The King's Speech
Bester Film, beste Regie, bestes Drehbuch, bester Hauptdarsteller. Und das mit Recht. The King's Speech ist der große Gewinner der Oscarverleihung 2011 gewesen und gehört definitiv zu den besten Kinofilmen des Jahres 2011. Neben der exzellenten Regie durch den aufstrebenden Tom Hooper und der interessanten sowie historisch nachgewiesenen Geschichte glänzt The King's Speech mit fantastischen schauspielerischen Leistungen, allen voran Colin Firth, welchem in diesem Meisterwerk wohl die schwierigste Rolle zufiel.
Was soll ich denn bitte schreiben? Dass der Film herausragend ist? Oder soll ich versuchen, The King's Speech etwas negatives abzugewinnen, um nicht wie jeder andere Kritik in unzählige Lobhudeleien zu verfallen? Doch letzteres geht nun mal nicht. Mir fällt absolut nichts ein, was ich persönlich an The King's Speech zu bemängeln hätte. Der Film ist einfach großartig.
The King's Speech habe ich ähnlich wie Black Swan oder True Grit sehnlichst erwartet. Demzufolge waren auch die von meiner Seite gestellten Erwartungen an den Film sehr hoch. Und diese wurden auch eingehalten. Das kommt nicht häufig vor, doch The King's Speech überzeugte mich in allen Belangen.
Der Film wurde schon vor und umso mehr nach den BAFTA Awards 2011 und Golden Globes 2011 gefeiert, die Chancen für einen Oscar stiegen ins Unermessliche. Wobei der ein oder andere natürlich nur einen Grund dafür sieht: Die Darbietung von Colin Firth. Er selbst sahnte als bester Hauptdarsteller ordentlich ab und ist unumstritten wohl einer der wichtigsten Faktoren für das generell sehr gute Abschneiden von The King's Speech in so gut wie allen Augen sämtlicher Kritiker.
Zum Inhalt:
Der Herzog von York (Colin Firth) hat ein Problem: Er stottert. Und das ziemlich übel. Gut, all zu oft tritt er nicht ans Mikrofon und spricht eher selten zu seinen Landsleuten, gerade auch weil er selbst weiß, welch große Schwierigkeiten ihm das bereitet. Doch als Angehöriger der britischen Krone und Sohn des amtierenden Königs George V. (Michael Gambon) gehört es sich nun einmal, sich dem britischen Volk gegenüber artikulieren zu können. Was für ein Bild würde es sonst auf das englische Adelsgeschlecht werfen?
Also werden sämtliche Fachmänner des Landes kontaktiert, um dem stotternden Königssohn zu helfen. Vergebens. Aber ist ja alles noch nicht so wild, denn der werte Vater sitzt ja noch auf seinem Thron und zudem kommt hinzu, dass sich der stammelnde Sohnemann Albert, bald König George VI., nur auf Platz zwei der Thronfolge befindet, sein älterer Bruder David aka Eduard VIII. (Guy Pearce) steht sowieso noch vor ihm.
Doch natürlich kommt es für Albert zur persönlich absoluten Katastrophe. Zu allererst stirbt sein Vater, König George V., was allein schon traurig genug und schwer zu ertragen ist. Bruder David soll zum neuen König gekrönt werden, doch gibt es hier das ein oder andere Problem, was nicht unwesentlich mit dem wohl weniger adligen Lebensstil von David und dessen Liaison sowie Heiratspläne mit einer bereits zweimal geschiedenen Amerikanerin zusammenhängt. Nach wenigen Tagen der Amtszeit als König tritt David auch schon wieder zurück, zu groß erscheint das Risiko, dem Image des englischen Adels Schaden zuzufügen. Und wer ist wohl jetzt der heißeste Kandidat für den Posten des Königs? Genau, der stotternde Bertie.
Besonders bei ihm macht sich angesichts der Tatsache, bald zum König gekrönt zu werden und wöchentlich zu seinem Volk sprechen zu müssen, Panik breit. Hinzu kommt die schnell heran schreitende Gefahr des Zweiten Weltkrieges, die deutschen Nationalsozialisten unter Führung Adolf Hitlers sind nicht nur für Europa, sondern für die ganze Welt eine große Bedrohung. In dieser brenzligen Situation braucht das britische Volk einen starken König, welcher ihnen überzeugend Mut und Zuversicht predigen kann. Eine Mammutaufgabe für den frischgekrönten König George VI. ehemals Albert, Herzog von York.
