Mittwoch, 7. September 2011

"Ich wollte schon immer eine Muskatnuss werden." - "Musketier. Es heißt Musketier..."

Review

Die drei Musketiere 3D


Die drei Musketiere. Wieder einmal. Mit der zigsten Adaption der unbestritten sehr erfolgreichen Romanvorlage von Alexandre Dumas möchte man augenscheinlich auch dem jüngeren Publikum die Geschichten rundum Athos, Porthos, Aramis und d'Artagnan näher ans Herz legen. Dafür wurde die Literaturvorlage von Regisseur Paul W.S. Anderson aufgefrischt und schwer "hollywoodilisiert" (wenn ich anmerken darf, eine fantastische Wortneuschöpfung meinerseits). Das Ergebnis: Großer Mumpitz. Quark. Oder eben Schund. Die drei Musketiere sollte man meiden.


Ja, Mantel-und-Degen-Filme hatten immer etwas sehr abteuerliches. Wie oft hat man sich als kleiner Bub selbst beim ausfechten etwaiger Duelle mit seinen Freunden erwischt, mit einem einfachen Stock in der Hand und lauthals "En Garde!" rufend? Damals haben solche Filme mit guten Degenkämpfen und "Einer für alle, alle für einen!"- Parolen bei mir gut funktioniert. Und es ist ja schon eine ganze Weile her, dass sich jemand an diesem Thema versucht hat. Filmfreunde in meinem Alter erinnern sich wohl noch vage an die Musketier-Vefilmung von 1993, unteranderem mit Charlie "The Drunkard" Sheen als Aramis (strenggläubig versteht sich), Kiefer "24" Sutherland als Athos und der einzigartige Tim Curry als Kardinal Richelieu. Oder der Mann mit der Eisernen Maske von 1998, wo man beim Cast noch eine Schippe drauflegen konnte, Größen wie John Malkovich, Jeremy Irons, Gérard Depardieu und selbstverständlich Leonardo DiCaprio gaben sich hier die Klinke in die Hand. Beides keine großartigen Filme, aber als Stift konnte man sich dafür halt begeistern.

Es ward also mal wieder an der Zeit einen Musketier-Film auf die Leinwand zu bringen. Und dem Zeitgeist entsprechend natürlich mit viel Getöse, CGI und 3D-Effekt. Als Vorbild sollte Dumas' klassische Vorlage dienen, man hole sich noch den ein oder anderen bekannten Highroller aus Hollywood mit ins Boot, denke sich etwas ganz revolutionäres in Sachen Storygestaltung aus und ließe sich am Ende des Tages von den Massen für einen jugendlichen, erfrischenden Film feiern. Lange Rede, kurzes Fazit: Quatsch mit Soße. Die drei Musketiere haben genau das geliefert, was ich erwartet hatte: Gar nichts. Von unzähligen Klischees über furchtbaren Schauspielerleistungen bis hin zu hanebüchenen Story-Geblubber, Die drei Musketiere gehört definitiv und wie bereits vermutet zu einem der schlechtesten Filme des Jahres.


Bevor ausgeteilt wird, zum Inhalt:

Europa, Anfang des 17. Jahrhunderts: Everybody's Darling Frankreich befindet sich mit so gut wie jeden anderen europäischen Staat im Krieg. Besonders gegenüber Langzeitkonkurrent England bestehen gefährliche Spannungen. Der König (Freddie Fox) kümmert sich nicht wirklich drum und hat eher die neueste Mode im Kopf, sein Land geht langsam aber sicher vor die Hunde. Hinzukommt der hinterlistige Kardinal Richelieu (Christoph Waltz), längst nicht mehr nur rechte Hand des Königs, sondern insgeheim schon der mächtigste Mann im Land. Und eben dieser Kardinal möchte die Sache jetzt natürlich auch zu Ende bringen, den amtierenden König ablösen und den französischen Thron besteigen. Und dafür intrigiert der  Kirchen-Oberguru fleißig. Zur Seite stehen ihm dabei die betörende Mylady De Winter (Milla Jovovich) und der eitle Herzog von Buckingham (Orlando Bloom), von denen sich aber keiner sicher sein kann, ob sie vom Kardnial nicht gegeneinander ausgespielt werden. Ja ja, alles ist arg verstrickt, keiner blickt mehr durch, keinem kann man vertrauen, Frankreich geht den Bach runter. Alles aus?

