Freitag, 27. Mai 2011

Everything's going to be okay

Review

Source Code

Achtung, es wird exklusiv. Meine Wenigkeit hatte diese Woche das große Glück einer wunderbaren Kino-Preview beizuwohnen und sich eine Woche vor Deutschlandstart den neusten Film vom Jung-Regisseur Duncan Jones anzuschauen. Source Code nennt sich dieser und kommt mit einer Menge Vorschusslorbeeren aus den Staaten über den großen Teich zu uns herübergeschwappt. Und in meinen Augen wird Source Code diesen definitiv gerecht. Warum ich euch Source Code empfehlen kann und jedem nah ans Herz legen würde.

Selten habe ich das Glück, bei einem Gewinnspiel auch wirklich etwas zu gewinnen. Obwohl, den einen oder anderen glücklichen Gewinn konnte ich schon einmal einsacken. Nichtsdestotrotz, meine Teilnahme-Ertrag-Quote bleibt miserabel. Umso glücklicher war ich, als ich eine E-Mail von einem hiesigen Onlinemagazin für Filme, Kino, Serien etc. bekam, in welcher doch stand, ich wäre herzlichst zur großen Preview von Source Code eingeladen.

Source Code. Da war doch was. Natürlich, überwiegend positive Kritiken, der neue Film von Duncan Jones, dem Macher vom grandiosen Moon. Der Trailer zu Source Code geistert schon längere Zeit durch das Netz, man kann sich sogar die ersten 5 Minuten des Films im Internet ansehen, auch wenn diese eher weniger aufschlussreich und mehr als Appetitmacher funktionieren.

Im Gegensatz zu meinen Begleitern wusste ich schon in etwa, um was sich Source Code drehen und was das eigentliche Phänomen des Films sein würde. Doch wusste ich genauso gut, dass sich ein Duncan Jones, begabt wie er ist, sicherlich etwas mehr ausdenken würde, als das, was ich gleich in einer kurzen Inhaltsangabe spoilerfrei widergeben zu versuche. Und so viel sei verraten: Das hat er. Source Code ist knifflig, fußt auf einer verdammt guten Idee und verlangt einfach von einem, sich nach der Vorstellung intensiv über den Film zu unterhalten.

Der Inhalt:

Man sieht einen Zug durch eine Vorstadt-Landschaft Chicagos fahren. Nichts besonderes so weit. In diesem Zug sitzen selbstverständlich Passagiere aller Art, Geschäftsleute, Studenten, Hausfrauen und so weiter. Unter diesen Passagieren befindet sich ein junger Mann (Jake Gyllenhaal), auf den sich die Kamera sofort fokussiert. Er wirkt schläfrig, liegt mit seinem Kopf an einem Fenster und scheint langsam zu erwachen. Ihm gegenüber sitzt eine junge Frau (Michelle Monaghan), die mit ihm redet und ihn zu kennen scheint. Doch er kennt sie nicht. Er sitzt planlos auf seinem Platz, wundert sich, wie er in diesen Zug gekommen ist und warum ihn die Frau gegenüber mit einem ihm unbekannten Namen anspricht. Sein Gesicht ist von Verwirrung gezeichnet und er versucht der jungen Damen zu erklären, dass er Cpt. Colter Stevens sei, eigentlich Helikopter-Pilot bei der Army ist und zum jetzigen Zeitpunkt in Afghanistan im Einsatz sein sollte. Sie lächelt ihn an und zeigt ihm seinen Ausweis, mit großem Erstaunen stellt Steven fest, dass sein Name Sean Fentress ist und er als Lehrer seine Brötchen verdient.

Stevens bzw. Fentress fühlt sich wie im falschen Traum, er reagiert über und hält alles für einen schlechten Scherz. Und als er auf der Toilette sein Spiegelbild sieht, ist er gänzlich verwirrt. Er weiß doch, dass er Cpt. Colter Stevens ist, warum sieht er im Spiegel das Antlitz des Mannes, welcher auf seinem vermeintlich Ausweis abgebildet ist? Die junge Frau versucht ihn zu beruhigen, redet auf ihn ein, doch er kann es einfach nicht nachvollziehen. In diesem Moment wird man Zeuge einer gigantischen Explosion, eine Feuersbrunst frisst sich durch den Wagon, das Bild wird ausgeblendet.

Das Bild wird wieder eingeblendet, man erkennt Colter Stevens, diesmal wirklich. Er befindet sich in einer merkwürdigen Konstruktion, ähnlich einer Kapsel. Er sitzt fest in einer Art Stuhl, der Gurt umschlingt ihn und schränkt seinen Bewegungsradius stark ein. Was ist hier los? Stevens wirkt erneut sehr verwirrt, als plötzlich eine Stimme ertönt und seine Aufmerksamkeit auf einen Bildschirm lenkt. Eine Frau in militärischer Uniform (Vera Farmiga) stellt ihm seltsame Fragen, Stevens weiß immer noch nicht, wo oben oder unten ist. Die Frau auf dem Bildschirm versucht ihm klarzumachen, dass es seine Aufgabe ist herauszufinden, warum der Zug explodiert ist, wo sich die Bombe befindet und wer für die Detonation verantwortlich ist. Eh er sich versieht, befindet sich Colter Stevens erneut im Zug, man sieht die gleiche Situation wie vorher, Stevens wirkt immer noch etwas perplex, doch wesentlich vorbereiteter. Jedoch detoniert die Bombe auch beim zweiten Mal, er erwacht erneut in seiner Kapsel und pocht auf vernünftige Erklärungen für das, was er gerade erlebt hat, wo er sich überhaupt befindet und was hier eigentlich abgeht.

Und diese folgen. Cpt. Colter Stevens befindet sich in einem für die amerikanische Regierung entwickelt Programm mit dem Namen Source Code, mit Hilfe dessen man in der Lage ist, bestimmte Situation in der Vergangenheit nachzuerleben. Dafür benötigt man einen physiognomisch annähernd identischen Körper (der Lehrer Sean Fentress) in dieser bereits geschehenen Vergangenheit, in welchen das Gegenstück, in diesem Fall Cpt. Colter Stevens, für exakt 8 Minuten schlüpfen kann. So hat Stevens die Möglichkeit, die 8 Minuten vor der Explosion selbst zu erleben und Bombe sowie Täter ausfindig zu machen. Sollte ihm das gelingen, kann er wertvolle Informationen sammeln, welche zur Verhinderung eines weiteren angekündigten Anschlags in Chicago beitragen würden. Jedoch kann er, selbst wenn es ihm gelingt, die Bombe zu entschärfen und den Attentäter zu überführen, die Explosion des Zuges und den Tod unzähliger Menschen nicht verhindern, da dies schon in der Vergangenheit passiert ist und er nur die vom Source Code geschaffene non-reale Parallelwelt, aber nicht die Wirklichkeit beeinflussen kann. Tricky.

Also wird Cpt. Colter Stevens immer wieder in den Source Code geschickt, um den Attentäter auf die Schliche zu kommen. Dabei verwischen immer wieder die Grenzen zwischen scheinbaren Realitität und Parallelwelt, Stevens Belastbarkeit und Loyalität zu den Vereinigten Staaten von Amerika, immerhin ist er Soldat und soll bzw. muss Menschenleben retten, werden auf eine harte Probe gestellt. Hinzukommt die junge Dame, Christina (Michelle Monaghan), welche ihm immer mehr ans Herz wächst und er gar versuchen möchte, sie zu retten, was aber antürlich nicht möglich ist, weil sie ja schon längst tot ist.

Doch nicht nur das beschäftigt den jungen Army Captain. Wie wurde er Teil des Source Codes, warum ist er diesem Projekt beigetreten? Warum verhält sich die Frau auf dem Bildschirm in seiner Kapsel so merkwürdig? Und was hat es mit dem deubiosen Erfinder des Source Codes, Dr. Rutledge (Jeffrey Wright) auf sich? Es gibt so einige Geheimnisse zu lüften und deren Antworten haben es in sich...

