Sucker Punch
Gott war der schlecht. Das war einer der schlechtesten Kinofilme, die ich je gesehen habe. Das war einfach nur lächerlich. Tut mir leid, Sucker Punch ist in meinen Augen absoluter Schrott. Wie kann man so etwas gut finden? Sicherlich finden sich einige Begeisterte, die vor lauter Effektgeballerei nicht mehr aus dem Schwärmen kommen. Doch das ist doch nix neues! Zack Snyder enttäuscht den Großteil seiner Fans auf ganzer Linie und sammelt fleißig schlechte Kritiken sowie Argumente für den Award der Goldenen Himbeere 2012. Sucker Punch ist ein gewaltiger Schuss in den Ofen.
Ich musste viel lachen. Wirklich, ich habe während Sucker Punch sehr viel gelacht. Die hanebüchene Story, lächerliche Dialoge, billige Klischee-Effekte. Ich habe echt viel gelacht. Ein Glück war einer meiner besten Freunde und stetiger Kinobegleiter in Sachen schlechte Kinofilme dabei. So machten wir uns doch noch einen ganz amüsanten Abend. Danach gab’s Bier und Schnaps, beste Therapie gegen die Nachwirkungen dieses hirnverbrannten Püppchen-Actioners.
Als Zack Snyder vor langer Zeit Sucker Punch ankündigte, schlugen die Herzen sämtlicher Nerds dieser Welt höher. Erste Bilder erinnerten an ein fantastisches Videospiel mit Bomben-Grafik, heißen Mädels und atemraubenden Effekten. Begeisterung machte sich breit, Vorfreude auf Zack Snyder’s neuesten Streich, der Mann, der 300 und Watchmen auf die Leinwand brachte und sich damit in den Augen vieler selbst ein Denkmal setzte.
Zugegeben, ich war auch gespannt. Sucker Punch sah eigenartig aus, hart, dreckig, so richtig schöne Effekthascherei mit derben Actionsequenzen und unzähligen Prügelszenen. So etwas kann man sich mal geben, leicht formuliert „hohles“ Action-Kino, wenig Sinn, gerne etwas überzogen, Hauptsache unterhaltend.
Das Ergebnis ist grauenhaft. Man bekommt den effektreichen Actioner, den man sich vorgestellt hat. Und es ist alles sehr hohl und einfach. Es gibt keinen Roten Faden, die Story ist unfassbar schlecht, die Figuren machen sich superlächerlich und generell kann man eigentlich alles andere auch mit in die Tonne kloppen.
Bevor es mit meiner recht einseitigen Kritik weitergeht wie gewohnt kurz zum Inhalt:
Babydoll (Emily Browning) ist ein ganz böses Mädchen. Zumindest macht ihr fieser Stiefvater (Gerard Plunkett) sie zu einem. Nach dem Tod der Mutter Babydolls will der gemeine Papa an das Erbe seiner verstorbenen Frau, was ihm aber nicht viel nützen würde, denn Babydoll und deren Schwester soll der Nachlass zukommen. Stiefväterchen treibt das ganz schön auf die Palme und nach etwas Zoff mit der ungeliebten Stieftochter verfrachtet er diese in eine Anstalt für die geistig Kranken und mental Gestörten. Babydoll geht’s an den Kragen, sie kann nichts dagegen tun, oh lieber Gott, wie furchtbar.
In dieser Anstalt soll in 5 Tagen der aufrührerischen Babydoll der geistige Stecker gezogen werden. Zu Besuch kommt der sogenannte „High Roller“ (Jon Hamm), welcher der guten Babydoll eine Lobotomie à la Einer flog über das Kuckucksnest verpassen sollen. Babydoll findet das gar nicht doll und plant deshalb ihre Flucht. Dafür wirbt sie vier superscharfe Mitinsassinnen (übrigens sind sämtliche Insassen der dubiosen Anstalt weiblich, um die 20 Jahre alt und heiß wie Frittenfett) an, Amber (Jamie Chung), Rocket (Jena Malone), Sweet Pea (Abbie Cornish)und Blondie (Vanessa Hudgens), um ihr Vorhaben zu wirklichen und für sich und ihre Helferinnen die Freiheit zu erkämpfen.