Seine Frau Elizabeth (Helena Bonham Carter) versucht ihm tatkräftig bei der Bewältigung dieser zu unterstützen und macht kurzerhand einen etwas eigentümlichen, aber allen Anschein nach sehr renommierten Logopäden (Geoffrey Rush) aus, welcher die Lösung für die Probleme ihres Gatten sein könnte. So beginnt die oft komische Behandlung des stotternden Königs und es entwickelt sich zwischenmenschlich weit mehr als eine gewöhnliche Beziehung zwischen Arzt und Patient…
Um es auf den Punkt zu bringen: The King’s Speech ist ein rundum gelungener Film, der ohne Zweifel zum Besten gehört, was man sich 2011 in den deutschen Kinos ansehen kann. Die Inszenierung ist klasse, die Darsteller sind perfekt ausgewählt und spielen ihre Rollen allesamt sehr gut bis herausragend, die historisch-biographische Bezug ist sehr interessant und die Prämisse, dass sich bei dem so feinen Adelsgeschlecht auch nur um Menschen handelnd, ergeben eine runde, sehenswerte und ausgezeichnete Geschichte, welche der ambitionierte Regisseur Tom Hooper zusammen mit seinen Schergen auf die Leinwand gezaubert hat.
Man ahnt was jetzt kommt. Ein Lobgesang auf Colin Firth, Geoffrey Rush, Tom Hooper und Konsorten. Obwohl ich derartig Offensichtliches vermeiden wollte, bleibt mir aber einfach keine andere Wahl.
Colin Firth ist ein toller Schauspieler. Nicht nur seit seiner Rolle als stotternder König in The King’s Speech, auch vorher wusste er in diversen anderen Rollen zu überzeugen. Nehmen wir zum Beispiel seine Darbietung in A Single Man. Hier forderten schon viele Kritiker, dass Firth für diese Rolle einen Oscar als bester Hauptdarsteller erhalten sollte. Doch Jeff Bridges machte ihm wiederum einen Strich durch die Rechnung. Er wurde 2010 für seine Rolle als abgehalfterter Countrymusik-Star in Crazy Heart mit dem Oscar ausgezeichnet. Aber hier konnte sich keiner beschweren, Bridges war in Crazy Heart ausgezeichnet und spielte definitv oscarwürdig. Ein kleiner Trost für Firth, sein Konkurrent war ihm nicht nur ebenbürtig, eventuell sogar etwas besser als er.
Bei der Oscarverleihung 2011 hieß es dann erneut Firth gegen Bridges. Ersterer mit dem Golden Globe 2011 für den besten Hauptdarsteller im Gepäck und der leisen Hoffnung, endlich den Oscar einzuheimsen. Letzterer unbestritten als eine der lebenden Hollywood-Legenden, der Dude, welcher letztes Jahr triumphierte und jetzt in der Rolle eines volltrunkenen Revolverhelden und Relikt vergangener Tage in True Grit ebenso berechtigte Chancen auf das kleine goldene Männchen wie Firth als stotternder König hatte. Aber dieses Mal war Colin Firth dran. Sandra Bullock fasste es gut zusammen, als sie Jeff Bridges fragte, ob er denn wirklich noch einen Oscar bräuchte (VIDEO, 1:18 Min). Er habe doch schon letztes Jahr gewonnen, frei nach dem Motto, er hätte es doch schon längst in den Olymp der Filmlegenden geschafft, jetzt sei doch mal jemand anderes dran. Oder Jeff?
Man merkte es jeden irgendwie an, Colin Firth sollte den Oscar bekommen. Ausgleichende Gerechtigkeit mag hier dem einem oder anderen in den Sinn kommen. Das wäre aber zu hart. Firth bekam den Oscar nicht, weil er im Vorjahr den Kürzeren zog. Er bekam ihn für eine fantastische schauspielerische Leistung. Und selbst ein Jeff Bridges wird ihm dafür gebührend Respekt zollen, auch wenn er gerne ein erneutes Mal mit dem Oscar ausgezeichnet geworden wäre.
Firth spielt in The King’s Speech eine schwierige und anspruchsvolle Rolle derartig gut, dass einem die Spucke wegbleibt. Dieses gekonnte Stottern zu erlernen und dann so umzusetzen stelle ich mir wahnsinnig schwierig vor. Zudem ist die Figur von König George VI. psychisch sehr labil, Panik und Angst sind sein ständiger Begleiter. Colin Firth schafft es diese Ängste und Sorgen perfekt darzustellen, authentischer kann man sich und seine Rolle wohl kaum präsentieren.
Authentizität ist ein Wort, dass im Zusammenhang mit The King’s Speech fabelhaft passt. Alles ist authentisch. Deswegen muss ich diesen Punkt auch als nächstes nennen, da mich diese Authentizität persönlich unglaublich begeistert hat. Der Rahmen hat gestimmt, das Szenenbild, die Darbietungen, Kostüme, das Gesamtbild war einfach in jedweiger Beziehung stimmig und authentisch. Für mich einer der größten Pluspunkte von The King’s Speech.