Vorsicht, gar nicht zu viel verraten. Duncan Jones hat anscheinend ein geborenes Händchen für ausgetüftelte Geschichten, Geheimniskrämerei und einen handfesten Twist. Es gibt genug Regisseure, M. Night Shyamalan sei als Beispiel genannt, welche ihre Filme mit überraschenden und unvorhersehbaren Wendungen füllen, doch Duncan Jones, übrigens Sohn von Pop-Legende David Bowie, beweist nun nach Moon mit Source Code, das er einfach ein Gespür für den einen perfekt gesetzten Twist hat.

Von der Art und Weise der Inszenierung ganz zu schweigen. Regisseur Jones lässt den Zuschauer oft im Ungewissen herumstolpern, bringt ihm zum Nachdenken und Überlegen. Und schlussendlich kann man sich auch mehr als angeregt über Source Code unterhalten, da der Film ein vielleicht sehr kurzweiliges, doch eben auch sehr ausgeklügeltes, intensives und für den einen oder anderen sehr verwirrendes Kinoerlebnis ist.

Wenn man sich den Trailer zu Source Code anschaut, erfährt man eigentlich alles über die Grundstory. Diese ist ab und an etwas schmalzig und machte ungefähr knapp nach der Hälfte des Films einen doch etwas langatmigen Eindruck, doch wird im letzten Drittel noch einmal richtig angezogen. Und das gefiel mir besonders gut. Die letzte halbe Stunde hat es einfach in sich, hier zeigt die Spannungskurve steil nach oben, der Zuschauer wird mit neuen Umständen konfrontiert und nochmal richtig vor den Kopf gestoßen. Das hat Duncan Jones fantastisch gelöst, Kompliment für diese überlegte und nachhaltige Inszenierung.

Natürlich tragen auch die Darsteller ihren großen Teil zu diesem sehr guten Film bei, jedoch steht in Source Code meiner Meinung nach keine Jake Gyllenhaal oder Jeffrey Wright oder sonstwer im Vordergrund, sondern einzig und allein die Idee. Denn die ist der Star des Films, wofür man auch Drehbuchautor Ben Ripley Respekt zollen muss, der vor Source Code keine nennenswerte Projekte vorzuweisen hatte.

Nichtsdestotrotz freue ich mich natürlich auch für einen Jake Gyllenhaal, von dem ich wirklich viel halte, dass er endlich wieder eine derartig packende Rolle verkörpern durfte, was ihm mehr als gelungen ist. Er spielt die Sache wirklich glaubwürdig und sehr überzeugend. Auch seine Kollegen stehen ihm in nichts nach. Jeffrey Wright macht sich super als verschrobener, geheimnisvoller Erfinder des Source Codes, Vera Farmiga merkt man ihre innere Zwiegespaltenheit förmlich an, ihre Mimik ist symptomatisch für den Gemütszustand ihrer Figur und Michelle Monaghan mimt den liebreizenden Love Interest. Bei der Besetzung passt es einfach.

Wenn sich Duncan Jones etwas vorwerfen lassen muss, dann sind es zwei Dinge. Erstens: Der etwas schmalzige Pathos. Keine Sorge, er übertreibt es nicht. Und natürlich bietet es sich an, wenn der Titelheld Soldat der Army ist und tausende Menschen das Leben retten kann. Manch einer mag vielleicht mit den Augen rollen, doch ist es in Source Code definitv nicht so explizit wie in anderen Filmen. Eher wirkt die Liebesgeschichte zwischen Gyllenhaal und Monaghan ein wenig aufgesetzt. Doch meiner Meinung verliert sich das mit der Zeit. Aber auch verständlich, dass manch einer seine Problemchen damit haben könnte.

Zweitens: Das Ende des Films. Besser gesagt, der Zeitpunkt. Schaut euch den Film an, Source Code bietet am Ende 2 oder 3 Szenen, nach denen Duncan Jones problemlos die Klappe fallen lassen und die Credits hätte einspielen können. Das ist in meinen Augen nicht weiter schlimm, weil das eigentlich Ende auch super ist, doch konnte man dem allgemeinen Tenor der Kinobesucher nach der Vorstellung entnehmen, dass sich so mancher an einer anderen Stelle ein wohlmöglichen besseres Ende hätte vorstellen können. Am besten ansehen und für sich selbst entscheiden.

Diesen beiden Punkten zum Trotz ist Source Code auf jeden Fall eine Pflichtveranstaltung für jeden Filmfan im Kinojahr 2011. Es ist spannend, es ist knifflig, es regt die grauen Zellen an. Und nehmt euch nach der Vorstellung genug Zeit, um üder den Film zu reden. Das funktioniert nämlich unheimlich gut.

Regisseur Duncan Jones

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Fazit

Meine Erwartungen wurden vollstens erfüllt. Ich bin sehr dankbar dafür, dass ich Source Code in der Preview sehen dürfte und empfehle ihn uneingeschränkt weiter. Duncan Jones avanciert zu einer meiner Lieblingsregisseure und bringt nach seinem Erstlingswerk Moon mit Source Code eine clevere, brilliant inszenierte und nachdenklich stimmende Geschichte in die Kinos. Die Idee dahinter ist einzigartig und außergewöhnlich, sodass viele wohl sehr verdutzt den Kinosaal verlassen werden. Auch wenn es den einen doer anderen Schönheitsfehler zu bemänglen gibt, ein Kinobesuch lohnt sich. Manch einer wird Source Code nicht viel abgewinnen können, da es für ihn auf den ersten Blick nicht viel Sinn macht, was meiner Meinung nach definitiv nicht stimmt. Eher sollte man Regisseur, Drehbuchautor und Crew reichlich Lob und Anerkennung schenken, eine derartig komplexe, komplizierte und zum Ende dem Kontext und Rahmen entsprechend sinnvolle Story entworfen zu haben. Bei mir hat es auch einen Moment gedauert. Für Source Code spreche ich eine glasklare Enmpfehlung aus.

Der deutschlandweite Kinostart ist am 02. Juni 2011.

Wertung:

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Trailer



Dienstag, 24. Mai 2011

Sparrow!

Review

Pirates of the Caribbean: On Stranger Tides

Disney lässt mal wieder Segel setzen. Pirates of the Caribbean, hierzulande als Fluch der Karibik bekannt, geht in die vierte Runde. Captain Jack Sparrow darf erneut in See stechen und sich auf die Suche nach dem sagenumwobenden Jungbrunnen machen. Dafür hat Produzent Jerry Bruckheimer einen neuen Regisseur verpflichtet, für den guten Gore Verbinski, Regisseur der ersten drei Teile, war das Ende der Fahnenstange erreicht. Jetzt sitzt Rob Marshall im Regiestuhl und soll versuchen, mit Pirates of the Caribbean: On Stranger Tides (Fluch der Karibik – Fremde Gezeiten) eine zweite Trilogie einzuleiten. Das gelingt phasenweise, doch offenbart der vierte Streich des Piraten-Franchises ebenso eine ganze Hand voll Schwächen.

Ich selbst bin großer Fan der Pirates oft he Caribbean-Saga. Der erste Teil (Pirates of the Caribbean: The Curse of the Black Pearl) hatte mich total vom Hocker gehauen. Das Genre des Piratenfilms wurde schlagartig wiederbelebt, mit der Rolle des Cpt. Jack Sparrow schaffte man einer der markantesten und wohl heute berühmtesten Filmfiguren. Mit den beiden Fortsetzungen PotC: Dead Man’s Chest und PotC: At World’s End (wurden in einem Zug hintereinander abgedreht) sollte dann die Erfolgsgeschichte weitererzählt werden. Das gelang, auch wenn es die einen oder anderen zum Teil auch berechtigte Unkenrufe gab, Teil 2 und 3 wurden im Vergleich mit dem ersten Teil abfallen, immer unübersichtlicher werden und schlussendlich wenig bis gar keinen Sinn mehr machen. Doch der Erfolg gab den Produzenten und Disney recht, insgesamt spielten die ersten drei Teile der Pirates of the Caribbean-Reihe weltweit über 2, 5 Milliarden US-Dollar ein.

