The Fighter
Nachdem ich schon eine kleine Preview zu David O. Russels neuesten Streich The Fighter zum Besten gab, war’s dann zum deutschlandweiten Kinostart am 07. April endlich soweit. Ich schnappte mir einen guten Kumpel und marschierte schnurstracks in die erstbeste Vorstellung von The Fighter. Es ward an der Zeit, dass der Film den rundum positiven Kritiken gerecht werden sollte. Und das tat The Fighter mit Erfolg. Ein sehr guter Film mit einem wunderbaren biographischen Aspekt, großartigen Darstellern und einem Hauch von Sport-Mythos.
Besonders die Nebendarsteller ragen heraus. Wie schon so oft geschrieben holten sich Christian Bale und Melissa Leo den Oscar für den besten männlichen Nebendarsteller und die beste weibliche Nebendarstellerin ab. Und so ist man natürlich neugierig, was sich hinter der Auszeichnung für diese schauspielerischen Leistungen verbirgt. Selbstverständlich steigt somit auch die Erwartungshaltung gegenüber diesen beiden Schauspielern. Doch ganz ruhig: Beide erfüllen die Erwartungen in bester Manier, das war große Schauspielkunst.
The Fighter komplettierte meine geistige To-Do-Liste jener großen Filmproduktionen, welche sich um die Oscars stritten. Ich war schon etwas angefressen, dass dem deutschen Publikum The Fighter bis nach der Oscarverleihung 2011 vorenthalten wurde. Warum das denn? Hatte man Angst, der deutsche Kinogänger zeige kein Interesse an diesem Film? Wollte man eine eventuell ertragreiche Oscarverleihung abwarten, damit sich The Fighter danach besser verkaufen würde? Wer weiß.
Obwohl es mich nicht verwundern würde, wenn The Fighter in Deutschland in Sachen Umsatz hinter seinen Erwartungen zurückbleiben würde. Aber auch hier stellt sich mir die Frage nach dem Warum. The Fighter ist eine äußerst interessante Geschichte, auf keinen Fall zu kompliziert, der Film entwickelt eine eigene Dynamik, bringt etwas Nostalgisches mit sich. Doch es ist ebenso nicht der Action-Kracher, wie ihn so viele gerne im Kino sehen. Anspruchsloses Kino klingt sehr hart, doch könnte es gerade deswegen an den Kinokassen hapern, weil The Fighter eben nicht so anspruchslos ist. Und warum zermarter ich mir eigentlich den Kopf darüber, dass sich manch einer diesen sehr guten Film entgehen lässt?
Doch zuerst, richtig geraten, der obligatorisch kurze Einblick in den Inhalt:
Micky Ward (Mark Wahlberg) verdient sich seinen Lebensunterhalt damit, zerrupte Straßen zu flicken. Ziemlich unspektakulär, doch einer muss den Job ja machen. Dabei hilft im sein älterer Halbbruder Dicky Eklund (Christian Bale), welcher vor einiger Zeit noch der ganze Stolz Lowells war, ein kleines Örtchen im Staate Massachusetts. Der Grund dafür war sein dynamisches Auftreten als talentierte Jung-Boxer. Doch mit ihm und seiner Karriere ging es bald wieder steil bergab, Dicky ergab sich dem Drogensumpf und diversen Kleinkriminalitäten. Denoch, so ganz hat es sich für Dicky noch nicht ausgeboxt, den Halbbruder Micky ist neben seiner Tätigkeit als Straßenarbeiter auch noch als Boxer aktiv. So unterstützt ihn sein Halbbruder Dicky, indem er ihn trainiert und auf die Kämpfe vorbereitet.
Nicht nur Dicky greift dem guten Mickie dabei unter die Arme, die ganze Sippschaft stärkt ihm dem Rücken, angeführt von der, im wahrsten Sinne der Bezeichnung, Obermutter Alice (Melissa Leo), welche sich als Manager ihres Schützlings Micky versucht, hierbei ihn aber mehr vernachlässigt und sich eher ihrem anderen Sohn Dicky zuwendet, obwohl dieser schon längst ein seelisches und mentales Wrack ist.
Für Micky ergibt sich eines Tages die Möglichkeit, sich in seiner Heimatstadt einen größeren Namen zu machen. Zu oft wurde er als einfaches „Sprungbrett“ bezeichnet und war somit nur die Chance für andere Boxer, schnellstmöglich nach oben zu kommen. Doch jetzt ist Mickiy dran. Der große Kampf verläuft dann aber eher nicht so gut, Micky muss ordentlich einstecken und wird zum Gespött ganz Lowells. Langsam hat er es satt, immer nur einstecken zu müssen. Seine alleskontrollierende Mutter und sein drogenabhängiger Halbbruder stehen ihm mehr im Weg, als dass sie ihn unterstützen würden. Das sieht auch die junge Barkeeperin Charlene (Amy Adams) so, in welche sich Micky leicht verguckt hat. Sie ermutigt ihn, sich von seiner Familie loszueisen und was das Boxen angeht einen neuen Weg einzuschlagen. So ergreift Micky erneut eine große Chance, diesmal jedoch ohne Beteiligung seiner Familie.