Geoffrey Rush hätte ich einen Oscar gegönnt. Für mich ein ganz großer Schauspieler. Als Lionel Logue, Logopäde, begeisteter Hobby-Schauspieler und behandelnder Arzt von George VI., später wohl bester Freund und stetiger Begleiter des Königs, präsentiert er sich in einer tollen Art und Weise. Irgendwie wunderbar menschlich. Ob Bauer oder König, in seiner Praxis ist ein jeder gleich. Dazu nimmt er nie ein Blatt vor dem Mund und avanciert zu einer der wichtigsten Personen im Leben von König George VI. Rush spielt das einfach klasse, leicht verschroben, aber verständnisvoll, ambitioniert und seinem adligen Patienten und Freund immer zur Seite stehend. Ein sehr guter Auftritt.
Helene Bonham Carter, Eheweib des Meister des Morbiden und Schauerigen, Tim Burton, mimt die Ehefrau, Queen Elizabeth I. aka Queen Mum, des stotternden Königs. Und auch sie hat mir sehr gut gefallen, auch wenn sie augenscheinlich im Vergleich mit ihren beiden männlichen Kollegen Firth und Rush weniger Screentime als die beiden hatte. Trotzdem, wenn sie zu sehen ist, spielt sie unheimlich subtil, immer etwas hochnäsig, wiederum aber auch sehr liebevoll und ähnlich wie Geoffrey Rush sehr verständnisvoll für ihren Gatten. Das war mehr als solide. Ein sehr gelungene Darbietung von Helena Bonham Carter.
Einen Schauspieler muss ich noch nennen: Timothy Spall. Kennt man wahrscheinlich am ehesten als Wurmschwanz aus der Harry Potter – Saga. Eigentlich hat Spall nichts Atemberaubendes in The King’s Speech geleistet. Ich persönlich fand ihn aber in der Rolle des Winston Churchill urkomisch. Ich will jetzt nicht schon wieder authentisch schreiben, aber die Darstellung von Churchill war unglaublich treffend, zugleich aber auch sehr zum Schmunzeln. Man kann es nur schwer erklären. Aber das sind solche Momente, die einfach hängen bleiben.
Tom Hooper wurde für die beste Regie mit dem Oscar ausgezeichnet, auch hier kann man guten Gewissens dieser Entscheidung zustimmen. Die Konkurrenz war erstklassig, doch Tom Hooper hat sich diese Auszeichnung verdient, obwohl man auch eingestehen muss, dass das auch für jeden anderen nominierten Regisseur in dieser Kategorie gegolten hätte. Was aber eindeutig für Tom Hooper spricht, ist wohl seine mangelnde Erfahrung, wenn es um große Kinoproduktionen geht. Vor The King’s Speech war er hauptsächlich als Regisseur für einfach britische Fernsehproduktionen tätig. Umso erstaunlicher, dass sein erster großer Hit ein derartiges Kaliber ist. In Tom Hooper schlummert gewaltiges Potenzial, von ihm werden wir hoffentlich noch die eine oder andere Perle zu sehen bekommen.
Zur Geschichte an sich ließe sich wohl nur eines sagen: Oscar für das beste Originaldrehbuch. Auch hier muss man dem Ober-Schreiberling David Seidler gehörig Respekt zollen. Das, was man zu sehen bekommt, hat sich wirklich so zugetragen und wurde durch mühevolle Recherche zu einer großartigen Story zusammengefasst. Realitätsnähe, historischer Bezug, komplexe Charakterstudien und vieles mehr lassen sich in der Geschichte um The King’s Speech finden. Wirklich sehr gute Arbeit des Drehbuchautors David Seidler.
v.l.n.r.: Regisseur Tom Hooper, Helena Bonham Carter, Colin Firth und Geoffrey Rush
Jetzt reicht's aber!
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Fazit
Doch eine Lobhudelei. Was soll ich denn machen? Ich kann doch keinen Film verreißen, nur weil jeder andere ihn supertoll findet. The King’s Speech ist nun mal ein verdammt guter Film. Es passt einfach alles. Schauspieler, Regie, Geschichte, das Drumherum, alles zusammen ergibt ein rundes Gesamtwerk, welches in der Filmwelt zu Recht mit viel Lob und reichlich Auszeichnungen überschüttet wird. The King’s Speech gehört definitiv zu den Filmen, welche man 2011 gesehen haben muss. Nicht sollte, muss. Also nachholen, falls man noch nicht im Kino war. Es ist einfach alles so authentisch…
Wertung:
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Trailer
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