Doch wie entkommt man dieser Hölle auf Erden? Ganz einfach: Durch Tanzen! Und alle so yeah! Jetzt wird’s nämlich richtig tricky, also aufgepasst. Durch einen äußerst sinnlichen und verführerischen Tanz können die hübschen Patientinnen dieser Anstalt nämlich in ihre eigene Traumwelt flüchten und der grauenhaften Realität entfliehen. Und die gute Babydoll kann das von allen natürlich am besten. Also legt sie eine heiße Sohle auf’s Parkett und findet sich schnurstracks in ihrer eigenen Fantasie wieder. Hier trifft sie wiederum auf einen weisen Phrasenreißer ("Wise Man" Scott Glenn), welcher ihr den Weg zu ihrer Freiheit offenbart. Sie und die anderen kecken Zuckerpüppchen müssen nämlich 5 Gegenstände zusammenführen, mit Hilfe dieser können sie aus der Anstalt entkommen und endlich wieder frei sein. Auf geht’s Chicas, ran an die Tassen, das wird schon, wir sind vollemanzipierte Powerfrauen, die ordentlich austeilen können. Chacca!
Vollemanzipiert? Powerfrauen? Wollte uns das Zack Snyder mit Hilfe übermäßigen Schusswaffengebrauchs, krassen Kampfchoreos und coolen Onelinern übermitteln? Funktioniert hat es zumindest nicht, denn die agierenden Charaktere machen einen für mich vollkommen anderen Eindruck als stark und selbstbewusst. Wahnsinn, sie ballern wild um sich, hechten entschlossen von einer Ecke zur nächsten und geben derbe Zunder. Im nächsten Moment heulen sie dann drauf los, setzen ihren „Ich bin so schwach, tu mir nicht weh und bei aller Liebe, bitte vergewaltige mich nicht.“-Blick auf und wimmern wie ein paar frischkastrierte Köter. Da ist keine Power, da ist keine Überzeugung, die Darsteller machen sich von der ersten bis zur letzten Minute lächerlich und sind in jeder Phase ihre Darbietung unglaubwürdig.
Warum nur Zack Snyder, warum? Warum langweilst du uns mit Effekten, die wir schon vor fünf Jahren zum allerersten Mal gesehen haben? Warum tust du so, als ob deine ganze zusammengesponnene Geschichte einen Sinn macht und nicht völlig belanglos ist, wie sie nun mal von so gut wie allen Kritikern gesehen wird? Und verdammt nochmal, warum läuft dein halber Film in Slow Motion ab? Warum hast du es dir so einfach gemacht? Eine verlangsamte Szene schön und gut, aber wenn jede zweite Sequenz in einer Slow Motion daherkommt, dann bin ich doch wortwörtlich im falschen Film. Eine Slow Motion setzt man bewusst und überlegt, nicht nach Belieben hier und da, damit alles noch cooler aussieht und noch krasser wirkt. Sucker Punch hat vermutlich nur eine Laufzeit von einer guten Stunde, dank unzähliger Slow Motions kommt er dann doch noch auf 110 Minuten. Mies.
Und die Story erst! Zack Snyder sollte sich besser wieder auf das Führen der Regie konzentrieren, als sich solch verquerrten Quark auszudenken. Das wirkt alles schön episch und lässt jemanden, der das erste Mal ins Kino geht bestimmt staunen, doch es kommt einfach nichts bei rum. Snyder wollte dem Zuschauer eine Botschaft mitgeben, diese ist auch extrem offentsichtlich und wird in den letzten Sekunden mit schmalziger Musik und, hätten sie es für möglich gehalten, mit einer weiteren Slow Motion übertragen, aber was soll sie uns sagen? Dass meine Fantasie voll supi ist und da mir keiner etwas kann? Natürlich ist Sucker Punch ein sehr fantasievoller Film, aber der Anspruch, Realitätsnähe zu vermitteln ist deutlich erkennbar, wird jedoch trotz jenem Anspruch völlig ignoriert.
Auf der Leinwand tummeln sich Zombie-Nazis, Orks und seltsame Roboter-Wesen, alles keine Herausforderungen für die bis an die Zähne bewaffneten Pussycat Dolls auf Ecstasy, es wird alles niedergeschossen oder mit dem Katana durch zwei geteilt. Dabei muss man auch bei jeden Sprung übertrieben cool landen, leicht hockend, auf Kommando den Kopf heben und entschlossen in die Kamera starren. Das passiert so um die 20 Mal und langweilt unglaublich.