Als 2009 der dritte Teil in die Kinos kam, dachten viele, dass nach diesem nun Schluss sei. Die Trilogie sei abgeschlossen. Denkste. Die Filme verkauften sich, waren sehr unterhaltsam, die Attraktionen in Disneyland waren der Reißer schlechthin, das ganze Franchise zahlte sich deftig aus. Also warum aufhören? Aus der Filmcrew stiegen einige aus, darunter bereits erwähnter Regisseur Gore Verbinski, Hollywood-Beau Orlando Bloom oder die liebreizende Keira Knightley. Doch der wichtigste von ihnen wahr im wahrsten Sinne Wortes nachwievor an Bord: Johnny Depp. Die Figur des Jack Sparrow sollte noch nicht zu Grabe getragen werden, den Machern und Depp lag diese Rolle sehr am Herzen, besonders letzterem, welche bei seiner Umsetzung und in seiner Darstellung absolute Narrenfreiheit genoss.

Also, auf geht’s, der Start einer neuen Trilogie, mit veränderter Crew und Rob Marshall als neuer Regisseur. Das Ergebnis feierte letzten Donnerstag, dem 19. Mai, seinen deutschlandweiten Kinostart und lockte wie schon die drei Teile davor unzählige Massen an Menschen in die Kinos. Natürlich, dem Ruf des legendären Cpt. Jack Sparrow kann man schwer widerstehen. Pirates of the Caribbean: On Stranger Tides ist unterhaltsam und amüsant, doch zeigen sich 8 Jahre nach dem ersten Teil leichte bis mittelschwere Abnutzungserscheinung, was viele Kinobesucher schon im dritten Teil PotC: At World’s End registrierten.

Zum Inhalt:

Aqua de Vida, das Lebenswasser, das bräuchte man. Dann hätte man keinen Sorgen mehr. Um den Jungbrunnen ragen sich einige dubiose Erzählungen, wo er sich befindet und wie es einem gelingt, durch einen Schluck des Wassers dieser Quelle seine Lebenszeit beträchtlich zu verlängern. Und natürlich wird man aufgrund solcher Geschichte hellhörig. So zum Beispiel auch unser allerliebster Klamauk-Piratenkapitän Jack Sparrow (Johnny Depp). Dieser hat es sich natürlich auch zum Ziel gesetzt, den Jungbrunnen aufzuspüren und von der Quelle zu trinken. Nichts leichter als das? Wohl kaum.

Sparrow hat nicht nur keine Crew, geschweige denn ein Schiff, mit dem er sein Ziel erreichen könnte, er bekommt es nämlich auch noch mit der britischen Obrigkeit in London zu tun und kommt hier zu einer eher von seiner Seite unfreiwillig geplanten Audienz bei King George II. Hierbei trifft er auf seinen ehemaligen meuternden 1. Maat und liebsten Gegenspieler Barbossa (Geoffrey Rush), welcher jetzt der britischen Krone dient und sich als offizieller Freibeuter seiner Majestät versucht. Nun denn, Jack Sparrow steht vor dem englischen König und was wird wohl das Thema sein? Richtig, der Jungbrunnen. Sparrow kennt anscheinend den Weg dorthin und soll das erquickende Lebenswässerchen für den beleibten King George besorgen. Passt Jack Sparrow eher nicht so gut, er handelt zumeist nach seinen Interessen und so flieht er aus dem königlichen Hause, nichtsahnend, dass ihm die britische Flotte von nun an auf Schritt und Tritt folgt.

Wieder zu den wichtigeren Dingen: Sparrow braucht Schiff und Crew, um zum Jungenbrunnen zu segeln. Da trifft es sich ganz gut, dass ein anderer Jack Sparrow in London gerade auf der Suche nach ein paar neuen Crewmitgliedern ist. Zwei Sparrows? Dem muss der wahre Jack Sparrow natürlich nachgehen. Nach kurzem Techtelmechtel stellt sich heraus, dass es sich bei dem zweiten Jack Sparrow um die hübsche Angelica (Penélope Cruz) handelt, eine Ex-Liebschaft Sparrows und rassiges Vollweib zu gleich. Auch sie sucht nach dem Jungbrunnen und schlägt dem guten Jack vor, man solle sich doch gemeinsam auf die Suche machen, immerhin hat sie ein Schiff.

Auf besagtem Schiff findet sich Jack Sparrow wenige Stunden auch wieder, doch gehört es nicht Angelica, sondern dem wohl gefürchtesten Piraten der Weltmeere, Blackbeard (Ian McShane) höchstpersönlich, welcher, wie es sich mit der Zeit rausstellt, der Vater Angelicas ist und ebenso nach dem Jungbrunnen geiert. Egal, Blackbeard ist gar nicht gut, Jack Sparrow passt das überhaupt nicht in den Plan, doch bleibt ihm keine andere Möglichkeit als Blackbeard den Weg zu zeigen, Sparrow‘s Leben hängt buchstäblich am seidenden Faden.

Zur gleichen Zeit sticht auch die britische Krone in Person Hector Barbossas in See, um die Verfolgung aufzunehmen und den Jungbrunnen vor Sparrow, Blackbeard und Konsorten zu erreichen. Doch auch noch eine weitere Partei schippert gen Aqua de Vida. Die Spanier und ihre Flotte steigen in das Wettrennen um den Jungbrunnen mit ein und so kommt es zum Dreikampf um das Lebenswasser, Jack Sparrow irgendwie mittendrin und voll dabei.

Da geht sie los die wilde Fahrt, den Sagen und alten Erzählungen über den Jungbrunnen hinterherjagend. Auf dieser abenteuerlichen Reise tummeln sich so einige absurde Gestalten, seien es die okkulten Zombie-Offiziere Blackbeards oder die wunderschönen und zugleich garstigen sowie extrem gefährlichen Meerjungfrauen, welche in der Umsetzung des Rituals des Jungbrunnens eine wichtige Rolle spielen…

Wie bereits geschrieben, es war unterhaltsam. Es machte schon wieder Spaß, den ollen Jack Sparrow über die Leinwand schlendern und rumtunten zu sehen. Die Rolle ist nachwievor wie gemacht für Johnny Depp, er lebt Jack Sparrow. Und so macht Depp das wie gewohnt markant und komisch, wohl bewusst, dass sich wieder einmal alles um seine Rolle dreht und er den absoluten Mittelpunkt der Geschichte darstellt. Kein Vorwurf, die Umsetzung war wie auch in den Teilen davor sehr gelungen und einmalig.

Doch fällt einem schon auf, was der Verlust von handlungsprägenden Rollen wie denen Keira Knightleys oder Orlando Blooms ausmacht. Alleine Geoffrey Rush schauspielert wieder was das Zeug hält. Der Mann ist einfach überragend, seine Rolle des Hector Barbossas entsprach wohl nie seinem eigentlichen Anspruch, doch ist es schön zu sehen, dass Rush soviel Enthusiasmus in seine Vorstellung legt.

Ganz ehrlich, der Rest der Darsteller interessiert einen nicht wirklich. Gut, Penélope Cruz und Ian McShane muss man zwangsläufig noch erwähnen. Besonders erstere, weil sie noch am ehesten wahrgenommen wird. Als direktes Gegenstück Jack Sparrows und Love Interest in Personalunion, fällt sie mit einem schönen Antlitz, ein paar Wortgefechten und ein wenig Säbelrasseln auf. Sie schafft es ab und an den Fokus von der Figur des Jack Sparrows zu ziehen, doch überwiegen ihre Mitläufer-Momente. Ian McShane ist eigentlich saucool, doch kommt Blackbeard in meinen Augen zu kurz. Nicht von der Screentime her, sondern von der Charakterentwicklung. Doch die Fluch der Karibik-Reihe ist ja nicht aufgrund ihrer tiefsinnigen Charakterentwicklung bekannt geworden.

