Pirates of the Caribbean: On Stranger Tides
Disney lässt mal wieder Segel setzen. Pirates of the Caribbean, hierzulande als Fluch der Karibik bekannt, geht in die vierte Runde. Captain Jack Sparrow darf erneut in See stechen und sich auf die Suche nach dem sagenumwobenden Jungbrunnen machen. Dafür hat Produzent Jerry Bruckheimer einen neuen Regisseur verpflichtet, für den guten Gore Verbinski, Regisseur der ersten drei Teile, war das Ende der Fahnenstange erreicht. Jetzt sitzt Rob Marshall im Regiestuhl und soll versuchen, mit Pirates of the Caribbean: On Stranger Tides (Fluch der Karibik – Fremde Gezeiten) eine zweite Trilogie einzuleiten. Das gelingt phasenweise, doch offenbart der vierte Streich des Piraten-Franchises ebenso eine ganze Hand voll Schwächen.
Ich selbst bin großer Fan der Pirates oft he Caribbean-Saga. Der erste Teil (Pirates of the Caribbean: The Curse of the Black Pearl) hatte mich total vom Hocker gehauen. Das Genre des Piratenfilms wurde schlagartig wiederbelebt, mit der Rolle des Cpt. Jack Sparrow schaffte man einer der markantesten und wohl heute berühmtesten Filmfiguren. Mit den beiden Fortsetzungen PotC: Dead Man’s Chest und PotC: At World’s End (wurden in einem Zug hintereinander abgedreht) sollte dann die Erfolgsgeschichte weitererzählt werden. Das gelang, auch wenn es die einen oder anderen zum Teil auch berechtigte Unkenrufe gab, Teil 2 und 3 wurden im Vergleich mit dem ersten Teil abfallen, immer unübersichtlicher werden und schlussendlich wenig bis gar keinen Sinn mehr machen. Doch der Erfolg gab den Produzenten und Disney recht, insgesamt spielten die ersten drei Teile der Pirates of the Caribbean-Reihe weltweit über 2, 5 Milliarden US-Dollar ein.
Als 2009 der dritte Teil in die Kinos kam, dachten viele, dass nach diesem nun Schluss sei. Die Trilogie sei abgeschlossen. Denkste. Die Filme verkauften sich, waren sehr unterhaltsam, die Attraktionen in Disneyland waren der Reißer schlechthin, das ganze Franchise zahlte sich deftig aus. Also warum aufhören? Aus der Filmcrew stiegen einige aus, darunter bereits erwähnter Regisseur Gore Verbinski, Hollywood-Beau Orlando Bloom oder die liebreizende Keira Knightley. Doch der wichtigste von ihnen wahr im wahrsten Sinne Wortes nachwievor an Bord: Johnny Depp. Die Figur des Jack Sparrow sollte noch nicht zu Grabe getragen werden, den Machern und Depp lag diese Rolle sehr am Herzen, besonders letzterem, welche bei seiner Umsetzung und in seiner Darstellung absolute Narrenfreiheit genoss.
Also, auf geht’s, der Start einer neuen Trilogie, mit veränderter Crew und Rob Marshall als neuer Regisseur. Das Ergebnis feierte letzten Donnerstag, dem 19. Mai, seinen deutschlandweiten Kinostart und lockte wie schon die drei Teile davor unzählige Massen an Menschen in die Kinos. Natürlich, dem Ruf des legendären Cpt. Jack Sparrow kann man schwer widerstehen. Pirates of the Caribbean: On Stranger Tides ist unterhaltsam und amüsant, doch zeigen sich 8 Jahre nach dem ersten Teil leichte bis mittelschwere Abnutzungserscheinung, was viele Kinobesucher schon im dritten Teil PotC: At World’s End registrierten.
Zum Inhalt:
Aqua de Vida, das Lebenswasser, das bräuchte man. Dann hätte man keinen Sorgen mehr. Um den Jungbrunnen ragen sich einige dubiose Erzählungen, wo er sich befindet und wie es einem gelingt, durch einen Schluck des Wassers dieser Quelle seine Lebenszeit beträchtlich zu verlängern. Und natürlich wird man aufgrund solcher Geschichte hellhörig. So zum Beispiel auch unser allerliebster Klamauk-Piratenkapitän Jack Sparrow (Johnny Depp). Dieser hat es sich natürlich auch zum Ziel gesetzt, den Jungbrunnen aufzuspüren und von der Quelle zu trinken. Nichts leichter als das? Wohl kaum.