Mitnichten! Gott sei's gedankt, der mobile Einsatztrupp des Königs, die Musketiere, haben dolle was dagegen, dass der böse Kardinal sich so einfach das Land unter den Nagel reißt. Aber die guten Zeiten sind vorbei, Idealist Athos (Matthew Macfadyen), Glaubensbruder Aramis (Luke Evans) und Raufbold Porthos (Ray Stevenson) haben ausgedient, für die Musketiere ist in diesem Frankreich kein Platz mehr. Jedoch gibt es da einen jungen, vor Tatendrang geradezu sprühenden Springinsfeld, der selbstbewusste d'Artagnan (Logan Lerman), der von nichts anderes träumt, als ein Musketier zu werden. Und eh er sich versieht ist er auch schon eins und muss sogleich die ganze Nation retten. Null Problemo, denkt sich d'Artagnan, meine neuen Kumpels sind doch auch am Start, wir biegen das schon wieder grade und verhelfen Frankreich zu guten altem Glanz. Na dann...


Das war wirklich großer Quatsch. Ehrlich zugegeben, die ersten 20 Minuten sah das nach einem ganz guten Kostümfilm aus, der Charme alter Mantel-und-Degen-Filme kam ein wenig rüber. Ein lässige Spruch hier, ein bisschen Action da, ein gefälliger 3D-Effekt, vielleicht hatte ich den Film im Vorhinein doch falsch eingeschätzt... Nein, hatte ich nicht. Denn nach diesen gut 20 Minuten ging's steil bergab, wahrscheinlich sogar durch die Kruste gen Erdmittelpunkt. So viel Schwachsinn habe ich das letzte Mal bei Sucker Punch ertragen müssen. Die drei Musketiere macht eigentlich so gut wie alles falsch, kein roter Faden, massig viele Logiklöcher und durchschnittliche bis furchtbare Performances der Darsteller.

Punkt 1, Milla Jovovich ist, wenn man sich Die drei Musketiere anschaut, eine grauenhafte Schauspielerin. Ich fand sie eigentlich immer ganz nett, vor allem in Das fünfte Element. Das lag wohl auch daran, dass sie dort nicht sehr viel Text hatte. Für die Resident Evil-Reihe hatte ich nie viel übrig. Ihr Auftritt in Die drei Musketiere ist peinlich und verleitet zum Fremdschämen. Bei ihr kommt gar nichts rüber. Ähnlich präsentiert sich Orlando Bloom als aalglatter Herzog von Buckingham, viel zu overdressed, viel zu überzogen und auf einem seltsamen "Seht mich an, ich kann das genauso gut wie Johnny Depp mit seinem Jack Sparrow!"- Trip. Schrecklich.


Die Musketiere Matthew Macfadyen, Luke Evans und Ray Stevenson machen da schon einen besseren Eindruck, wenn auch ihre Darbietung durchschnittlich und äußerst monoton ist. Mit knackigen Onelinern kann man einen Film schon einmal auflockern, aber als Allheilmittel? Das funktioniert nicht. Hollywood-Beau Logan Lerman macht als d'Artagnan auf jugendlichen Herzensbrecher, lächelt immer wieder mal verschmitzt in die Kamera und darf den großen Helden mimen. Dröge. Christoph Waltz und Mads Mikkelsen hingegen tun mir leid, sie sind gnadenlos unterfordert und haben einen solchen Film eigentlich nicht verdient. Aber beide müssen ja selbst dafür unterschrieben haben. Der erstere zieht seine Hans-Landa-Nummer mit Häubchen auf dem Kopf ab, Mikkelsen hingegen dient in der Rolle des Rochefort als Sparringspartner für den heißblütigen d'Artagnan, darf selbstgefällig ein paar Kommentare abegeben und bleibt größtenteils blass. Ach ja, Til Schweiger spielt auch mit. Äh, genau...