Ansonsten hat man noch den guten alten Master Gibbs, verkörpert von Kevin McNally, oder eben das neue Liebespaar, der Kleriker Philip (Sam Claflin) und die Meerjungfrau Syrena. (Astrid Berges-Frisbey, mit garantiert echten Brüsten) Absolut nix weltbewegendes, McNally war wie immer grundsolide, die eine oder andere Weisheit auf den Lippen, Sam Claflin fande ich gar nicht so schlecht und Astrid Berges-Frisbey (Frisbey?) musste eh nur gut aussehen , was man an der grauenhaften Synchronisation feststellen konnte. Wir werden sie in den nächsten Teilen sicher wiedersehen. Ob das auch für Rolling Stones - Legende Keith Richards gilt, wird sich zeigen. Auch in PotC: On Stranger Tides hat er seinen sporadischen 2-Minuten-Auftritt als Jack Sparrows Erzeuger.

Doch, es war unterhaltsam. Und das ist wohl das oberste Gebot bei Pirates of the Caribbean. Schlicht, aber rasant choreographierte Kampfszenen, amüsante Dialoge, komische Einzelaktionen und eine Über-Performance Jack Sparrows sind dabei. Das macht Spaß und bringt einem zum Schmunzeln. Richtig ernst nimmt man die fantastischen Geschichten um den exzentrisch-grotesken Captain Jack Sparrow eh nicht mehr, man bekommt, was man erwartet, einfaches, unterhaltsames Popcorn-Kino.

Und das in 3D. Doch hätte man sich dieser Effekt auch sparen können. Wie bei jedem nachbearbeiteten Film, wo man noch schnell die 3D-Schablone drübergelegt hat, stellt sich auch nach PotC: On Stranger Tides die Frage, ob das nötig gewesen ist. Dreimal ragt ein Säbel aus der Leinwand hervor, die Räumlichkeit der Szenen geht in Ordnung, doch ist wohl der mindeste Anspruch eines 3D-Films. 3D-Effekt ok, aber einfaches CGI-2D oder IMAX-Format hätte es wohl auch getan.

Ich muss zugeben, PotC: On Stranger Tides hat mich als Fan der Reihe ein wenig enttäuscht. Mir persönlich gefielen bzw. gefallen die ersten drei Filme besser. Eine neue Trilogie wollte man einleiten, einen kleinen Cut machen, neuer, guter, fähigen Regisseur, neues Glück. Aber irgendwie war es einfach too much. Der Film ist vollgestopft mit allerlei Krams, oft werden Dinge kurz angerissen, kurz abgehandelt und schon steht das nächste Kuriosum auf der Liste. Die Ideen waren ja nicht schlecht, doch hätte man hier und da etwas zurückfahren können, wenn nicht sogar müssen. Als Beispiel seien die Spaniern genannt, welche wirklich absolut keine Rolle spielen. Die hätte man getrost weglassen können. Doch Dreikampf um den Jungbrunnen klingt nun mal besser.

Diesem umfangreichen und halbgaren Ausmaßen ist es wohl auch zu verdanken, dass mir ein paar Wow-Momente gefehlt haben. Die Fluch der Karibik-Reihe wurde von Film zu Film hanebüchener und fantastischer. Die Handlung und deren Sinn rückte immer mehr in den Hintergrund. Damit kam ich zurecht, es war nun mal einfach nur pure Unterhaltung. Doch gab es in den vorangegangen drei Filmen diese Mein lieber Scholli-Moments, Szenen, die sich eingeprägt haben, sei es der 15 minutenlange Säbeldreikampf in Teil 2 zwischen Jack Sparrow, William Turner und Norrington (Jack Davenport) plus Elizabeth Swan und zwei Piratentrottel gegen Davy Jones (Bill Nighy) schuppiges Piratenpakt, der einfach nur kurios, komisch und packend zugleich war. Oder das große Finale in Teil 3, Black Pearl gegen die Flying Dutchman, mitten im Maelstrom, sowas vergisst man nicht. Und was nehme ich aus Teil 4 mit? Vielleicht die verrückten Meerjungfrauen, die sich widerspenstig Sparrow, Blackbeard und Co. Zu Wehr setzen. Tut mir leid, für mich war einfach keiner dieser Wow-Momente dabei, es plätscherte alles nur so vor sich hin. Schade.

Noch kurz zur Synchronisation: Wie ja einige wissen, synchronisierte nicht wie in den vorangegangen Teilen Marcus Off Johnny Depp, sondern sein Kollege David Nathan. Dieser war auch ursprünglich als eigentliche Stimme Jack Sparrows eingeplant. Warum es nicht dazu kam, Off ihn ersetzte und wiederum für den vierten Teil erneut durch David Nathan ersetzt wurde, kann man HIER noch einmal nachlesen. Mein Punkt ist jener, dass viele protestierten, da man nur Marcus Off als offizielle Synchronstimme Depps bzw. Sparrow billigen würde. Und man merkt in PotC: On Stranger Tides auch den Unterschied. Doch in meinen Ohren verwischt dieser mit der Zeit. Und wenn man sich wirklich arg darüber aufregen sollte, kann man sich den Film immer noch im Originalton ansehen. Und dann wird einem auch erst bewusst, was Johnny Depp eigentlich für ein grandioser Cpt. Jack Sparrow ist. Savvy?

Allen negativen Aspekten zum Trotz verkauft sich PotC: On Stranger Tides wie warme Semmeln. Mit einem rekordverdächtigen Umsatz von über 90 Mio. US-Dollar verzeichnete man den besten US-Kinostart des laufenden Jahres, gleiches gilt für Deutschland, wo am ersten Wochenende über 13 Mio € einspielte. Insgesamt nahm man weltweit über 346 Mio. US-Dollar am ersten Kino-Wochenende von PotC: On Stranger Tides ein. Mit den Worten des Hollywood Reporters the top international debut off all time. Disney und seine Produzenten schaffen unterhaltsames Familienkino, immerhin ist der Film in Deutschland ab 12 Jahren freigegeben. Dem Vorwurf, nur noch möglichst viel Geld scheffeln zu wollen, müssen sich die Produzenten machen lassen, doch wird sie das eh nicht wirklich kratzen. An den paar Plotholes wird sich keiner stören, und wenn ist’s auch egal, es gehen immer noch genug Leute ins Kino. So auch ich. Und ich werde mir bestimmt auch Teil 5 und 6 anschauen. Im Kino. Für mindestens einen Zehner.

v.l.n.r. Cruz, Marshall, Claflin, Berges-Frisbey, Bruckheimer, Rush, Depp, McShane

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Fazit

Der 0815-Kinogänger klatscht in die Hände, der Fan schaut sich’s sowieso an und die erwartungsvollen unter diesen werden wohl etwas enttäuscht sein. Pirates of the Caribbean: On Stranger Tides ist unterhaltsam und komisch, Johnny Depp aka Jack Sparrow ist unverkennbar und immer für einen Lacher gut. Die Geschichte ist simpel, die Nebenfiguren bis auf Geoffrey Rush aka Hector Barbossa eher nebensächlich und der ganze Film ist mit sehr viel Schnickschnack vollgestopft, der sich wie sooft an und über der Grenzen des Sinnvollen abspielt. Nichtsdestotrotz, PotC: On Stranger Tides kann auf jeden Fall Laune machen und den Kinobesucher unterhalten. Getreu nach dem Motto: What you see is what you get. Die (finanzielle) Erfolgsgeschichte wird weitererzählt, doch hoffe ich als kleiner Fan der Reihe auf eine deutliche Steigerung in Teil 5 und 6. Normalerweise ist das in Teil 4 nämlich zu wenig. Aber es ist nun mal Captain Jack Sparrow. Klar soweit?

Wertung:

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Trailer




Mittwoch, 18. Mai 2011

Gifted with his legendary height, strength and skill with an ax...