Sparrow hat nicht nur keine Crew, geschweige denn ein Schiff, mit dem er sein Ziel erreichen könnte, er bekommt es nämlich auch noch mit der britischen Obrigkeit in London zu tun und kommt hier zu einer eher von seiner Seite unfreiwillig geplanten Audienz bei King George II. Hierbei trifft er auf seinen ehemaligen meuternden 1. Maat und liebsten Gegenspieler Barbossa (Geoffrey Rush), welcher jetzt der britischen Krone dient und sich als offizieller Freibeuter seiner Majestät versucht. Nun denn, Jack Sparrow steht vor dem englischen König und was wird wohl das Thema sein? Richtig, der Jungbrunnen. Sparrow kennt anscheinend den Weg dorthin und soll das erquickende Lebenswässerchen für den beleibten King George besorgen. Passt Jack Sparrow eher nicht so gut, er handelt zumeist nach seinen Interessen und so flieht er aus dem königlichen Hause, nichtsahnend, dass ihm die britische Flotte von nun an auf Schritt und Tritt folgt.
Wieder zu den wichtigeren Dingen: Sparrow braucht Schiff und Crew, um zum Jungenbrunnen zu segeln. Da trifft es sich ganz gut, dass ein anderer Jack Sparrow in London gerade auf der Suche nach ein paar neuen Crewmitgliedern ist. Zwei Sparrows? Dem muss der wahre Jack Sparrow natürlich nachgehen. Nach kurzem Techtelmechtel stellt sich heraus, dass es sich bei dem zweiten Jack Sparrow um die hübsche Angelica (Penélope Cruz) handelt, eine Ex-Liebschaft Sparrows und rassiges Vollweib zu gleich. Auch sie sucht nach dem Jungbrunnen und schlägt dem guten Jack vor, man solle sich doch gemeinsam auf die Suche machen, immerhin hat sie ein Schiff.
Auf besagtem Schiff findet sich Jack Sparrow wenige Stunden auch wieder, doch gehört es nicht Angelica, sondern dem wohl gefürchtesten Piraten der Weltmeere, Blackbeard (Ian McShane) höchstpersönlich, welcher, wie es sich mit der Zeit rausstellt, der Vater Angelicas ist und ebenso nach dem Jungbrunnen geiert. Egal, Blackbeard ist gar nicht gut, Jack Sparrow passt das überhaupt nicht in den Plan, doch bleibt ihm keine andere Möglichkeit als Blackbeard den Weg zu zeigen, Sparrow‘s Leben hängt buchstäblich am seidenden Faden.
Zur gleichen Zeit sticht auch die britische Krone in Person Hector Barbossas in See, um die Verfolgung aufzunehmen und den Jungbrunnen vor Sparrow, Blackbeard und Konsorten zu erreichen. Doch auch noch eine weitere Partei schippert gen Aqua de Vida. Die Spanier und ihre Flotte steigen in das Wettrennen um den Jungbrunnen mit ein und so kommt es zum Dreikampf um das Lebenswasser, Jack Sparrow irgendwie mittendrin und voll dabei.
Da geht sie los die wilde Fahrt, den Sagen und alten Erzählungen über den Jungbrunnen hinterherjagend. Auf dieser abenteuerlichen Reise tummeln sich so einige absurde Gestalten, seien es die okkulten Zombie-Offiziere Blackbeards oder die wunderschönen und zugleich garstigen sowie extrem gefährlichen Meerjungfrauen, welche in der Umsetzung des Rituals des Jungbrunnens eine wichtige Rolle spielen…
Wie bereits geschrieben, es war unterhaltsam. Es machte schon wieder Spaß, den ollen Jack Sparrow über die Leinwand schlendern und rumtunten zu sehen. Die Rolle ist nachwievor wie gemacht für Johnny Depp, er lebt Jack Sparrow. Und so macht Depp das wie gewohnt markant und komisch, wohl bewusst, dass sich wieder einmal alles um seine Rolle dreht und er den absoluten Mittelpunkt der Geschichte darstellt. Kein Vorwurf, die Umsetzung war wie auch in den Teilen davor sehr gelungen und einmalig.
Doch fällt einem schon auf, was der Verlust von handlungsprägenden Rollen wie denen Keira Knightleys oder Orlando Blooms ausmacht. Alleine Geoffrey Rush schauspielert wieder was das Zeug hält. Der Mann ist einfach überragend, seine Rolle des Hector Barbossas entsprach wohl nie seinem eigentlichen Anspruch, doch ist es schön zu sehen, dass Rush soviel Enthusiasmus in seine Vorstellung legt.