Wollen wir Zack Snyder in Schutz nehmen? Ein bisschen vielleicht. Das produzierende Filmstudio erhoffte sich mit Sucker Punch ordentliches Klingeln in den Kassen. Doch Snyder erste Version war viel zu hart und brutal. Und damit auch Jüngere den Film sehen können, musste der Regisseur seinen Film um 18(!) Minuten schneiden, damit Sucker Punch in Amerikanien eine PG-13-Wertung (hierzulande ab 12) bekäme. Ergebnis: Bei direkten Treffern oder mit dem Schwert zugefügten Schnitten entweicht Dampf aus den „Wunden“ der Nazi-Zombies, einem der überdimensional großen Samurai, welche aus dem Trailer bekannt sein dürften, leuchtet nach einem Schlitzer durch die Kehle hell auf (vermutlich hat er in seinem Hals eine Taschenlampe vesteckt gehabt) und Orks zerfallen zu Staub, was von allen noch am härtesten aussieht. Wäre Sucker Punch ohne diese Cuts besser geworden? Wahrscheinlich nicht, doch hätte Snyder ohne die unsägliche Nachbearbeitung den Grad der Lächerlichkeit etwas runterschrauben können.
Ich kann nachvollziehen, dass es Leute gibt, die Sucker Punch gut, besser gesagt, „Echt geil!“ finden. Es kracht und bummst, die Kampfszenen sind schön hektisch, alles ist übersichtslos, als Zuschauer blickt man nicht mehr durch und muss sich von der alles explodierenden Umgebung begeistern lassen. Bei genauerem Hinsehen wirkt alles jedoch äußerst fad, plump, sinn- und belanglos. Es wiederholt sich, es soll mal wieder emotional wirken, dann wird wieder gekämpft, dann wird wieder geheult, gekämpft, geheult und immer so weiter. Schlicht formuliert: Uninteressant und langweilig.
Zack Snyder, das war nix. Was war los? Er kündigte ein „Alice im Wunderland mit Maschinengewehren, inklusive Drachen, B-25 Bombern und Bordellen“ an. Bordelle trifft's ganz gut, im Endeffekt bekam man(n) eh nur aufgetakelte Prostituierte zu sehen. Was kam raus? Fragen wir A.O. Scott von der New York Times:
"You could go to see “Sucker Punch” this weekend — a lot of people probably will, and a few may even admit as much back at the office on Monday — or you could try to make it yourself, which might be more fun, though not necessarily cheaper. Here’s what you will need: a bunch of video-game platforms; DVDs of “Shutter Island,” “Kill Bill,” “Burlesque” and “Shrek”; some back issues of Maxim; a large bag of crystal meth; and around $100 million. Your imagination will take care of the rest." (The Hollywood Reporter, 25. März 2011)
Recht hat er.
Der beliebte Regisseur hat mit Sucker Punch Kredit verspielt. Das ist schade, den Zack Snyder gehört definitiv zu den vielversprechensten und talentiertesten jungen Regisseuren unserer Zeit. In naher Zunkunft wollte er sich dem Prequel zu 300 widmen, vorerst unter dem Arbeitstitel Xerxes bekannt, jetzt wieder namenlos. Doch hier musste Snyder absagen, denn etwas größeres wartet auf ihn: Superman. Mit Superman: Man of Steel soll Snyder ähnlich wie Christopher Nolan mit seiner Batman-Saga, welcher zugleich Produzent von Superman: Man of Steel ist, eine Reihe neuer Superman-Filme starten, Fans verzücken und vor allem wie sein Produzent Nolan erfolgreich sein. Ob das was wird? Ich hoffe doch, Snyder ist immer noch hochtalentiert und hat hoffentlich durch Sucker Punch dazugelernt, außerdem greift ihm der fabelhafte Christopher Nolan unter die Arme. Wir dürfen gespannt sein.
Regisseur Zack Snyder
Diese kurze Exkurs zum Thema Zack Snyder hat richtig gut getan. Trotzdem fehlt noch ein vernichtendes Fazit zu Sucker Punch. Bitteschön.
___________________________________________________
Fazit
Und ihr werdet ihn euch trotzdem anschauen. Schlechte Kritiken zu Sucker Punch gibt es wie Sand am Meer und mach einer mag es vielleicht nicht glauben, dass diese der Wahrheit entsprechen. Sucker Punch ist einfach schlecht. Bestimmt kann man dem Streifen etwas Gutes abgewinnen, dazu muss man sich aber eher selbst belügen. Story, Charaktere, Rahmen, alles Banane. Eine große Enttäuschung, welche sich wohl trotzdem einigermaßen verkaufen wird. Es ist nun mal extrem leichte Kost und der 16jährige Durschnittsjugendliche wird Sucker Punch über den grünen Klee loben. Doch man muss keine Cineast sein und vier Mal in der Woche ins Kino rennen, um zu erkennen, dass Sucker Punch einem wirklich gar nichts bietet. Dafür reichen zwei oder drei Kinobesuche im Monat. Meine Meinung: Sucker Punch ist unbrauchbar und richtig misslungen. Bomme aus.
Wertung:
___________________________________________________
Trailer
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen