer Auszeichnung. Auch hier haben wir wieder einen Indikator dafür, dass The Fighter anscheinend ein verdammt guter Film ist und ein Kinobesuch lohnend sein wird.

Regisseur David O. Russell ist ähnlich wie Tom Hooper (The King's Speech) ein eher unbeschriebenes Blatt. Anders als seine Kollegen Fincher (The Social Network, Fight Club, Der seltsame Fall des Benjamin Button), Aronofsky (Black Swan, The Wrestler, Requiem for a Dream) oder die Gebrüder Joel und Ethan Coen (True Grit, No Country For Old Men, The Big Lebowski). Diese haben nachweislich schon mehrere Kracher aus dem Hut gezaubert. Nichstdestotrotz tummelt sich David O. Russell in deren Kreisen und wird bezüglich seiner Arbeit in The Figther reichlich gelobt. Nur im Umgang mit der Hauptrolle wird viel und kontrovers diskutiert. Liegt es an der Inszenierung des Regisseurs? Oder an der Charakterzeichnung der Autoren? Oder gar an der Umsetzung des Darsteller Mark Wahlberg selbst? Diesbezüglich muss man sich ab 07. April 2011 wohl ein eigenes Bild machen.

Ich persönlich freue mich sehr auf The Fighter. Die Erwartungen sind bei mir durch die Oscars 2011 unglaublich in die Höhe geschossen, besonders was die Rolle von Christian Bale angeht. Es ist vielleicht vergleichbar mit The Dark Knight, in welchem der gebürtige Waliser die Hauptrolle des Batman aka Bruce Wayne inne hatte, jedoch der Nebendarsteller Heath Ledger (Oscar post mortem) als Batmans unmittelbarer Widersacher Joker mit eine der besten schauspielerischen Leistungen der Filmgeschichte ablieferte. Das soll jetzt nicht heißen, dass Bale in The Fighter ebenso herausragend spielt, denn das kann ich noch nicht einschätzen, da ich The Fighter noch nicht gesehen habe. Doch er scheint den vermeintlichen Hauptdarsteller Mark Wahlberg deutlich in den Schatten gestellt zu haben.

Natürlich bin ich auch auf die beiden Damen Melissa Leo und Amy Adams gespannt. Selbstredend auch auf die Leistung des Regisseurs David O. Russel. Und zu guter Letzt auch auf Mark Wahlberg. Denn bis jetzt fällt in so gut wie jedem Bericht zu The Fighter sein Name eher in die Kategorie "Ja, der war auch dabei..." Und das in einer Hauptrolle.

Vielleicht war die Konkurrenz in der Oscarkategorie Bester Hauptdarsteller zu stark für einen Mark Wahlberg. Wer bei der gelungenen Laudatio von Sandra Bullock zu diesem Oscar im Hintergrund von Colin Firth genau hingesehen hat (ungefähr bei 2:22 Min), sieht einen etwas gelangweilten, mit den Fingerspitzen rumspielenden Mark Wahlberg. Und das Klatschen für seinen britischen Kollegen hatte er sich auch verkniffen. Vielleicht ging es dem lieben Mark an diesem Abend auch nicht so gut. Vielleicht hatte er vergessen sein Bügeleisen abzustellen. Vielleicht war er aber auch enttäuscht, mit so einer komplexen Rolle in so einem komplexen Drama (hier klingeln normalerweise die Ohren der Acadamy) nicht einmal für den Oscar des besten Hauptdarstellers 2011 nomminiert gewesen zu sein. Ach Marky, was machen wir bloß mit dir?

Eventuell wird's ja was mit der Hauptrolle in der Videospiel-Verfilmung von Uncharted, betitelt Uncharted: Drake's Fortune und angekündigt für 2013. Und auf dem Regiestuhl sitzt... David O. Russell. Zufälle gibt's. Aber nicht dass der Russell ein Problem mit der Inszenierung der Hauptrolle bekommt. Das würde dem guten Mark Wahlberg vermutlich gar nicht passen. Und da war doch noch was mit Mark Wahlberg und einem Videospiel... Genau, Max Payne. Ohne Worte.

Fazit

The Fighter startet hierzulande am 07. April 2011 und ich kann's kaum noch erwarten. Ich freue mich sehr auf diesen Film und hoffe, dass er meinen Erwartungen gerecht wird. Diese werden ich aber besser etwas runterschrauben. Wir wollen dem Hype ja nicht zu sehr verfallen. Cast und Geschichte lesen sich sehr vielversprechend, mit dem biographischen Aspekt hat mich der Film sofort in seinen Bann gezogen und als kleiner Fan von Christian Bale schaue ich dem Kinobesuch höchst erfreut entgegen. Also Let's Get Ready To Fumble! Rumble natürlich.

The Fighter startet am 07. April 2011 in den deutschen Kinos.


Trailer


Sonntag, 6. März 2011

Verflucht, warum laufen die denn weg?

Review
Tucker and Dale vs. Evil

Horrorfilme. Ein Genre für sich. Vielleicht sogar neben dem des pornographischen Films das meist produzierte Genre, dass es gibt. Denn Horrorfilme gibt es wahrscheinlich weitaus mehr als in Wirklichkeit Zuschauer dafür existieren. Und dann haben sich ja über die Jahre etliche Subgenre herausgebildet, sei es Psychohorror á la Paranormal Activity, Torture Porn wie die jedem bekannte SAW-Reihe, Splatter, klassische Monster- oder Zombieschinken und immer so weiter. Die Liste ließe sich unendlich weit fortführen. Eines dieser Subgenre ist jenes der Horrorkomödie. Grusel, Schock, Angstzustände kombiniert mit Klamauk. Mit übertrieben Humor und überspitzten, überzogenen Persiflieren von Horrorfilmen, gerade was die altehrwürdigen Klischees des Horrorgenres angeht, kann man heutzutage durchaus erfolgreich sein und ordentlich Geld verdienen. So auch bei Tucker and Dale vs. Evil. Gut, wie viel Kohle die Produzenten mit diesem Film gemacht haben lässt sich jetzt schwer sagen. Aber der Erfolg ist auf jeden Fall da. Massig gute Kritiken lassen sich zu Tucker and Dale vs. Evil finden. Und diemeinige geht in vielen Punkten mit diesen Kritiken konform, obwohl man ganz objektiv zugeben muss, dass es das ein oder andere zu bemängeln gibt.

Eigentlich stand Tucker and Dale vs. Evil ziemlich weit unten auf meiner „Komm-schon-geh-ins-Kino-und-schau-dir-den-Film-an!“-Liste. Ein typischer Festivalfilm, wo man sich freut, dass er dann doch in ganz normalen Kinos läuft. Nichtsdestotrotz, ich war gerade dabei die Planung für die kommende Kinowoche abzuschließen, wo Granaten wie The King’s Speech, 127 Hours und True Grit fest eingeplant waren, da kommt die Kunde, da wolle jemand sich am Freitagabend Tucker and Dale vs. Evil anschauen. Warum denn nicht? Ich vermeide es zwar Freitag, Samstag oder Sonntag ins Kino zu gehen, da die Preise da unverschämt hoch sind. Aber gut, vorher sollte noch fürstlich gespeist werden, wozu ich aufgrund meines Geburtstags sogar noch eingeladen wurde. Also ran an den Speck, dann schauen wir uns halt Tucker and Dale vs. Evil an!

Das Kino war nicht besonders gefüllt, die üblichen Trailer flimmerten über die Leinwand, wo sich noch kurz zuvor eine 90-60-90-Göttin genüsslich ein Stück Butter, äh, ich meine natürlich ein köstliches Magnum-Mandelkrokant-Hasenköttel-Eis einverleibte. Und dann ging’s auch schon los. Ich gehe ja eigentlich nie ins Kino, ohne vorher zu wissen, wie der Hase laufen wird. Außer bei 127 Hours, da war ich unvorbereitet, was den Film gleich nochmal besser gemacht hat. Das ist aber eine andere Geschichte, welche zu gegebener Zeit hier noch erzählt wird. Bei Tucker and Dale vs. Evil wusste ich im Ansatz und darüberhinaus, was mich erwarten würde. Und wirklich überrascht war ich dann demzufolge auch nicht. Es kam eine sehr unterhaltende Horror-Splatter-Komödie daher, welche mit der Zeit etwas an Reiz verlor. Es gab grandiose Lacher, doch ebenso lahmte Tucker and Dale vs. Evil an einigen Stellen gewaltig. Damit der Film aber ja nicht zu schlecht wegkommt, habe ich mir was ganz feines ausgedacht. Meine ganz persönliche Deutung, warum es denn in vielen Punkten gehapert hatte. Oh ja Freunde, macht euch bereit. Nach der Inhaltsangabe. Shazam!

Diese verdammten Hillbillys, zu gut deutsch Hinterwäldler. Alles verrückte Axtmörder, Psychopathen, kaltblütige Geisteskranke, die zurückgezogen in irgendeinem Wäldchen in irgendwelchem Bergen leben. So denken zumindest Chad (Jesse Moss), Alison (Katrina Bowden) und deren Studenten-Freunde, als sie das erste Mal Tucker (Alan Tudyk) und Dale (Tyler Labine) zu Gesicht bekommen. Die jungen Leute wollen einen entspannten Urlaub in einer ruhigen Wald- und Berggegend vollbringen, die Semesterferien und sich selbst feiern. Doch als sie unvorhergesehen an einer Tankstelle inklusive Lebensmittelgeschäft auf die beiden etwas debilen, aber eigentlich sehr zuvorkommenden und freundlichen Burschen Tucker und Dale treffen, bekommen sie es mit der Angst zu tun.

Man kennt ja diese Horrorfilme, in welchen eine Gruppe junger Studenten Opfer von rücksichtslosen und wahnsinnigen Hinterwäldlern werden. Untermauert wird diese These durch etliche Werkzeuge und Arbeitsutensilien, welche die beiden "Dorftrottel" während des ersten Annäherungsversuches durch Dale zu den Studenten und vor allem zu der bezaubernden Alison, in welche er sich doch glatt verguckt hat, auf die Ladefläche ihres Fahrzeuges packen. Kettensäge, eine überdimensionale Sense, ein oder zwei Äxte… Das alles macht der jungen Gruppe um Rädelsführer Chad gehörig Angst, sodass man beschließt, schnellstmöglich das soeben erworbene Bier zu verstauen und dann die Kurve zu kratzen.

Wie es der Zufall will, trifft man jedoch erneut auf die beiden „Psychopathen“ und muss mit ansehen, wie sie ihre Freundin Alison entführen. Zumindest in den Augen der Studenten. Denn eigentlich retten Tucker und Dale die hübsche Dame vor dem Ertrinken und versuchen dann, deren hysterischen Freunden mitzuteilen, dass diese in den Teich gefallen wäre und sie sich keine Sorgen machen müssten, weil Tucker und Dale zufällig zur Stelle waren und sie vor einem schlimmeren Schicksal bewahren konnten. Die Studenten halten aber nix von zuhören und rennen lieber panisch zurück in den Wald, so wie es sich für einen ordentlichen Horrorfilm gehört.

Tucker und Dale bringen die leicht verletzte Alison in Tuckers brüchiges und kürzlich in seinen Besitz übergegangenes Ferienhaus, welches er und Dale eigentlich übers Wochenende auf Vordermann bringen wollten. Als die Gerettete dort wieder zu Bewusstsein kommt, macht sich auch bei ihr schnell Panik und Angst breit. Bis sie jedoch erkennt, dass ihr Tucker und vor allem Dale überhaupt nix Böses wollen. Im Gegenteil, sie versorgen Alison und Dale kümmert sich liebevoll um sie. Von wegen aggressive Psycho-Mörder.

Wenn das doch auch nur die restlichen Studenten so sehen würden. Halb verzweifelt, halb entschlossen wollen sie um jeden Preis ihre Freundin aus den Klauen der geisteskranken Hillbillys befreien. Allen voran Chad, dessen absurdes und geisteskrankes Verhalten den jungen Studenten mehr Angst als Tucker und Dale machen sollte. Chad und Konsorten blasen zum Gegenangriff und dabei geht alles schief, was schief gehen könnte. Und Tucker und Dale wissen gar nicht wie ihnen geschieht und warum sich die jungen Leute auf einmal so komisch verhalten…

Es hat nur noch ein Stromausfall gefehlt. Alles war dabei. Sei es die sinnlose und unnötige Shaky-Cam-Aufnahme in den ersten 5 Minuten des Films, das Klischee der blutrünstigen und hohlen Hinterwäldler, eine junge Studententruppe, gefährliche elektrisch-mechanische Geräte wie Kettensäge oder Häcksler, ein typisches Horrorfilmfinale in einem alten, nicht mehr betriebenen Sägewerk und noch unzäh

lige andere Elemente, die selbst ich als dem Horrorgenre weniger zugeneigtem Menschen kenne und wo ich leicht in der Lage wäre, problemlos weitere Klischees aufzuzählen. Regisseur und zugleich Drehbuchautor Eli Craig hat wirklich so gut wie alles abgearbeitet, als hätte er eine Strichliste gehabt. Allein der äußerst gelungene Versuch, sämtliche Vorurteile des Horrorgenres zu persiflieren, macht Tucker und Dale vs. Evil sehenswert.

Aber jetzt erst einmal zu meiner vorherangekündigte Theorie zu den teileweise lahmen Stellen des Films. Ich denke, dass Eli Craig und sein Kollege Morgan Jurgenson, ebenfalls am Drehbuch beteiligt, ihren Film ganz bewusst so aufgebaut haben. Wie einen Horrorfilm halt. Dieses Konzept, das Horrorgenre auf die Schippe zu nehmen, bezieht sich also nicht nur auf geläufige Elemente und markante Momente dieses Genres, sondern auf das Ganze, des letztendliche Resultat, auf den gesamten Film. Und das ist den beiden gelungen. Ich fühlte mich während der Vorstellung des Öfteren gelangweilt, so wie es bei normalen Horrorfilmen in vielen Situationen der Fall ist. Das ist jetzt natürlich Auslegungssache, für manch anderen haben Craig und Jurgenson vermutlich es einfach verpasst, die Geschichte in vielen Momenten spannend zu gestalten. Mir gefällt meine Theorie aber besser. Durch diese Art der Parodie des Horrorgenres wird der Film viel amüsanter und subtiler, nicht so, wie vielen anderen Horrorkomödien, siehe den nächsten Absatz.