Ganz ehrlich, der Rest der Darsteller interessiert einen nicht wirklich. Gut, Penélope Cruz und Ian McShane muss man zwangsläufig noch erwähnen. Besonders erstere, weil sie noch am ehesten wahrgenommen wird. Als direktes Gegenstück Jack Sparrows und Love Interest in Personalunion, fällt sie mit einem schönen Antlitz, ein paar Wortgefechten und ein wenig Säbelrasseln auf. Sie schafft es ab und an den Fokus von der Figur des Jack Sparrows zu ziehen, doch überwiegen ihre Mitläufer-Momente. Ian McShane ist eigentlich saucool, doch kommt Blackbeard in meinen Augen zu kurz. Nicht von der Screentime her, sondern von der Charakterentwicklung. Doch die Fluch der Karibik-Reihe ist ja nicht aufgrund ihrer tiefsinnigen Charakterentwicklung bekannt geworden.
Ansonsten hat man noch den guten alten Master Gibbs, verkörpert von Kevin McNally, oder eben das neue Liebespaar, der Kleriker Philip (Sam Claflin) und die Meerjungfrau Syrena. (Astrid Berges-Frisbey, mit garantiert echten Brüsten) Absolut nix weltbewegendes, McNally war wie immer grundsolide, die eine oder andere Weisheit auf den Lippen, Sam Claflin fande ich gar nicht so schlecht und Astrid Berges-Frisbey (Frisbey?) musste eh nur gut aussehen , was man an der grauenhaften Synchronisation feststellen konnte. Wir werden sie in den nächsten Teilen sicher wiedersehen. Ob das auch für Rolling Stones - Legende Keith Richards gilt, wird sich zeigen. Auch in PotC: On Stranger Tides hat er seinen sporadischen 2-Minuten-Auftritt als Jack Sparrows Erzeuger.
Doch, es war unterhaltsam. Und das ist wohl das oberste Gebot bei Pirates of the Caribbean. Schlicht, aber rasant choreographierte Kampfszenen, amüsante Dialoge, komische Einzelaktionen und eine Über-Performance Jack Sparrows sind dabei. Das macht Spaß und bringt einem zum Schmunzeln. Richtig ernst nimmt man die fantastischen Geschichten um den exzentrisch-grotesken Captain Jack Sparrow eh nicht mehr, man bekommt, was man erwartet, einfaches, unterhaltsames Popcorn-Kino.
Und das in 3D. Doch hätte man sich dieser Effekt auch sparen können. Wie bei jedem nachbearbeiteten Film, wo man noch schnell die 3D-Schablone drübergelegt hat, stellt sich auch nach PotC: On Stranger Tides die Frage, ob das nötig gewesen ist. Dreimal ragt ein Säbel aus der Leinwand hervor, die Räumlichkeit der Szenen geht in Ordnung, doch ist wohl der mindeste Anspruch eines 3D-Films. 3D-Effekt ok, aber einfaches CGI-2D oder IMAX-Format hätte es wohl auch getan.
Ich muss zugeben, PotC: On Stranger Tides hat mich als Fan der Reihe ein wenig enttäuscht. Mir persönlich gefielen bzw. gefallen die ersten drei Filme besser. Eine neue Trilogie wollte man einleiten, einen kleinen Cut machen, neuer, guter, fähigen Regisseur, neues Glück. Aber irgendwie war es einfach too much. Der Film ist vollgestopft mit allerlei Krams, oft werden Dinge kurz angerissen, kurz abgehandelt und schon steht das nächste Kuriosum auf der Liste. Die Ideen waren ja nicht schlecht, doch hätte man hier und da etwas zurückfahren können, wenn nicht sogar müssen. Als Beispiel seien die Spaniern genannt, welche wirklich absolut keine Rolle spielen. Die hätte man getrost weglassen können. Doch Dreikampf um den Jungbrunnen klingt nun mal besser.