Preview

Abraham Lincoln – Vampire Hunter

Ich bin keine Leseratte. Im Gegenteil, Bücher haben mich selten interessiert. Das hat sich zwar seit mehr als einem halben Jahr geändert, doch reichen die während dieser Zeitspanne von mir gelesenen Bücher niemals aus, um mich zum jetzigen Zeitpunkt als Bücherfreund zu bezeichnen. Doch bin ich vor geraumer Zeit auf einen interessanten Schmöker gestoßen. Fiktives Fantasy-Gedöhns, ein Genre, was auch eher am Allerwertesten vorbeigeht. Aber jenes Buch hatte etwas Besonderes, etwas derartig Abstruses, dass ich mir es einfach mal auf gut Glück beim Online-Warenhaus meines Vertrauens bestellte und kurze Zeit später sehr begeistert war. Die Rede ist von Seth Grahame-Smith‘s Abraham Lincoln – Vampire Hunter. Und es kommt ein Film basierend auf dem Buch heraus. Und ich freue mich unheimlich drauf.

Eigentlich kam ich ja nur zu dem Buch, weil ich irgendwo im Netz mal davon gelesen hatte, irgendein Typ wollte einen Film machen, in welchem Amerikas beliebtester Präsident Abraham Lincoln auf Vampirjagd geht. So ein Schmonsens. Ich las natürlich weiter und stolperte über die Romanvorlage. Hoch gelobt wurde sie, in den Top Ten eines prestigeträchtigen New Yorker Literaturmagazins vertreten und mit einer begeisterten Leserschaft.

Buch kaufen? Für mich? Wann soll ich es denn überhaupt lesen? Hab doch eh keine Zeit für. Egal, in den Warenkorb, ich bin neugierig. Außerdem reizt mich die englische Sprache, Abraham Lincoln – Vampire Hunter gibt’s eh nur dieser zu erwerben, was soll’s.

Der Inhalt sei ganz kurz geschildert. Das Buch dreht sich um, der Titel verrät’s, Abraham Lincoln. Man könnte es als eine Art verschrobene und fiktive Biographie beschreiben. Der Erzähler berichtet vom facettenreichen Leben des Abraham Lincoln, als Kleinkind, heranwachsender Jugendlicher, vom jungen bis zum fortgeschrittenen Erwachsenenalter, sowie von dem auf ihn verübten Attentat durch John Wilkes Booth am 14. April 1965, infolgedessen Abraham Lincoln ums Leben kam.

Der Haken an der ganzen Geschichte ist aber, sei es nun ausgedacht oder eben nicht, dass der kleine Abe in jungen Jahren in Berührung mit garstigen Vampiren kam. Und diese haben auch seine geliebte Mutter auf dem Gewissen. Fortan wird also das Leben des Abraham Lincoln erzählt, wie er Rache für dessen Mutters Tod nehmen will, seltsame Bekanntschaften schließt, trainiert und seinen Körper stählt, unzählige Pflöcke schlitzt und selbstredend den ein oder anderen Vampir den Garaus macht. Diese spaßigen Tätigkeiten ziehen sich durch das komplette Leben Lincolns, vom einfachen Landburschen bis hin zum Präsidenten der Vereinigten Staaten.

Autor Seth Grahame-Smith hat sich eine extrem gewiefte und erstaunlicherweise auch recht schlüssige Geschichte ausgedacht. Natürlich handelt es sich um reine Fiktion, auch wenn Grahame-Smith das ein oder andere Hintertürchen offenließ. Ob geheime Briefe, welche das wahre Leben Abraham Lincolns offenbaren oder komplexe Verschwörungstheorien, Seth Grahame-Smith spielt mit dem Leser und gestaltet sein Roman sehr spannend, sowie geist- und ideenreich. Mehr Sein als Schein? Selber lesen!

Besonders überzeugt er mit seiner sehr bildhaften Sprache bzw. Schrift. Man kann beim Lesen von Abraham Lincoln – Vampire Hunter wirklich aufgehen und sich jede Situation oder Szene perfekt vorstellen. Es wirkt einfach sehr dynamisch und lebendig, wie gemacht für’s Kino.

Und Hollywood lässt dann auch nicht lange auf sich warten. Es mehrten sich die Gerüchte einer Verfilmung von Abraham Lincoln – Vampire Hunter, man hatte Gefallen an den Arbeiten von Seth Grahame-Smith gefunden. Auch sein erster großer Erfolg Pride and Prejudice and Zombies kam bei den Filmemachern an, Natalie Portman sicherte sich mitunter die Produktionsrechte und wird aller Voraussicht nach auch irgendwann die Hauptrolle in der zombiereichen Verfilmung des Romans besetzen, für welchen sich Autor Seth Grahame-Smith an Jane Austen's Klassiker Pride and Prejudice (Stolz und Vorurteil) orientierte und diesen etwas untoter gestaltete.

Abraham Lincoln – Vampire Hunter gefiel den Leuten. Besonders den Amerikanern, welche gerne mit ansehen möchten, wie eine ihrer Staatsikonen sich axtwerfend und um sich schlagend durch Vampirhorden meuchelt. Ein „ordentliches“ Biopic über einen der einflussreichsten und bedeutendsten Präsidenten Amerikas ist schon lange in der Mache, Steven Spielberg, Señor Spielbergo höchstpersönlich, beschäftigt sich mit dem Thema, hat schon die eine oder andere Info gestreut und arbeitet eifrig an dem Projekt (Info 1, Info 2). So wollte er erst Liam Neeson für die Rolle des Abraham Lincoln, doch der fühlte sich zu alt dafür ("I'm past my sell-by date."). Jetzt ist es Daniel Day-Lewis geworden. Auch super. Aber stellt euch mal vor, Liam Neeson als gealterter Abe in Abraham Lincoln – Vampire Hunter, die Blutsauger aufmischend wie in Taken (96 Hours)? Das wäre zu schön. Aber träumen darf ja mal erlaubt sein. Zurück zum Thema.

Abraham Lincoln – Vampire Hunter zeigt den Protagonisten gänzlich anders, als man ihn kennt. Und das macht die Geschichte so stark. Hier kann man richtig viel rausholen. Ich bete für eine gelungene Filmadaptionen, bitte nicht zu viel Hollywood, bitte nicht zu viel Michael Bay - Krachwumms. Der kasachische Filmemacher Timur Bekmambetov wurde vor einiger Zeit als Regisseur bestätigt, Seth Grahame-Smith wird als Drehbuchautor (schrieb unter anderem mit an The Hard Times Of RJ Berger oder Tim Burton's Dark Shadows) fungieren. Besonders das macht mir gute Hoffnungen, Grahame-Smith schreibt sein eigenes Buch filmtauglich und hat bei der Produktion des Streifens seine Hände mit im Spiel. Das kann sich positiv, aber auch negativ ausüben, jedoch glaube ich, dass Grahame-Smith sein Roman sehr am Herzen liegt und eine missratende Filmumsetzung tunlichst vermeiden möchte.

Bekmambetov kennt man als Regisseur der russischen Independent-Filme Wächter der Nacht und Wächtes des Tages oder den eher bekannteren Wanted. Im russischsprachigen Raum hat er keine unwesentlich kleine Fanbase, seine Filme verkaufen sich. Mit Wanted konnte er einen Schritt nach vorne machen, sein Bekanntheitsgrad stieg an, auch wenn der Film eher zwiespältig bewertet wurde. Jetzt versucht sich der ambitionierte Kasache (geb. in Guryev) also an Abraham Lincoln – Vampire Hunter und wird dabei vom Autor der Romanvorlage tatkräftig unterstützt. Tim Burton und seine Produktionsfirma finanzieren eifrig mit und der eher unbekanntere Cast steht auch schon eine Weile. Namen wie Mary Elizabeth Winstead (Scott Pilgrim cs. The World, Stirb Langsam 4.0), Dominic Cooper (An Education), Benjamin Walker (Flags of our Fathers), Rufus Sewell (The Tourist, Ritter aus Leidenschaft) oder Alan Tudyk (3:10 to Yuma, Tucker & Dale vs. Evil) sagen einem jetzt nicht viel, doch handeld es sich weitesgehend um eine zwar junge, doch recht erfahrene Schauspielerriege, die sich bei Abraham Lincoln – Vampire Hunter die Klinke in die Hand geben wird.