Doch schon bald tun sich massig Probleme auf. Zum einen hat Micky’s Familie, allen voran seine Mutter, natürlich ein Problem damit, dass er es jetzt auf eigene Faust versucht und sich ein neues Betreuerteam gesucht hat. Zum anderen kommt es zum Clinch zwischen Charlene und den holden Weiblichkeiten der Familie Mickys (Mutter + stolze sieben Schwestern), es wird gekeift, gestritten und an den Haaren gezogen. Und zu guter Letzt ist da noch sein Halbbruder Dicky, welche immer für ihn da war, ihn trainierte, ihn unterstütze, doch zugleich auch ein großes Risiko für Micky und seine wahrscheinlich letzte große Chance ist, noch einmal etwas im Boxgeschäft zu reißen. Zündstoff über Zündstoff, das vermag nicht gut auszugehen…
Ist es aber am Ende irgendwie doch. Aber pssst. Generell ließe sich wohl über The Fighter sagen, dass der Film sich immer weiter hochschaukelt und einem am Ende doch irgendwie glücklich im Kinosaal zusammensacken lässt. Arg emotionale Menschen drücken vielleicht sogar die ein oder andere Träne weg, wenn sie am Ende den echten Micky Ward in einem Diner zusammen mit seinem Halbbruder Dicky Eklund rumfrotzeln sehen. Irgendwie beschleicht einen dann doch ein gutes Gefühl, nach dem, was man vorher zu sehen bekam.
Es sind jetzt nicht brutal-blutrünstige Bilder, welche man zu sehen bekommt. Trotzdem wirkt gerade die Rolle des Dicky Eklund, brillant verkörpert durch den fantastischen Christian Bale, sehr abschreckend. Dieser ist dem Drogenmissbrauch so angetan, dass man es ihm wahrlich ansieht und inständig hofft, nie selbst von einer derartig widerwärtigen Sucht dahingerafft zu werden. Bale spielt einfach oscarreif, so stellt man sich eine sehr gute schauspielerische Leistung eines Nebendarstellers vor (vgl. Heath Ledger in The Dark Knight). Mal wieder stellt er eindrucksvoll unter Beweis, zu was sein Körper alles in der Lage ist, siehe The Many Bodies Of Christian Bale.
Auch Melissa Leo weist eindrucksvoll nach, dass sie sich ihren Oscar verdient hat. Sie spielt eine Mutter, welcher man wirklich anmerkt, dass sie alles für ihren allerliebesten Schatz tun würde. Das ist natürlich nicht Micky, sondern der gute Dicky, in welchen sie nachwievor alle Hoffnungen steckt, dass er doch noch irgendwie die Kurve kriegt. Gleichzeitig ignoriert sie aber auch den Fakt, dass ihr kleiner Dicky nun mal komplett am Ende ist. Wie sie sich verhält, wie sie sich so oft derartig überzogen und zickenhaft präsentiert, das tut eigentlich weh, da man sie nur schwerlich ertragen kann. Doch das macht ihre Vorstellung gerade wiederum so nachhaltig und verdammt gut. Ich hätte mich aber auch gut mit Amy Adams als Oscarpreisträgerin anfreunden können. Eigentlich konnte man sie von der Bedeutung ihrer Rolle ähnlich wie die Mutter Mickys einordnen können, nur dass sie ihr halt direkt gegenübersteht. Wie rigoros sich beide verhalten, wie sie sich gegenseitig Blicke zuwerfen, frei nach dem Motto „You wanna fuck with me? Allright then, bring it on Bitch!“. Einfach nur herrlich gut.
Meine Meinung zu Mark Wahlberg wird sich wohl nie mehr ändern, doch kann man hier schon von einer seiner überdurchschnittlichen Darbietungen sprechen. Nachwievor vertrete ich den Standpunkt, dass Mark Wahlberg in The Fighter nichts großartiges vollbringt oder sich ins Rampenlicht spielt. Da punkten die anderen Akteure einfach mehr. Trotzdem, eine gute, glaubwürdige Performance von Wahlberg, besser, als ich sie noch vor einiger Zeit erwartet hatte.
Regisseur Russel beweist insgesamt ein sehr gutes Händchen in der kompletten Inszenierung von The Fighter. Die Darsteller ziehen perfekt mit, die Vorstellungen wurden so umgesetzt, wie sie von ihnen gewünscht wurden. Russel zieht dann noch das ein oder andere aus seinem Repetoire, bestes Beispiel sind die sehr authentischen Boxkämpfe mit einem leichten Rieselfilter, welcher über das gezeigte Bild drübergelegt werden. Dadurch wirkt alles sehr dynamisch, mitreißend und man bekommt sogar dieses leichte Gefühl von ein wenig Box-Mythos. Das gefällt unheimlich gut und gewährleistet des Zuschauers absolute ungeteilte Aufmerksamkeit.
Regisseur David O. Russel
Ich kann The Fighter wahrlich nichts Schlechtes abgewinnen. Selbst nach reichlich Überlegungen und intensiven Nachbetrachtung des Streifens fällt mir nichts ein, was man The Fighter negativ anrechnen könnte. Schön, dass nach dem herausragenden The Wrestler innerhalb kürzester Zeit wieder ein Sportler-Drama in die Kinos kam, welches so schön authentisch und fesselnd wie The Fighter ist. Well done Mr. Russel.
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Fazit
Ein Muss des Kinojahres 2011. The Fighter gehört definitiv zu den besten Filmen des Jahres und überzeugt auf ganzer Linie. Die Darsteller sind große Klasse, die Geschichte ist sehr interessant, das Gesamtpaket wirkt sehr authentisch und der ambitionierte Regisseur David O. Russel empfiehlt sich mit seinem ersten großen Film für weitere Aufgaben dieser Kragenweite. Neben einem bewegenden Boxer-Drama bekommt man nicht nur unzählige Charakterstudien, sondern ebenso ein präzisen Einblick in die soziale Schicht und Milieu der agierenden Charaktere zu sehen. The Fighter ist ein Film, der dem Zuschauer sehr viel geben kann und bekommt auch gerade aus diesem Grund eine dicke Empfehlung von mir.
Wertung:
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