Diesem umfangreichen und halbgaren Ausmaßen ist es wohl auch zu verdanken, dass mir ein paar Wow-Momente gefehlt haben. Die Fluch der Karibik-Reihe wurde von Film zu Film hanebüchener und fantastischer. Die Handlung und deren Sinn rückte immer mehr in den Hintergrund. Damit kam ich zurecht, es war nun mal einfach nur pure Unterhaltung. Doch gab es in den vorangegangen drei Filmen diese Mein lieber Scholli-Moments, Szenen, die sich eingeprägt haben, sei es der 15 minutenlange Säbeldreikampf in Teil 2 zwischen Jack Sparrow, William Turner und Norrington (Jack Davenport) plus Elizabeth Swan und zwei Piratentrottel gegen Davy Jones (Bill Nighy) schuppiges Piratenpakt, der einfach nur kurios, komisch und packend zugleich war. Oder das große Finale in Teil 3, Black Pearl gegen die Flying Dutchman, mitten im Maelstrom, sowas vergisst man nicht. Und was nehme ich aus Teil 4 mit? Vielleicht die verrückten Meerjungfrauen, die sich widerspenstig Sparrow, Blackbeard und Co. Zu Wehr setzen. Tut mir leid, für mich war einfach keiner dieser Wow-Momente dabei, es plätscherte alles nur so vor sich hin. Schade.
Noch kurz zur Synchronisation: Wie ja einige wissen, synchronisierte nicht wie in den vorangegangen Teilen Marcus Off Johnny Depp, sondern sein Kollege David Nathan. Dieser war auch ursprünglich als eigentliche Stimme Jack Sparrows eingeplant. Warum es nicht dazu kam, Off ihn ersetzte und wiederum für den vierten Teil erneut durch David Nathan ersetzt wurde, kann man HIER noch einmal nachlesen. Mein Punkt ist jener, dass viele protestierten, da man nur Marcus Off als offizielle Synchronstimme Depps bzw. Sparrow billigen würde. Und man merkt in PotC: On Stranger Tides auch den Unterschied. Doch in meinen Ohren verwischt dieser mit der Zeit. Und wenn man sich wirklich arg darüber aufregen sollte, kann man sich den Film immer noch im Originalton ansehen. Und dann wird einem auch erst bewusst, was Johnny Depp eigentlich für ein grandioser Cpt. Jack Sparrow ist. Savvy?
Allen negativen Aspekten zum Trotz verkauft sich PotC: On Stranger Tides wie warme Semmeln. Mit einem rekordverdächtigen Umsatz von über 90 Mio. US-Dollar verzeichnete man den besten US-Kinostart des laufenden Jahres, gleiches gilt für Deutschland, wo am ersten Wochenende über 13 Mio € einspielte. Insgesamt nahm man weltweit über 346 Mio. US-Dollar am ersten Kino-Wochenende von PotC: On Stranger Tides ein. Mit den Worten des Hollywood Reporters the top international debut off all time. Disney und seine Produzenten schaffen unterhaltsames Familienkino, immerhin ist der Film in Deutschland ab 12 Jahren freigegeben. Dem Vorwurf, nur noch möglichst viel Geld scheffeln zu wollen, müssen sich die Produzenten machen lassen, doch wird sie das eh nicht wirklich kratzen. An den paar Plotholes wird sich keiner stören, und wenn ist’s auch egal, es gehen immer noch genug Leute ins Kino. So auch ich. Und ich werde mir bestimmt auch Teil 5 und 6 anschauen. Im Kino. Für mindestens einen Zehner.
v.l.n.r. Cruz, Marshall, Claflin, Berges-Frisbey, Bruckheimer, Rush, Depp, McShane
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Fazit
Der 0815-Kinogänger klatscht in die Hände, der Fan schaut sich’s sowieso an und die erwartungsvollen unter diesen werden wohl etwas enttäuscht sein. Pirates of the Caribbean: On Stranger Tides ist unterhaltsam und komisch, Johnny Depp aka Jack Sparrow ist unverkennbar und immer für einen Lacher gut. Die Geschichte ist simpel, die Nebenfiguren bis auf Geoffrey Rush aka Hector Barbossa eher nebensächlich und der ganze Film ist mit sehr viel Schnickschnack vollgestopft, der sich wie sooft an und über der Grenzen des Sinnvollen abspielt. Nichtsdestotrotz, PotC: On Stranger Tides kann auf jeden Fall Laune machen und den Kinobesucher unterhalten. Getreu nach dem Motto: What you see is what you get. Die (finanzielle) Erfolgsgeschichte wird weitererzählt, doch hoffe ich als kleiner Fan der Reihe auf eine deutliche Steigerung in Teil 5 und 6. Normalerweise ist das in Teil 4 nämlich zu wenig. Aber es ist nun mal Captain Jack Sparrow. Klar soweit?
Wertung:
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Trailer
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