Zwischenzeitlich gab es auch immer wieder Gerüchte, dass ein namenhafter Schauspieler für Abraham Lincoln - Vampire Hunter verpflichtet werden könnte. Namen wie Eric Bana in der Rolle des Abraham Lincoln (Quelle), Joaquin Phoenix (Quelle) oder Tom Hardy (Quelle) als Henry Sturgess, eine wichtig Figur in Grahame-Smiths Buch, geisterten durch's Netz. Doch Pustekuchen, keiner von denen sprang mit an Bord. Ein bisschen schade, gerade auf Joaquin Phoenix hätte ich mich gefreut, da er ja eh nur noch selten bzw. überhaupt nicht mehr vor der Kamera zu sehen ist und ich eigentlich sehr viel von ihm halte. Sei's drum, die längst gecasteten jungen Mädels und Burschen sind keine Laien, vielleicht schafft einer bzw. eine von ihnen so den Durchbruch.

Bilder vom Set

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Bleibt abzuwarten, was Bekmambetov und Co. aus der ganzen Sachen machen werden. Die Beteiligung von Autor Seth Grahame-Smith macht mir gute Hoffnungen. Natürlich kann der Schuss derbe nach hinten losgehen, doch ist auch eine Menge Potenzial vorhanden to blow f****ing minds away. Der Roman ist hart und unverblümt, exzessiv und gnadenlos, gewaltätig und rigoros . Das muss auch auf die Leinwand transformiert werden. Bekmambetov ist ein kein 0815-Regisseur, ich traue ihm diesen Schritt zu. Und ich wünsche mir, dass er sich ebenso traut. Betrachtet man seine vorangegangen Filme, gibt es wenig Grund daran zu Zweifel. Die Besetzung ist jung und talentiert. Zwar ist kein großer Name dabei, doch brauch man nicht immer einen solchen, um einen guten Film zu machen. Zur Zeit wird in New Orleans gedreht, Kinostart in Amerikanien soll der 22. Juni 2012 sein, in Deutschland ist es der 16. August 2012. Vormerken.

PS: Es gibt zwar schon einige Bilder vom Set, doch einen Trailer zu Abraham Lincoln – Vampire Hunter gibt’s es noch keinen. Bis auf jenen hier, welcher jedoch als eine reine Promo-Aktion für Seth Grahame-Smiths gleichnamigen Roman diente.

Vollständigkeitshalber, bitteschön.


Samstag, 14. Mai 2011

Imagine This

Review

Nowhere Boy

Auch wenn dieser Kinobesuch eine ganze Weile her ist, zu dem Film Nowhere Boy muss ich einfach ein paar Worte verlieren. Und da es sich um einen sehr interessanten und guten Streifen handelt, fällt es mir nicht so schwer, mich an Nowhere Boy zu erinnern. Nowhere Boy ist ein wunderbar biographischer Film über den jungen John Lennon und seine ersten Versuchen im Musikgeschäft. Dabei stehen die emotionale und oft sehr stimmungsvolle Inszenierung, sowie der junge Hauptdarsteller Aaron Johnson im Mittelpunkt. Orientiert hat sich Regisseurin Sam Taylor-Wood an dem durchaus erfolgreichen Roman Imagine This: Growing Up With My Brother John Lennon von Julia Baird, Halbschwester John Lennons.


Eigentlich interessieren mich The Beatles überhaupt nicht. Natürlich kennt man den einen oder anderen Hit der englischen Pop-Ikonen. Doch ist es weder meine Zeit noch mein Musikgeschmack. Nicht falsch verstehen, die Beatles haben zu ihrer Zeit eine fantastisch e melodische und musikalische Arbeit abgeliefert, doch mich interessieren sie schlicht und einfach nicht.

Nichtsdestotrotz, die Beatles sind Kult und haben Abermillionen Menschen rund um den Globus begeistert und gehören definitiv zu den Klassikern unserer Pop-Musik. Besonders John Lennon tat sich aus dieser Riege talentierter Musiker hervor. Ja ja, Paul McCartney auch, ich weiß. Aber John Lennon war ein Rebell, ein aufrührerischer Charakter, frei Schnauze raus, wie’s ihm gerade passte. Nicht flegelhaft, eher ehrlich und unausweichlich. Und mit einem unfassbaren musikalischen Talent gesegnet. Umso tragischer war das auf ihn verübte Attentat am 08. Dezember 1980, bei welchem er tödlich verwundet wurde und infolgedessen verstarb.

Doch lebt sein Mythos nachwievor weiter. Oft wird er zitiert, sein Konterfei prägt Plakate, selbst im Fernsehen kann man ihn heutzutage sehen. Auch Regisseurin Sam Taylor-Wood scheint ein gewisses Interesse an jenem John Lennon zu haben. So machte sie sich nämlich daran, einen autobiographischen Film über den in Liverpool geborenen Springinsfeld zu machen. Dabei legte sie ihren Fokus auf den John Lennon im Teenager-Alter. Also keine Plizkopffrisuren und keine Yoko Ono. Nicht schlimm, denn Nowhere Boy ist ein richtig gutes Biopic über einen jungen aufbrausenden, aber oft auch missverstandenen Rocker.

Zum Inhalt:

John (Aaron Johnson) ist ein ganz schöner Chaot. Um Regeln schert er sich nicht, Vorschriften sind ihm ein Gräuel, er nimmt das Leben wie es kommt. Auf Schule hat er keinen Bock, er hängt lieber mit seinen Freunden ab, stellt den hübschen Mädchen seines Heimatortes nach und genießt stundelang Musik im Radio. Dass das seiner Tante Mimi (Kristin Scott Thomas) weniger gut gefällt, ist wohl offensichtlich. Egal, sein Onkel George (David Threlfall) sieht das ganz locker, für John ist dieser wohl der einzig vernünftige Erwachsene den er kennt. Umso schlimmer ist wohl dessen plötzlicher Tod, den John überhaupt nicht gut verkraften und infolgedessen er in eine tiefere Sinnkriese verfällt.

Doch nicht nur das beschäftigt den Jungen. John ist in einem Alter, in dem er kurz vor seiner persönlichen Unabhängigkeit steht. Er trifft nun seine eigenen Entscheidungen, ist sein eigener Herr. So denkt er zumindest. So entscheidet er auch für sich selbst, endlich seine wahre Mutter aufzufinden. Seine Tante Mimi, die Schwester seiner Mutter (Anne-Marie Duff), nahm John im jüngsten Kleinkindalter auf und verbot ihm, je nach seiner Mutter zu fragen. In der Beziehung der beiden Schwestern liegt auf den ersten Blick einiges im Argen. Doch das kümmert John nun nicht mehr, er sucht seine leibliche Mutter auf.

Und diese ist natürlich voll aus dem Häuschen. Ihre Freude ist riesengroß, ebenso ergeht es John. Sie kann ihr Glück kaum fassen, will sogleich so viel wie möglich Zeit mit ihren heimgekehrten Sohnemann verbringen. Und auch John gefällt es bei seiner Mutter, am liebsten würde für immer bei ihr bleiben und nie wieder zu seiner strengen Tante Mimi zurückkehren.

Langsam wird John bewusst, woher seine Begeisterung für Musik hat. Seine Mutter hört ähnlich fanatisch den Rhythmen und Klängen von Schallplatten oder im Radio zu. Durch sie kommt er auch zu seinem ersten Musikinstrument, einem Banjo. John übt und übt, er spinnt große Pläne über seine Zukunft als Rockstar zusammen. Schon bald stellt er eine eigene Band auf die Beine, The Quarrymen, hat erste Auftritte und eigene Groupies.