Wenn man einen Film wie Tucker und Dale vs. Evil mit anderen Horrorkomödien vergleicht, fällt einem schon einiges auf. Nehmen wir als Gegenbeispiel die Scary Movie-Reihe. Gott, ist die schlecht. Ein jeder findet diese Filme lustig, weil man sie sich immer mal wieder ansehen und darüber lachen kann. Jeder Film ist ein billigeres Gagreel als der vorherige, man versucht, klassische Horrorelemente ins lächerliche zu ziehen und ebenso klassische Horrorfilme zu parodieren. Dabei wird derart überzogen gearbeitet, dass es anfangs witzig, dann schlecht und wiederum witzig wird, weil es so schlecht ist. Bei Tucker and Dale vs. Evil ist das etwas anders.

Natürlich sitzt man im Kino uns sagt sich, wie schlecht und billig das da vorne bitte ist. Aber allein die realitätsnähere Vorstellung als der ganze Scary Movie-Quark hievt den Film auf einen ganz anderen Level. Der gesteckte Rahmen wird eingehalten und, Gott sei Dank, so lustig es auf den ersten Blick auch erscheinen mag, es gibt nun mal keinen verdammten Michael Jackson, der in irgendeinem Kinderzimmer sitzt und vor sich hin kichert. Diese plumpen, und, wenn es ein Wort gibt, welches als eine Steigerung von abgedroschen angesehen werden kann, so möge es hier eingesetzt werden, Witze fehlen zum Glück in Tucker and Dale vs. Evil. Natürlich gibt’s es auch hier abgedroschene Witze, aber hinter denen steckt weitaus mehr Köpfchen als in manch anderer Horrorkomödie.

Kommen wir zu den Darstellern. Treffend besetzt, mehr kann man dazu nicht sagen. Alan Tudyk als Tucker und Tyler Labine als Dale sind ein herrlich schräges Paar, Buddy Love at its best. Beide sind nicht die hellsten Leuchten, wobei man der Rolle des Tucker etwas mehr Intelligenz zumutet. Von ihm geht zumeist die Initiative aus und Tudyk (Ritter aus Leidenschaft, Todeszug nach Yuma) hat keinerlei Probleme, diese Figur glaubwürdig zu verkörpern. Labine (kennt man aus Reaper in der Rolle des "Sock") darf augenscheinlich den hohleren Part übernehmen, obwohl Dale gar nicht so dumm daherkommt, wie er in Wirklichkeit ist. Hinzukommt der liebevolle und gutherziger Charakter, welcher mit dermaßen hoher Grenzdebilität erst einmal gut gespielt sein möchte. Außerdem punkten beide Hauptdarsteller ungemein mit ihrer Körpersprachen und Mimik. Wie man so doof aussehen, sich verhalten und bewegen kann. Sehr gut.

Liest sich jetzt alles besser als es in Wirklichkeit ist. Oscarreif war da nichts. Aber bei solchen Filmen, die schnell mal unter den Tisch fallen, darf man den vermeintlichen Hauptdarsteller auch mal eine gute Leistung bescheinigen.

In der Gruppe der Studenten tun sich Katrina Bowden als die von Dale angehimmelte, wunderschöne Alison hervor, ihr Freund und geisteskranker Anführer der "College kids" Chad, gespielt von Jesse Moss und vielleicht noch die eine blondhaarige Zippe, die andauernd kreischend durch die Walachei rennt und definitiv zu viel Make-up trägt. Das fällt nun mal auf. Wie ihr Name ist? Woher soll ich den das wissen? Es handelt sich nun mal um Namenlose oder besser gesagt, um eine der üblichen Verdächtigen, die in Horrorfilmen immer das Zeitliche segnen. Tiffany, Brittany, Sarah, Brad, Chuck und wie sie alle heißen. Abermals perfekt persifliert von Eli Craig und Morgan Jurgenson. Jesse Moss spielt die Rolle des Chad vollkommen in Ordnung und zugleich grauenhaft schlecht. Das schieben wir jetzt nicht auf sein schauspielerisches Talent, sondern viel mehr auf die Regieanweisungen. Denn er musste so schlecht spielen. Und das war wiederum passabel. Ach ja, Katrina Bowden ist verdammt heiß. Ein echter Hingucker. Natürlich hat auch sie so eine stereotypische Rolle als Love Interest für Dale inne, nichts weltbewegendes, aber optisch von allerbester Güte.