Die Actionsequenzen sehen anfangs noch recht nett und unterhaltsam aus, wiederholen sich jedoch viel zu schnell. Zwar präsentiert sich der 3D-Effekt von alledem noch am besten, doch hilft es nichts, wenn man immer wieder das Gleiche zusehen bekommt. Besonders penetrant wirken die zahlreichen Slow-Motions, welche im Minutentakt über die Leinwand flimmern. Regisseur Paul W.S. Anderson (übrigens der Ehemann von Milla Jovovich, was somit ihre Besetzung erklären würde) musste wohl eine Art "Slow-Mo-Klausel" in seinem Arbeitsvertrag gehabt haben. Ansonsten kommt man sich teilweise wie auf einer Fashion-Week vor, was dem überzeichneten und metrosexuellen König von Frankreich geschuldet ist. Ja, die Kostüme sehen nicht schlecht aus, besonders die Damenwelt macht dank hochgesteckten Dekolletés einiges her (Pluspunkt. Ähem...), aber man kann es wie sooft in Die drei Musketiere auch übertreiben.


Abgerundet wir dies alles dann noch mit einer abstrus-absurden Story, die einen nur noch mit dem Kopf schütteln lässt. Man hätte buchstäblich etwas mehr down-to-earth arbeiten sollen, überladene Inszenierungen und irrationale Wendungen erledigen ihr übrigens. Mein Gott, da haben sie doch tatsächlich Luftschiffe mit eingebaut, welche als neueste Kriegswaffen irgendein Kräfteverhältnis auf den Kopf stellen sollen. Als hätten die Drehbuchautoren in einem Raum gesessen, grübelnd, welches bahnbrechende Feature diesen Musketier-Film von allen anderen unterscheiden soll und urplötzlich kommt da einer in den Raum gestürmt, brüllt laut "Luftschiffe!", die ganze Belegschaft bricht in unaufhaltsamen Jubel aus und wirft die Arme in die Luft. Anders kann ich mir das nicht vorstellen. Und das obligatorische "Einer für alle und alle für einen!" darf natürlich auch nicht fehlen. Gehört ja nun mal bei den Musketieren dazu.

Damit ist die Hasstirade komplett und ich am Ende. Dass Die drei Musketiere nicht gut wird, wusste ich. Trotzdem habe ich ihn mir angesehen. Spaß macht solch ein Kinobesuch mit einem guten Freund immer. Außerdem möchte ich ja auch andere vor diesem Film bewahren. Und noch etwas: Wenn vor dem eigentlichen Film eine Boygroup (in diesem Falle Take That) zu sehen ist, welche nochmal ordentlich Promo macht und auf ihren neuesten Hit, zeitgleich auch Titelsong des Films, am Ende Vorstellung hinweist, wäre das schon die erste Überlegung wert, den Kinosaal vorzeitig zu verlassen.

Logan Lerman aka d'Artagnan. Der Gesichtsausdruck kommt 
den meinigen während des Films recht nahe.
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Fazit

Bitte nicht ins Kino gehen. Die drei Musketiere gibt euch nichts und nimmt euch gut 10 €, 3D-Pauschale inklusive. Die Figuren sind allesamt äußerst monoton und fad, die Story ein großer Kübel voll Bockmist. Auch wenn ich gerade stark gegen diesen Film wettere, es hat seine berechtigten Gründe. Das, was man zu sehen bekommt, macht wirklich wenig Sinn. Zu Beginn vielleicht noch ganz interessant und vielsprechend, flacht Die drei Musketiere absolut ab und reiht sich somit in die Reihe der 0815-Blockbuster mit pompösen aber öden Actionmomenten, null Geradlinigkeit in Sachen Story und vermutlich trotzdem beachtlichen finanziellen Erfolg ein. Die Vorbereitungen für ein Sequel wurden schon getroffen, wir freuen uns alle darauf. Die drei Musketiere bekommt zu des Lesers große Überraschung von mir keine Empfehlung. Eher einen gigantischen "Vorsicht!"-Aufkleber. 


 Wertung:


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Trailer


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