Doch so sehr ihm die Musik Spaß macht, so sehr erkennt man seine innere Zwiespältigkeit. Am liebsten wurde nur noch auf seiner Gitarre rumklimpern, welche ihm übrigens seine Tante Mimi geschenkt hat, ebenso würde er am liebsten nur noch bei seiner Mutter sein. Doch diese kämpft mit psychischen Problemen, verfiel selbst einst dem Drogenkonsum. John liebt seine Mutter, doch kann er immer noch nicht nachvollziehen, warum sie ihn als kleinen Jungen verlassen hatte. Die Dreiecksbeziehung seiner Tante, Mutter und ihm selbst spitzt sich immer mehr zu, vermag anfangs als ein wirkliches Happy End auszugehen, wird dann jedoch durch einen schweren Schicksalsschlag erschüttert, welcher Mimi und John wohl von allen am schlimmsten trifft…

Ich bin ja ein großer Fan von biographischen Filmen. Ich finde es immer unheimlich interessant, wenn eine bekannte Persönlichkeit und ihr wahres Leben auf der Leinwand präsentiert werden. Und ich war sehr angetan, als ich Nowhere Boy im Kino sah. Nowhere Boy ist lebhaft, amüsant, dynamisch, emotional, traurig und zu guter Letzt wie sooft schön mitanzusehen. Auch wenn es Hier und Da etwas mühseelig vorangeht und seine Zeit braucht, in Fahr zu kommen, handelt es sich bei Nowhere Boy um einen sehenswerten Film.

Der Film punktet vor allem mit seiner Komplexität seiner Figuren. Die Protagonisten John, sein Tante Mimi und seine Mutter Julia bringen so viel mit sich, dass der Zuschauer sehr interessant deren Verhalten und Verhältnis zueinander verfolgt. Die Dialoge sind oft sehr stark, übermitteln die Intentionen der handelnden Figuren gut und porträtieren deren Charaktere und Gemütszustände sehr überzeugend.

Auf weitere Filme mit Aaron Johnson freue ich mich ungemein, denn in Nowhere Boy hat er sein großes Schauspieltalent unter Beweis gestellt. Die Rolle des jungen John Lennon ist nicht leicht, sie ist umfangreich und sehr emotional, doch ebenso auch sehr selbstverliebt und paradoxerweise selbstsicher sowie im nächsten Moment wieder sehr verunsichert. Johnson muss einen jungen Menschen in seiner Findungsphase verkörpern, den Übergang vom Jugend- zum jungen Erwachsenenalter meistern. Das gelingt ihm mit Bravour, eine wirklich sehr gute schauspielerische Leistung.

Auch Kristin Scott Thomas und Anne-Marie Duff. in den Rollen der beiden Schwestern, Tante Mimi und John’s Mutter Julia, überzeugen auf ganzer Linie. Auch ihre Charaktere sind äußerst komplex, sie spielen ihre Rollen sehr überzeugend und emotional mitreißend. Man könnte ihre Figuren mit Yin und Yang vergleichen, sie haben zwar auf den ersten Blick die unterschiedlichsten Charaktereigenschaften, ziehen sich jedoch gegenseitig an und haben eine besondere geschwisterliche Beziehung zueinander. Und beide wollen nur das Beste für John. Ein guter Auftritt der beiden britischen Schauspielerinnen.

Die zwischenzeitlichen Musikeinlagen lockern die Stimmung immer wieder auf und es macht Spaß, dem jungen John Lennon und seinen Quarrymen beim musizieren zuzusehen. Und wenn dann noch die jugendlichen Abbilder von George Harrison (Sam Bell) oder Paul McCartney (Thomas Brodie-Sangster) dem ungestümen John Lennon und seiner Band beitreten, dann gefällt einem die Dynamik dieser überaus begabten, jungen Musikern sehr gut.

Generell kann man Regisseurin Taylor-Wood attestieren, dass sie sich sehr gut an die wahre Vorlage und Roman gehalten hat. Authentisch und glaubwürdig präsentiert sie ihren jugendlichen Hauptdarsteller. Die Schnitte und Kameraeinstellungen sind gut, die Musik kommt in einem Film über einen Musiker nicht zu kurz, ebenso wenig überlädt Talyor-Wood ihren Film mit zu vielen musikalischen Einlagen. Sie fand den perfekten Mittelweg und schuf eine interessante und sehr bewegende Geschichte über einen der wohl begnadesten und missverstandensten Musiker unserer Zeit.

Viel zu viele Menschen. Haben alle mitgespielt. Im güldenen Kleid: Regisseurin Taylor-Wood

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Fazit

Ein sehr sehenswerter Film. Man bekommt eine klassische Coming-Of-Age-Story zu sehen, welche dank komplexer Figuren, guten Dialogen und glaubhafter sowie realitätsnaher Inszenierung einen Kinobesuch bzw. Kauf einer DVD/Blu-ray lohnend macht. Vielleicht wirkt es ab und an etwas zäh und langatmig, doch relativieren die gut konstruierten Charaktere diesen Kritikpunkt. Denn kommt Nowhere Boy einmal ins Rollen, entwickelt er sich zu einem sehr dynamischen, emotionalen und bewegenden Film. Auf jeden Fall einen Blick wert.

Wertung:

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Trailer


Montag, 9. Mai 2011

Sie ist eben eine waschechte Dolly

Review

Winter's Bone



Grau und trostlos sieht’s hier aus. Heruntergekommene Hütten, auf den Grundstücken ist reichlich Plunder verteilt, man hört ein paar Hunde bellen, doch sonst ist alles still. Es bedrückt einen. Alles bedrückt einen. Winter’s Bone gehört zu den besonderen Kinofilmen dieses Jahres und ist definitiv einen Kinobesuch wert. Regisseurin Debra Granik leistete mit ihrem ersten großen Film ganze Arbeit und zeichnet eine Atmosphäre, die Ihresgleichen sucht. Winter’s Bone – Eine Empfehlung.

Winter’s Bone läuft ja schon seit Ende März in unseren Kinos und tut sich wie es so oft Filme dieser Art tun ziemlich schwer. Verständlich, denn Sozialdramen haben in Deutschland keinen guten Stand. Und so kommt es, dass Winter’s Bone langsam wieder aus den deutschen Kinos verschwindet. Da hilft auch keine Oscarnomminierung als bester Film oder für Jennifer Lawrence als beste Hauptdarstellerin bzw. John Hawkes als bester Hauptdarsteller.

Ich selbst hatte Winter’s Bone schon länger auf dem Schirm. Spätestens nach der Bekanntgabe der Oscarnomminierten 2011 wurde ich neugierig. Denn da tummelte sich neben den großen Produktionen wie Inception, Black Swan, True Grit oder The Fighter eben auch jenes Winter’s Bone. Das Internet gab Aufschluss und ich entschied für mich, dass ich diesen Film auf jeden Fall noch sehen muss. Ähnlich ging es mir bei Biutiful und hier zahlte sich der Kinobesuch wirklich aus.

Also suchte ich mir ein kleines Kino in Berlin und wurde auch kurze Zeit fündig. In einem urigen Kino-Kabarett-Hybrid-Theater lief Winter’s Bone, drei Euro für Studenten, Kommilitone geschnappt und in den beachtlich gemütlichen „Kinosaal“ gesetzt.

Gut 90 Minuten später lief dann der Abspann von Winter’s Bone und ich war ziemlich angeschlagen. Irgendwie ein wenig gebeutelt und sehr bedrückt. In Winter’s Bone werden nicht viele Worte gewechselt, es wird auch nur das nötigste gezeigt, vieles bleibt dem Zuschauer selbst überlassen. Die Atmosphäre hinterlässt ihre Spuren, nicht einmal schwankt sie um ins Positive, man wird dauerhaft deprimierenden Bildern ausgesetzt. Und am Ende, so paradox es auch klingen mag, ist Winter’s Bone doch auf seine ganz eigene Art und Weise ein schöner Film.

Eine kurze Inhaltsangabe:

Missouri, irgendwo im nirgendwo der Vereinigten Staaten von Amerika. Die kalten Wintermonate sind angebrochen, die Bäume kahl, die Luft kühl. In jener hügeligen, trost- und farblosen Landschaft leben, oder besser gesagt hausen, tatsächlich Menschen. Im amerikanischen Volksmund als Rednecks oder Hillbillys verschrien, Hinterwäldler würden wir sie nennen. Man erkennt baufällige Häuser, ranzigen Schuppen, zerlegte Autos in den Höfen der Bauten und marode Scheunen. Ein paar Hunde lechzen über die Grundstücke, sonst ist keine Menschenseele zu sehen.