Das Setting hätte passender nicht sein können, genauso erwartet man es in einem „billigen“ Horrorfilm. Schön abgeschieden von der Außenwelt, irgendwo in Kentucky, Missouri, Kansas oder wo auch immer, in irgendeinem dichten, modrigen Wald. Da, wo dich auf jeden Fall keiner schreien hört. Man kennt es ja nicht anders. Und dann darf man sich noch über clever eingesetzte Slow Motions amüsieren, von denen es vielleicht zwei oder drei gibt, welche aber unfassbar lustig und brilliant inszeniert sind. Ein auffällig fetter Pluspunkt.

Wo noch etwas mehr Luft nach oben wäre, ist der Grad der Radikalität, den ich gerne noch etwas exzessiver gesehen hätte. Und wenn ich mehr Radikalität sehen möchte, mag das was heißen. Dass die ganze Geschichte durchsichtig und voraussehbar war, ist ja nix neues. Aber man hätte ruhig noch mehr über die Stränge schlagen können. Vermutlich hätte man dafür auch mehr Studenten gebraucht. Und vielleicht wäre es den Machern von Tucker and Dale vs. Evil dann auch wieder zu abgedroschen geworden, wenn sie so um die 10 junge Menschen auf die absurdesten Weisen hätten umkommen lassen müssen. Aber so hätte es an einigen Stellen vielleicht auch nicht so gelahmt.

2.v.l.: Alan Tudyk. Rechts neben ihm: Tyler Labine. Ganz rechts: Regisseur Eli Craig

Dieser Kritikpunkt ließe sich jedoch wiederum mit der Prämisse umgehen, dass man doch eine wahre Horrorfilmparodie, in der es nun mal wie in so vielen Horrorfilm oft langweilig ist, machen wollte, was Eli Craig und Morgan Jurgenson definitiv geglückt ist.

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Fazit

Gelungen. Es ist kein Meilenstein der Filmgeschichte, wahrscheinlich auch nicht des Horrorgenres, aber man bekommt mit Tucker and Dale vs. Evil gute Unterhaltung geboten. So ein typischer DVD-Abend-Kumpel-Film á la Machete (Review) oder From Dusk Till Dawn (Review). Man kann mit Tucker and Dale vs. Evil nicht viel falsch machen und wenn man sich dann noch etwas mit den altbekannten Horrorfilmen unserer Zeit auskennt, fallen einem unheimlich viele witzige Details auf. Das es an manchen Stellen nicht wirklich vorangeht kann man dem Film anlasten, jedoch ist es immer noch angenehmer, als im Sekundentakt einen stupiden Gag nach dem anderen ertragen zu müssen. Da steckt in Tucker and Dale vs. Evil weitaus mehr dahinter. Es verwundert nicht, dass dieser Film beim Sundance Film Festival 2010 gut weggekommen ist und auch hier bei seiner Premiere auf dem Fantasy Filmfest 2010 (an dieser Stelle ein Veweis auf die Fantasy Filmfest Nights im März) gefeiert wurde. Ein origineller Film und eine schöne Abwechslung zu dem bekannten Comedy-Quatsch im Horrorgenre.

Wertung:

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Trailer


Dienstag, 1. März 2011

Bist du bei Facebook?

Review
The Social Network

Du hast es geschafft. Du schwefelst Millionen, Milliarden an Dollar. Du kannst dir alles leisten, du kannst dir alles und vor allem jeden kaufen. Der Weg dorthin war nicht leicht. Du musstest sprichwörtlich über Leichen gehen, um jetzt da zu stehen, wo du bist. Kolleteralschäden werden für deinen Erfolg selbstverständlich in Kauf genommen. Und dann hast du es geschafft. Du hast alles. Und wiederrum nichts. Eine Geschichte über den jüngsten Milliardär bis dato, Mark Zuckerberg, den Erfinder von Facebook, welcher in David Finchers The Social Network als wohl einer der reichsten, zugleich aber auch einer der ärmsten Männer unsere Welt dargestellt wird.

Was will der komische Bomme jetzt eigentlich? Warum schreibt der jetzt was über The Social Network? Das ist doch schon fast ein halbes Jahr her, warum zum Teufel kramt der das jetzt nochmal hervor? Berechtigte Fragen. Nun, zugegeben, ich hab vor gut zwei Wochen zum ersten Mal The Social Network gesehen. Eines der unzähligen urig-kleinen Kinos Berlins hatte es noch im Programm und ich wollte ihn schon ganze Weile lang sehen, kam nie dazu oder verschob ihn auf der Prioritätenliste immer wieder ein Stückchen weiter nach unten. Im Nachhinein eigentlich großer Quatsch.

The Social Network hat nicht umsonst bei den Golden Globes groß abgeräumt und wird von dem Großteil aller Kritiker sehr positiv bewertet. Ebenso sind die acht Nomminierungen für die Oscars gerechtfertigt. Ich bin außerordentlich froh, mir noch vor der Oscarverleihung 2011 The Social Network angesehen zu haben. Ich konnte den Hype um diesen Film wenig bis gar nicht nachvollziehen. Und ebenso wenig gehöre ich nachdem ich den Film gesehen habe jetzt der Fraktion an, welche The Social Network über alles anhimmelt. Für mich ist The Social Network ein unglaublich interessanter, cleverer Film und in vielen Situationen eine Art Charakterstudie des Protagonisten Mark Zuckerberg, beeindruckend durch den jungen Jesse Eisenberg wiedergegeben.

Einige werden mehr, andere werden weniger mit The Social Network anfangen können. Bei letzteren ließe sich wohl Mark Zuckerberg höchstpersönlich dazuzählen. Im Vorfeld des Films wurden im Hintergrund und selbst in der Öffentlichkeit so einige dreckige Schlachten geschlagen. Denn es ist wohl offentsichtlich, dass David Fincher mit The Social Network mehr oder weniger versteckt Kritik an etwaigen Neo-Kapitalisten und rücksichtslosen Egoisten der heutigen Wirtschafts- und Lebenswelt geäußert hat. Auch wenn man sich von solchen Vorwürfen desöfteren distanzieren möchte, um weiteren Rechtsstreitigkeiten in Sachen Verleudmung aus dem Wege zu gehen. Und wenn man sich The Social Network ansieht, dann wird diese anfangs noch als versteckte Kritik betitulierte zu einem Wink mit dem Zaunpfahl.


Doch bevor ich zur eigentlich Kritik komme, eine kurze Inhaltsangabe:

Mark Zuckerberg (Jesse Eisenberg) ist Student der Informatik an der Harvard University. Und er ist ein arroganter Kotzbrocken. Das sieht auch seine Freundin so und beendet die mehr anstrengende als liebevolle Beziehung zu dem engstirnigen, absolut von sich selbst überzeugten Rechenschieber-Virtuosen. Sei es aus der Enttäuschung oder Wut über diese Entwicklung heraus, setzt sich Zuckerberg spät nachts an seinen Rechner und programmiert die ihm gerade gekommene Idee einer Website, auf dem ein jeder die weiblichen Studenten der Harvard-Universität nach dem typisch männlichen Kriterium „Hot or not?“ bewerten kann. Hilfe bekommt er dabei durch den finanziell gut aufgestellten Wirtschafstwissenschafts-Studenten und zum derzeitigen Zeitpunkt Zuckerbergs bestem Freund Eduardo Saverin (Andrew Garfield). Die Sache kommt ins Rollen.

Und zwar ordentlich. Die Präsenz einer derartigen Internetseite, welche den Grad der Beischlafsattraktivität, um es galant auszudrücken, der Studentinnen Harvards ermittelt, stößt der Uni-Leitung und selbstverständlich auch den weiblichen Kommilitonen Zuckerbergs schwer auf's Gemüt. Nichtsdestotrotz verzeichent FaceMash eine wahnsinnig hohe Anzahl von Zugriffen in sehr kurzer Zeit. So werden die beiden Elite-Dandys und schweinereichen Kommilitonen Zuckerbergs, die Zwillingsbrüder Tyler und Cameron Winklevoss, (in etwas seltsamer Personalunion Armie Hammer und Josh Pence, dazu später mehr) auf diesen aufmerksam und beschließen Zuckerberg dafür anzuheuern, deren beider Idee eines sozialen Netzwerks der Universität Havard via Internet auf die Beine zu stellen.

Zuckerberg jedoch kocht sein eigenes Süppchen. Die Idee der Gebrüder Winklevoss sagt ihm nicht ganz zu, er verfeinert diese und fügt persönliche Ideen hinzu, sodass in kürzester Zeit TheFacebook online geht, ein soziales Netztwerk für sämtliche Studierende der Harvard-Universität, welches jedoch schon bald über die Grenzen dieser Fakultät hinausgeht und sich zu einem weltumfassenden Phänomen entwickelt. Eduardo Saverin steht Zuckerberg selbstredend zur Seite und schiebt immer wieder Geld hinterher, damit dass ganze Projekt auch am laufen bleibt.

Den Winklevosses gefällt TheFacebook und die Idee dahinter natürlich überhaupt nicht, sodass man sich später vor Gericht wiederfindet und Zuckerberg des geistigen Diebstahls beschuldigt. Und auch das Verhältnis von Zuckerberg zu Saverin fängt an zu bröckeln. Letzterer fühlt sich vom ersteren immer mehr ausgeschlossen und vermisst die Wertschätzung. Das kann vom natürlichen Neid Zuckerbergs auf Saverin her rühren, da Saverin kurz davor steht dem zukunftsweisenden Final Club der Harvard University beizutreten. Und wessen großer Traum war das wohl immer? TheFacebook wächst und wächst, außerdem gesellt sich der leicht narzisstische und aufdringliche Firmenmitbegründer von Napster, Sean Parker (Justin Timberlake), hinzu, was nur noch mehr Konfliktpozenial birgt, welches über kurz oder lang auf der Leinwand deutlich zu erkennen ist...

Jesse Eisenberg (fantastisch in Zombieland) ist ein Arschloch. Besser gesagt, er spielt eines. Ich hatte leider noch nicht die große Ehre, Mark Zuckerberg persönlich zu begegnen. Doch gleich zu Beginn von The Social Network wird dem Zuschauer klar, dass Mark Zuckenberg ein Arschloch ist. Wie unglaublich unhöflich und arrogant er allein in den ersten 10 Minuten des Filmes dargestellt wird, brennt sich dem Betrachter ins Gedächtnis, sodass man den ganzen Film über auch nicht vergisst, was Mark Zuckerberg für ein Typ ist. Das ist natürlich geschickt inszeniert von David Fincher, welcher sich ja auch nur an die Romanvorlage The Accidental Billionaires von Ben Mezrich hält. Inwiefern dies der Wahrheit entspricht, dazu möchte ich keine Vermutungen aufstellen. Festzuhalten ist jedoch, dass die Rolle des Mark Zuckerbergs klar definiert ist, Fincher spannt immer wieder den handlungsrelevanten Bogen zu dessen Eigentschaften und Jesse Eisenberg setzt das von ihm Gefordete sehr gut um. An dieser Stelle reichlich Lob an den Jungen, eine tolle schauspielerische Leistung.

Um es ehrlich einzugestehen, Eisenberg aka Zuckerberg macht The Social Network eigentlich auch komplett aus. Die Nebendarsteller dienen als Füllmasse in der Geschichte über einen jungen, äußerst intelligenten Computer-Nerd, welcher über Nacht Facebook gegründet hat. Füllmasse hört sich jetzt ziemlich negativ an, was jedoch nicht so verstanden werden sollte. Sämtliche Nebendarsteller machen eine gute Figur, allen voran Andrew Garfield als Eduardo Saverin, dem zum Ende hin ehemaligen CFO (Chief Financial Officer) von Facebook, von Anfang an Wegbegleiter von Zuckerberg, dessen menschgewordene Finanzspritze und Freund. Freund. Ein tolles Wort hinsichtlich The Social Network. Von denen ist Saverin aka Garfield nämlich einer der wenigen des Mark Zuckerbergs. Doch man erwartet es, dieses freundschaftliche Verhältnis geht schnell in die Brüche. Garfield spielt die Rolle des ambitionierten BWL-Studenten authentisch gut und gibt dessen innere Gefühlswelt während des gesamten Films sehr gut wieder, sodass der Zuschauer mit Leichtigkeit dessen stetige Gedanken wiedergeben könnte. Da freut man sich doch ein bisschen mehr auf The Amazing Spiderman, in welchem Andrew Garfield die Hauptrolle der freundliches Spinne aus der Nachbarschaft inne hat.

Justin Timberlake spielt auch mit. Und zwar als Mitbegründer der Internet-Musiktauschbörse Napster. Ich hatte so meine Probleme mit der Rolle, wobei ich anfangs Justin Timberlake selbst dafür die Schuld geben wollte, später dann aber mehr dem Charakter Sean Parker seltsam fand. Das liegt wohl daran, dass er auch ein Arschloch ist. Ich habe mich von Parker aka Timberlake persönlich richtig angewiedert gefühlt. So ein elender, profitgeiler Wurm. Deswegen muss man im Nachhinein Justin Timberlake eher noch ein kleines Kompliment für seine überzogene Darbietung machen.

Lasst mich noch Josh Pence und Armie Hammer erwähnen. Diese durften nämlich die beiden Zwillinge Tyler und Cameron Winklevoss verkörpern. Wobei verkörpern den Nagel auf dem Kopf trifft. Denn Josh Pence durfte Schulter abwärts Tyler Winklevoss mimen, sein Gesicht wurde später im Film durch das seines Kollegen Armie Hammer ausgetauscht, welcher die Rolle des Cameron Winklevoss spielt. Aber warum nur? Anscheinend wurde den Machern von The Social Network etwas zu spät bewusst, dass es sich bei den Gebrüdern Winkelvoss doch um eineiige Zwillinge handelt. Und natürlich wolle man so nah wie möglich an der Realität arbeiten. Der Cast stand aber schon und so ließ man sich diese etwas unkonventionelle, aber recht pfiffige Idee einfallen. Stellt euch vor, euer Angent ruft euch an und es hört sich ungefähr so an: "...Now, obviously these are identical twins. They're going to want to make them true to the story. In some way your face is going to be morphed..." Ulkig, aber keineswegs daneben. Es ist eine überzeugende Darbietung und die Geschichte dahinter macht es doch alles etwas süffisanter.

Ich will auch gar nicht so viel zu den Schauspielern loswerden. The Social Network an sich gibt ja so viel her. Allein über die Botschaft ließe sich ja stundenlang diskutieren und philosophieren, da jeder wohl andere Ideen und Gedanken zu diesem Film haben wird. Es ist die Geschichte über den Aufstieg eines jungen Menschen zu einem der reichsten Männer der Welt, allein auf seinen persönlichen Erfolg bedacht und rücksichtslos gegenüber Menschen, welche eigentlich seine Freunde sind. Ist das nicht wunderschön?

Die Academy Awards geben einem ja Recht, wenn man die schon beinahe faszinierende, auch wenn man den Pathos hinter diesem Wort nicht überbewerten sollte, Geschichte lobt. Gestern Abend durfte Drehbuchautor Aaron Sorkin für seine Umsetzung der Buchvorlage aus der Feder Ben Mezrichs den Oscar für das beste adaptierte Drehbuch mit nach Hause nehmen.

Auch Regisseur David Fincher gehört einiges an Anerkennung gezollt, seine Handschrift ist deutlich zu erkennen. Der Amerikaner, bekannt durch den Kultklassiker Fight Club und dem zahlreich oscarnomminierten und ebenso prämierten Der seltsame Fall des Benjamin Button aus dem Jahre 2008, baut in The Social Network so oft sehr beschauliche und clevere Elemente ein, sei es ein kurzer Exkurs in Sachen Rudern oder gar zwei Verhandlungen mit Klägern und Angeklagten welche immer wieder zwischengeschoben werden und näheren Einblick in das Gebilde Facebook, seinen Erfinder und dessen Verhalten geben.

v.l.n.r.: Jesse Eisenberg, Andrew Garfield, Justin Timberlake, Regisseur David Fincher

und Drehbuchautor Aaron Sorkin

Bis hier her liest sich diese Kritik recht schön und in keinster Weise negativ. Ich möchte auch gar nicht versuchen, auf Biegen und Brechen The Social Network etwas Schlechtes abzugewinnen. Für mich ist The Social Network ein grundsolider, unglaublich interessanter Film, der von einem guten Drehbuch, einer tollen Umsetzung durch den Regisseur und einem exzellenten Hauptdarsteller lebt. Was ich jedoch nie nachvollziehen konnte, war oder ist der Hype um den ganzen Film.

Vielleicht liegt's an dem überaus modernen, realitätsnahen Thema. Oder an der allgemeinen Schelte gegenüber rückgratslosen Egomanen á la Mark Zuckerberg, wobei man zu dessen Verteidigung natürlich sagen muss, dass wohl nur knapp 40 % des Inhalts der Romanvorlage The Accidental Billionaires der Wahrheit entsprechen soll.

The Social Network wird pausenlos gelobt und hat auch schon Unmengen an Filmpreisen eingeheimst. Aber in Anbetracht der Konkurrenz fällt er meiner Meinung nach ab. Das ist beileibe nichts verwerfliches, den die Konkurrenz war im Oscarjahr 2011 unfassbar gut. Trotzdem zirkulierte The Social Network immer sehr weit oben in den Augen der Kritiker, was ich zu einigen Zeitpunkten schwer nachvollziehen konnte.

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Fazit

Es hat den Eindruck, ich beende diese Kritik recht negativ, was die Qualität von David Finchers The Social Network schmälern würde. Da muss ich schleunigst die Kurve kriegen, den der Film gehört zweifelsohne zu den ganz Großen des Oscarjahres 2011. Drehbuch, Regie und Darsteller, allen voran Jesse Eisenberg in der Rolle des Mark Zuckerberg, sind verdammt gut und liefern gemeinsam einen sehr ansprechenden und klugen Film ab, der mit seiner Botschaft „You don't get to 500 million friends without making a few enemies“ dem einen oder anderen in unserer heutigen, modernen Welt der sozialen Netzwerke die Augen öffnet. Besonders dem jungen Publikum wird viel gegeben, da sich wohl der Großteil von diesem selbst in sozialen Netzwerken aufhält und bewegt. Ein toller Film, um die gesamte „Gefällt mir“- Gesellschaft kritisch zu betrachten und sich dieser desöfteren auch zu entziehen. Denn die virtuellen Freunde sind meistens nur Gesichter von Unbekannten, wo wir doch alle wahre Freunde haben, die uns viel mehr geben als plumpe Kommentare oder nervtötende „Likes“. Es ist überhaupt nichts schlimmes, bei sozialen Netzerken angemeldet zu sein, sie können nützlich und hilfreich sein. Doch man sollte es nicht übertreiben. Es gibt auch ein Leben ohne interaktive Benutzeroberfläche. Bin ich nicht ein fantastischer Moralapostel?

Mein Facebook-Profil war übrigens auf dieser Seite verlinkt. So viel dazu.

Das ist jetzt nicht mehr der Fall. Besser so.

Wertung:

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Trailer