In dieser Einöde lebt die 17jährige Ree Dolly (Jennifer Lawrence) zusammen mit ihrer kranken Mutter und ihren beiden jüngeren Geschwistern. Der Vater ist mal wieder verschwunden, doch er wird schon wieder auftauchen. Er taucht immer auf. Ree kümmert sich um ihre depressiv-gestörte Mutter und erzieht ihre beiden Geschwister so gut wie es geht im Alleingang. Ab und zu bekommt sie Hilfe von den Nachbarn. Schließlich ist man eine große Familie, auch wenn vielleicht nur entfernt verwandt, hier muss man zusammenhalten.

Jedoch tut sich kein unwesentliches Problem auf. Ree und ihrer Familie droht die Obdachlosigkeit, da sie vermutlich ihr Haus verlieren werden. Woran liegt das? Ihr Vater verpfändete das Grundstück plus anliegenden Wald, um die Kaution für seine Haftstrafe zu bezahlen. Jedoch tauchte er wenige Tage nach seiner Entlassung nicht bei seiner Gerichtsverhandlung auf. Wenn er sich innerhalb einer Woche nicht meldet, geht das Grundstück und Haus der Dollys an die Pfandleiher. Ree ist sich dem Umstand bewusst, dass das Haus noch das einzige ist, was ihr und ihrer Familie geblieben ist. Sie muss ihren Vater finden, sonst verlieren sie alles.

Also begibt sich Ree auf die Suche nach ihrem Erzeuger. Sie klappert sämtliche Möglichkeit ab, wird jedoch jedes Mal sehr forsch abgewiesen. Selbst ihres Vaters Bruder (John Hawkes) verhält sich ihr gegenüber sehr abweisend und auffällig. Ree’s Misstrauen in die sonst so verschworene Nachbarschaft wächst zunehmend. Auch ist sie sich dessen bewusst, dass ihr Vater kein Heiliger war, im Gegenteil, er verdient sich sein Lebensunterhalt mit der Herstellung und den Vertrieb von Crystal Meth und allerlei anderer Drogen. Doch ist dies keine Seltenheit in dieser Gegend, jeder hat ihr Dreck am Stecken.

Und auch wenn die Hoffnung, ihren Vater noch lebend zu finden, minütlich schwindet, gibt Ree nicht auf. Selbst der Fund ihres Vaters Leiche könnte ihr und ihrer Familie helfen und den Verlust ihres Hauses abwenden. Doch niemand mag der hartnäckigen Ree helfen. Auch wenn ein jeder beteuert, er oder sie wüsste nicht, wo sich ihr Vater aufhalten könnte, ihre Gesichter sagen etwas anderes. Immer in Gedanken bei ihren Geschwistern begibt sich Ree auf eine gefährliche Suche nach Antworten, um das Geheimnis des Verschwindens und wohlmöglichen Tod ihres Vaters aufzuklären…

Die Atmosphäre in Winter’s Bone ist einfach einzigartig. Und hier liegt auch die größte Stärke des Films. Sie erzeugt Unbehagen, Schauer und den Wunsch, schnellstmöglich von diesem einsamen Ort irgendwo in Missouri wegzukommen. Durch diese gekonnte Inszenierung der 48jährigen Regisseurin Debra Granik wird man gebannt und gefesselt. Auch wenn man sich eher zurücklehnt und sich einem ein mulmiges Gefühl auftut, man folgt dem Film bedingungslos.

Hier kommt der zweite sehr gute Aspekt von Winter’s Bone zum Tragen. Der Film ist unheimlich spannend, und das auf einer ganz eigenen Art und Weise. Keine Hollywood-Spannung, wo alle fünf Minuten droht irgendeine Bombe hochzugehen. Eher subtil, langsam bahnt sich die junge Ree ihren Weg durch die zahlreichen Geheimnisse der eingefleischten Hinterwäldler-Gemeinschaft. Schritt für Schritt geht es voran, behutsam möchte man meinen, doch im nächsten Moment wirkt alles auf einmal sehr intensiv und unmittelbar. Sehr gut gemacht.

Eigentlich kann man sämtlichen Darstellern ein Lob aussprechen. Wieder einmal ist Authentizität das Schlagwort und diese wird auch perfekt übermittelt. Die Performance ist glaubenswürdig und lebensnah, obwohl ich auch zugeben muss, dass ich mir (zum Glück) noch kein eigenes Bild von jenen Hinterwäldlern und ihrem Lebensstil machen konnte. Doch in Winter’s Bone wirkt es nun mal sehr echt und nah an der Realität.

Jennifer Lawrence und John Hawkes muss ich aus der Besetzung herauspicken. Beiden kommen gewichtigere Rollen zu, gerade der jungen Lawrence. Sie verkörpert die 17jährige Ree Dolly und präsentiert sich fabelhaft. Fabelhaft hört sich jetzt sehr blumig an, eher das Gegenteil ist der Fall, sie muss durch den Dreck waten, viel einstecken und eine kleine Odyssee bewältigen. Jennifer Lawrence gefiel mir in ihrer Rolle sehr gut, rigoros und zu allem bereit. Gut, bis auf in einer Szene vielleicht. Diese bleibt hier unerwähnt, wer sich den Film ansieht wird erkennen, welche ich meine. Auch wenn sie hier doch nicht zu allem bereit erscheint, ist auch hier ihr Auftreten sehr packend und überzeugend.

John Hawkes spielt Teardrop, den Onkel von Ree und den Bruder ihres verschollenen Vaters. Seine schauspielerische Leistung ist erwähnenswert, da Hawkes' Rolle äußerst komplex ist, doch ebenso sehr subtil und ruhig gespielt werden muss. Da gelingt ihm überaus gut. Sowohl John Hawkes als auch die vorher genannte Jennifer Lawrence haben sich ihre Oscarnomminierungen für dieses Jahr verdient gehabt.

Das größte Problem Filme solcher Art ist es meistens, den Zuschauer über die gesamte Dauer des Streifens zu fesseln. Und auch in Winter’s Bone gibt es die eine oder andere Stelle, wo es sehr zäh vorangeht. Für die einen ziehen sich solche Szenen zu sehr in die Länge, für die anderen gehört das einfach zum gepflegten Spannungsaufbau. Ich bin in solchen Fällen immer sehr kulant mit den Filmemachern (siehe Biutiful), doch ist es ebenso verständlich, dass sich einige Menschen daran stören.

Ein weiterer Punkt ist wohl die Wortlosigkeit von Winter’s Bone. Vieles wird dem Zuschauer überlassen, Granik arbeitet mit viel Subtext und Interpretation. Mir gefällt es, da dadurch der spannungsvollen Atmosphäre zugearbeitet wird. Aber auch hier ist es wiederum nachvollziehbar, wenn sich einige Zuschauer aufgrund jener Stille langweilen. Die Geschmäcker sind eben verschieden. Zum Glück.

Mich hat Winter’s Bone sehr beeindruckt, ich kann die wenigen negativen Aspekte des Films verkraften, denn der Streifen hinterlässt auf mich einen sehr nachhaltigen und Eindruck.

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Fazit

Winter’s Bone empfehle ich jedem, der sich mal ein etwas spezielleres Kino zutraut. Die Atmosphäre ist einzigartig und die Charaktere sowie Inszenierung sehr glaubhaft und authentisch. Debra Granik's Film hinterlässt einen gewissen Eindruck, zum einen ein sehr bedrückendes Gefühl, zum anderen eine Art von Erleichterung. Jennifer Lawrence gefiel mir in ihrer ersten großen Hauptrolle sehr gut, ihre Darbietung macht Lust auf mehr. Gleiches gilt für John Hawkes, ein guter Mann. Winter’s Bone gehört zu den sehr guten Kinofilmen des Jahres, welche nicht den Anspruch haben, einfaches Blockbuster-Kino zu verkaufen, sondern mit viel Köpfchen etwas Besonderes auf die Leinwand zu bringen. Sehr sehenswert.

Wertung:

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Trailer